Fachprofil des Instituts für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie

Alte Geschichte
Die Alte Geschichte setzt in der Lehre zwei Orientierungspunkte: Erstens soll ein fundiertes Überblickswissen (ca. 1500 v. Chr. – 600 n. Chr.) vermittelt werden, verbunden mit gründlichen Einblicken in die spezifische Methodik der Alten Geschichte und ihrer Teil- und Nachbardisziplinen (Epigraphik, Numismatik, Papyrologie, Archäologie und Philologie). Wichtig ist auch die Bedeutung der Antike für die Moderne, vor allem in der Berücksichtigung innovativer Forschungsentwicklungen in der Lehre (Historische Anthropologie, Alters- und Generationenforschung, Antike in modernen Museen und Ausstellungen). Neben diesen Schwerpunkten sind weitere Arbeitsfelder in der Forschung des Bamberger Lehrstuhls: die Spätantike als Übergangszeit von Antike zum Mittelalter, die Christianisierung der antiken Welt sowie epigraphische Surveys im Mittelmeerraum.

Mittelalterliche Geschichte
Die Mittelalterliche Geschichte ist in der Forschung kulturgeschichtlich ausgerichtet. Laufende Projekte behandeln u.a. Bedeutung und Entwicklung personaler Bindungen (Liebe, Freundschaft, Ehe, Lehenstreue), Männlichkeitsvorstellungen und Wahrnehmung sexuellen Begehrens, Exemplasammlungen des Spätmittelalters, Konstruktion und Wahrnehmung des Anderen in der Kreuzzugshistoriographie, Piraterie im mittelalterlichen Europa sowie die vergleichende Kulturgeschichte Afrikas und der europäischen Vormoderne. Die Lehre umfasst daneben auch alle im Staatsexamen relevanten Themengebiete (v.a. politische, Verfassungs- und Sozialgeschichte). Besonders wichtig in Forschung und Lehre ist die Internationalisierung: Deutschland, England, Frankreich und die Kreuzfahrerreiche werden vom Lehrstuhlinhaber selbst behandelt, Spanien, Skandinavien, Italien, der Balkan und Byzanz sind Spezialgebiete einzelner Mitarbeiter.

Neuere Geschichte
Die Neuere Geschichte vermittelt ein umfassendes Bild politischer, sozioökonomischer und kultureller Entwicklungen zwischen 1500 und 1800. In Forschung und Lehre liegen die Schwerpunkte einerseits auf der lokalen und regionalen Ebene, andererseits auf transnationalen, transkulturellen und globalen Prozessen. Wichtigste Arbeitsfelder sind: die Geschichte der Stadt und des Hochstifts Bamberg; die Geschichte der Kaufmannschaft in süddeutschen Städten, ihrer lokalen, regionalen und überregionalen Verflechtungen sowie ihrer Rolle bei der Konstituierung frühneuzeitlicher Märkte (DFG-Projekt „Netzwerke – Märkte – Räume“, 2009-2011); interkulturelle Vermittlungsprozesse im frühneuzeitlichen Europa sowie zwischen Europäern und Außereuropäern (DFG-Projekt „Fremdsprachenerwerb und Fremdsprachenkompetenz in frühneuzeitlichen Städten“, 2008-2010) und transatlantische Migrations-, Kommunikations- und Transferprozesse zwischen dem 16. und dem frühen 19. Jahrhundert (DFG-Projekt „Atlantische Korrespondenzen“, 2007-2010).

Neuere und Neueste Geschichte
Die Neuere und Neueste Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte befasst sich mit geschichtlichen Phänomenen von der Aufklärung bis nahezu in die Gegenwart. Den Bezugsrahmen der spezifischen historischen Analysen von Ereignissen, Prozessen und Strukturen bilden dabei regionale, nationale und europäische Kontexte. Dabei werden die Methoden und Theorien der allgemeinen Geschichtswissenschaften sowie einige aus den Nachbarwissenschaften (Empirische Sozialforschung, Statistik, Ethnographie usw.) angewandt und erprobt. In der Lehre werden sowohl „klassische“ Themen wie das Kaiserreich, die Weimarer Republik oder der Nationalsozialismus behandelt als auch neuere Perspektiven der Kulturgeschichte gemeinsam mit Studierenden erarbeitet.

