Studientag Frühjahr 2007: Gott – (K)ein Thema in der pluralen Gesellschaft?

300 Kollegiaten informieren sich aus erster Hand über die Bamberger Theologie

Von Johannes Heger

Hat die Frage nach Gott noch Berechtigung in der postmodernen Gesellschaft? Ist sie überhaupt noch ein Thema bei Jugendlichen? Beim Kollegiatentag der Fakultät Katholische Theologie stellten sich die Professorinnen und Professoren diesen Fragen und informierten die Abiturienten in spe über das Theologiestudium in Bamberg.

Ist der Glaube nur ein Gefühl? Ohne ein reflektiertes Denken, ohne eine rationale Auseinandersetzung mit den grundlegenden Fragen und Antwortsträngen der Gottesfrage hätte der Glaube an Gott „nichts mehr mit Glauben zu tun, sondern nur noch mit Dummheit“, sagte Prof. Dr. Klaus Bieberstein, Dekan der Fakultät Katholische Theologie beim Kollegiatentag am 3. Mai. Auch Prof. Dr. Johanna Rahner betonte, dass der christliche Glaube mehr als nur „das Zusammenspiel von Bauch und Herz“ sei, sondern eben auch etwas mit dem Kopf und dem Verstand zu tun habe.

Die Aussagen der beiden Bamberger Professoren machen deutlich, wie Wissenschaftler der Theologie ihr Fach sehen: Es geht zwar um einen metaphysischen Gegenstand und damit um etwas letztlich Ungreifbares, die Annäherung an diesen Gegenstand – Gott – darf aber trotzdem nicht blauäugig geschehen.

Lehramtsstudium in Bamberg gestärkt

Diese tiefe Erkenntnis bekamen knapp 300 Kollegiatinnen und Kollegiaten aus Bamberg und Umgebung beim Studientag der Fakultät Katholische Theologie während Vorträgen und einer abschließenden Podiumsdiskussion in der AULA der Universität vermittelt. Vor zwei Jahren gab es den ersten Studientag in dieser Form und seitdem hat sich dieser fest im Reigen der Veranstaltungen des universitären Betriebs verankert.

Ziel des Tages ist es, Schülern einen Einblick in die fachwissenschaftliche Arbeit der Theologie zu geben und ihnen auf lebhafte Weise zu vermitteln, dass hinter dem manchmal despektierlich behandelten „Ausruhfach“ Religion mehr steckt als nur seichtes Gerede. Zudem sollen Interessierte die Möglichkeit bekommen, sich vor Ort über das Studium der Theologie mit all seinen Ausdifferenzierungsmöglichkeiten zu informieren. Das gilt vor allem nach der Umstrukturierung der Bamberger Theologie, durch die das Lehramtsstudium gestärkt wurde.

All das schien anzukommen – zur Mitte der Veranstaltung lautete das Urteil einer baldigen Abiturientin: „Das ist eine sehr lohnenswerte Veranstaltung! Das ist ganz anders als Religion in der Schule!“
Das hörte Prof. Dr. Mirjam Schambeck, Inhaberin des Lehrstuhls für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts, bestimmt gern. Zusammen mit ihrem Team organisierte sie die Veranstaltung und leitete als Moderatorin den abwechslungsreichen Vormittag.

Der disziplinäre Reigen

Da die Theologie als universitäre Wissenschaft sich in verschiedenste Richtungen ausdifferenziert, bekamen die teils sogar aus Ansbach angereisten Schülerinnen und Schüler aus drei unterschiedlichen Perspektiven eine Antwort auf die grundlegende Frage des Tages „Gott – (K)ein Thema – Der Beitrag der christlichen Gottesfrage in der pluralen Gesellschaft“.

Den Auftakt zu den Vorträgen machte die Dogmatikerin Prof. Dr. Johanna Rahner. Klaus Bieberstein setzte aus der Perspektive seines Faches, Altes Testament, auf die grundlegende Frage, die jeder, wenn er von Gott spricht, selbst beantworten muss: „Was meinst du damit?“ Der Begriff „Gott“ sei nämlich sehr bedeutungsreich und auch „das“ biblische Gottesbild gäbe es nicht. Als alttestamentliche Beispiele führte er unter anderem das Bild Jahwes als „Gott der Nähe und Ferne“ im Prophetenbuch Kohelet und den „Gott des Bundes“ mit seinem Volk an und gab auch aktuelle Beispiele des mannigfaltigen Gebrauchs; so zum Beispiel die Dollarnote mit dem abgedruckten „in God we trust“. Den Sinn und die heutige Bedeutung der biblischen Rede von Gott auch in der pluralen Gesellschaft machte Bieberstein deutlich, indem er von ihr als einem „Reservoir an Gotteserfahrungen“ sprach, „das uns immer ein Stück voraus ist“.

„Die Frage nach Gott ist aber auch immer die Frage nach dem Menschen und gleichzeitig die Frage nach dem Menschen eine Frage nach Gott.“ Unter dieser Prämisse ging die Christliche Sozialethikerin Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins die Thematik an und explizierte die Bedeutung des christlichen Menschenbildes für die Gesellschaft und die Fruchtbarkeit des spezifisch christlichen Beitrags in diesem Feld. Davon ausgehend sprach sie unter anderem von der Verantwortlichkeit und dem Auftrag, den der Mensch als Ebenbild Gottes und „Hausmeister der Welt“ mitbekommen hat.

Viele Stimmen, eine Sinfonie

So unterschiedlich die Herangehensweisen der verschiedenen Referentinnen und Referenten waren, um so mehr wurde an diesem Tag – nicht zuletzt in der Podiumsdiskussion – deutlich, dass Theologie mehr ist als nur ein monotoner Einklang. Gerade in der Diskussion, im konstruktiven Streiten und dem wissenschaftlichen Diskurs läge die Grundlage des Faches, wie Mirjam Schambeck resümierte.

Auch in den Antworten auf die Frage nach dem interreligiösen Dialog, der in der pluralen Gesellschaft immer wichtiger wird, setzten die Professorinnen und Professoren unterschiedliche Akzente: Rahner sprach von der Wichtigkeit des Dialogs mit Atheisten und Agnostikern, Heimbach-Steins betonte die Relevanz der Kenntnis der eigenen Identität und nicht zuletzt hob Bieberstein das „aktive Die-Klappe-halten“ heraus, das meint, den Partner des Dialogs erst in Anerkennung und Ruhe kennen zu lernen.
Eines war aber allen gemeinsam: Sie verdeutlichten durch ihr Engagement und ihre empathischen Vorträge, dass die Theologen in Bamberg trotz massiver Kürzungen und Umstrukturierungen nicht die Klappe halten, weil sie einen wertvollen Beitrag für die plurale Gesellschaft leisten können.

Mit freundlicher Genehmigung konnte dieser Bericht übernommen werden von News Sommersemester 2007 vom 04.05.07