Wirtschafts- und Sozialgeschichte mit dem Schwerpunkt Arbeit und Bildung
Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte versteht sich als ein Brückenfach zwischen den Geschichtswissenschaften auf der einen, und den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften auf der anderen Seite. In Forschung und Lehre stehen daher ökonomische und soziale Prozesse in ihrer historischen Dynamik im Mittelpunkt. Dies kann auf der Makroebene von Volkswirtschaften oder ganzer Gesellschaften, aber auch auf der Mikroebene für einzelne Bevölkerungsschichten, in Unternehmen, bis in den Alltag und in individuelle Haushalte hinein untersucht werden. Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte versteht sich dabei als eine thematische Perspektive, die quer zu den Epocheneinteilungen der Geschichtswissenschaft verläuft. In der Bamberger Lehre werden vor allem Themen der Neueren und Neuesten Geschichte (19. und 20. Jahrhundert) behandelt. Neben der Vermittlung von Grundlagen- und Überblickswissen ist sie auch an die Forschungsschwerpunkte der Bamberger Professur („mit dem Schwerpunkt Arbeit und Bildung“) angedockt. Im Fokus stehen unter anderem die (Global-)Geschichte der Arbeit, die Analyse von Arbeitsbeziehungen und unternehmerischem Handeln sowie der Wandel von Arbeitswelten. Da das Fach von seiner Grundanlage interdisziplinär ausgerichtet ist, bieten sich für Studierende viele Anschlüsse in die benachbarten Fächer wie etwa den Politik-, Sozial-, Wirtschafts- oder den Humanwissenschaften. 

Geschichte und Kultur der Spätantike
"Geschichte und Kultur der Spätantike" ist eine deutschland- und wahrscheinlich auch weltweit singuläre Professur. Während in der Lehrtätigkeit alle Bereiche der antiken Geschichte abgedeckt werden, konzentriert sich die Forschung auf die Epoche der Spätantike, die – großzügig definiert – die dreieinhalb Jahrhunderte von 284 bis 641 n. Chr. umfasst. Als Periode dramatischer Umbrüche – Christianisierung, Zusammenbruch des Römischen Reichs im Westen, tiefgreifende Transformation mit zahlreichen abreißenden Kontinuitätslinien am Osten – diente und dient die Spätantike (vielleicht sogar noch mehr als andere Epochen) als Projektionsfläche moderner Beobachter, angefangen mit Gibbons Religionskritik. Aus der Spätantike ist enorm viel Quellenmaterial erhalten, das in vielen Fällen noch einer genauen Auswertung harrt. Bei der Forschungsarbeit ist eine Kontextualisierung unerlässlich, die nur durch eine breit interdisziplinäre Arbeitsweise auf befriedigende Weise erreicht werden kann.

Didaktik der Geschichte
Die Didaktik der Geschichte strebt in Forschung und Lehre nach sinnvoller Vernetzung von Unterrichtsdidaktik (aller Schularten) und außerschulischer Geschichtskultur. Auf der Höhe der Diskussion um Bildungsstandards und domänenspezifische Kompetenzen arbeitet sie, etwa in Form der Autorschaft an Schulbuchpublikationen oder Lehrkrafthandreichungen des Bayerischen Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung, an Modellen zur Harmonisierung didaktischer Theorie mit moderner Unterrichtspragmatik. Auf der Suche nach Geschichtsbewusstsein in der Öffentlichkeit kommt dabei den sog. „außerschulischen Lernorten“ besondere Bedeutung zu: Schwerpunkte liegen hier im Bereich Erinnern und Gedenken im lokal-regionalen Nahraum (Gedenkstätten), in der wissenschafts- und projektorientierten Kooperation mit Schulen in Bamberg (alle Schularten) sowie in der Förderung von Konzepten für bilinguales Unterrichten (v.a. in den Sprachen Englisch und Französisch).

Historische Grundwissenschaften
Die Historischen Grundwissenschaften sind forschungsgeschichtlich eng mit der Mediävistik verbunden und vermitteln praktische Fähigkeiten und methodische Kenntnisse, um historische Quellen lesen und interpretieren zu können. Sie befassen sich u.a. mit der Schriftentwicklung (Paläographie), Urkunden (Diplomatik), Siegel (Sphragistik), Wappen (Heraldik), Münzen (Numismatik), Inschriften (Epigraphik), Abstammungsverhältnissen des Menschen (Genealogie), historischer Zeitrechnung und -messung (Historische Chronologie) und stellen so der Geschichtswissenschaft wichtige Quellengruppen überhaupt erst zur Verfügung. Durch ihre offene, methodisch additive Struktur sind sie zu interdisziplinärem Arbeiten in Forschung und Lehre prädestiniert und tragen zu aktuellen Fragestellungen aus der Kulturgeschichte, etwa hinsichtlich von Medialität und Visualität des Mittelalters, in besonderer Weise bei.

Digitale Geschichtswissenschaften
Die Professur für Digitale Geschichtswissenschaften vermittelt grundlegende Kenntnisse in den Bereichen der Historischen Fachinformatik, der digitalen Quellenkritik und der Entwicklung, Anwendung und Interpretation digitaler historischer Untersuchungsmethoden und Arbeitstechniken. Die Lehre wird durch einen hohen Praxisbezug gekennzeichnet und reflektiert die Auswirkungen des digitalen Wandels auf historisches Arbeiten. Die Forschung beschäftigt sich mit der Entwicklung und Anwendung von Methoden und Arbeitstechniken für die digitale Erfassung, Aufbereitung und Interpretation von historischem Primärmaterial serieller Natur, insbesondere für die Handels-, Verkehrs- und Transportgeschichte der vorindustriellen Zeit. Forschung und Lehre sind in der Digitalen Geschichtswissenschaft eng miteinander verzahnt. Studierende beteiligen sich als auszubildende Forscherinnen und Forscher und spätere Wissensvermittlerinnen und Wissensvermittler aktiv an eigens für die praxisorientierte Vermittlung konzipierten kollaborativen Forschungsprojekten.

Bayerische Landesgeschichte
Die Bearbeitung landes- wie auch lokal- und regionalgeschichtlicher Themen wird als Querschnittsaufgabe aller Lehrstühle und Professuren (v.a. der Mittelalterlichen, der Neueren, der Neueren und Neuesten Geschichte sowie der Wirtschafts- und Sozialgeschichte mit dem Schwerpunkt Arbeit und Bildung) und des Instituts für Fränkische Landesgeschichte in Thurnau, einer gemeinsamen Einrichtung der Universitäten Bayreuth und Bamberg, betrachtet.

Europäische Ethnologie
Europäische Ethnologie ist eine kulturwissenschaftliche Disziplin, die ihren Blick auf die breite Bevölkerung richtet und damit besonders „nahe am Menschen“ forscht. Den Ausgangspunkt bildet ein weiter Kulturbegriff, bei dem es um das Kulturschaffen als menschliche Fähigkeit der Lebensweltgestaltung geht. Das drückt sich in bestimmten Handlungsmustern ebenso aus wie in Symbolen und Gegenständen. Bezugspunkt bilden die vielgestaltigen alltäglichen Lebens- und Erfahrungsräume in Vergangenheit und Gegenwart.
Ziel ist es, auf diese Weise Einsicht in die Vielfalt von Kulturen sowohl im eigenen Nahraum wie auch in geografisch entfernteren Regionen zu erhalten. Die Spezifik unterschiedlicher Phänomene, beispielsweise Natur-Kultur-Beziehungen, Geschlechterverhältnisse oder im Bereich des Immateriellen Kulturerbes wird dabei stets in ihren historischen Dimensionen, ihren sozialen Verhältnissen und ihren regionalen Ausprägungen analysiert. Auf eine Formel gebracht geht es um das wechselseitige Verhältnis von Kultur – Geschichte – Gesellschaft – Raum. In sogenannten Mikrostudien lässt sich eine Dynamik kultureller Äußerungen erkennen, deren Prozesse in ihrer Dauer und ihrem Wandel, ihren Kontinuitäten und Diskontinuitäten zu verstehen sind. Auf diese Weise leistet die Europäische Ethnologie einen Beitrag zum Verständnis und zur Vermittlung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen, kultureller Konflikte und Transformationen.

Internationalisierung in Forschung und Lehre für das Institut insgesamt
Die Lehrstühle und Professuren des Instituts stehen in engen Kooperationsbeziehungen mit zahlreichen Kollegen im In- und Ausland (v.a. England, Frankreich, USA, Italien, Ungarn und Elfenbeinküste). Ein wesentliches Anliegen ist es auch, Studierende und Nachwuchswissenschaftler in diese Kooperationsbeziehungen einzubeziehen.