Theologisches Forum 2006/2007

Umbruch – ein Zeichen der Zeit: Kirche von Bamberg in der Welt von heute

Vorträge der Reihe

Donnerstag, 26. Oktober 2006, 20 Uhr:
Ab ins Museum? – Die Kirche von Bamberg in den aktuellen Herausforderungen
Vortrag von Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins, Bamberg

ERGÄNZUNGEN demnächst hier

Dunkle Wolken am Theologenhimmel. Gefährdung der Fakultät überschattet Auftakt des Theologischen Forums

Von Johannes Heger

Im Jahr des 1000-jährigen Bistumsjubiläums eröffnete Marianne Heimbach-Steins am 26. Oktober das Theologische Forum mit ihrem Vortrag: „Ab ins Museum? – Die Kirche von Bamberg in den aktuellen Herausforderungen“. Am selben Nachmittag stellte sich heraus, dass die Katholische Fakultät in Bamberg gefährdet ist.

Die Katholische Fakultät in Bamberg ist in Gefahr. In der Auftaktveranstaltung des diesjährigen Theologischen Forums am 26. Oktober informierte Dekan Prof. Dr. Klaus Bieberstein die Zuhörerinnen und Zuhörer über den drohenden Verlust des Fakultätsstatus. Er selbst war erst am gleichen Tag durch den Erzbischof Ludwig Schick darüber in Kenntnis gesetzt worden. Merklich angespannt und aufgebracht machte Bieberstein den Anwesenden die Folgen klar: An der Fakultät, die das Bistum seit jeher als „think-pool begleitete“, an jener Fakultät, aus der die „historischen Wurzeln der gesamten Universität“ erwachsen seien, wird es in Zukunft nicht mehr möglich sein, ein Diplom zu machen. Daraus folge, dass im Erzbistum Bamberg direkt keine Priester und Pastoralreferenten mehr ausgebildet werden können. Betroffen seien auch die interdisziplinären Mittelalterstudien, die ihren Kern verlören – „und das gerade in einem geisteswissenschaftlichen Zentrum wie Bamberg“, so Bieberstein.

Nicht gesichert sei auch die weitere Ausbildung von Gymnasiallehrern im Fach Katholische Theologie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Der Dekan machte seine persönliche Position und die aller Lehrenden der Fakultät in einem nahezu als Schlachtruf zu bezeichnenden Ausruf klar: „Die Gymnasialausbildung darf nicht fallen!“

Makabere Situation

Unter diesen Umständen sei es „makaber“, so Bieberstein, zum Alltag zurückzukehren und das „Theologische Forum“ einzuläuten, das dieses Jahr unter dem Titel „Umbruch – ein Zeichen der Zeit: Kirche von Bamberg in der Welt von heute“ steht. So waren alle gespannt auf den Vortrag von Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins, die zunächst mit gequältem Lächeln klar machte, dass sie ihr Vortragsthema „Ab ins Museum? – Die Kirche von Bamberg in den aktuellen Herausforderungen“ schon lange vor den aktuellen Geschehnissen festgelegt habe. Trotz dieser Tatsache verlieh der Tag und auch der Veranstaltungsort – der große Hörsaal der von der Schließung betroffenen Fakultät – dem ganzen Abend eine besondere Würze.

Und auch der Einstieg in das Thema ließ deutliche Aktualität erkennen: Umbruch, so Heimbach-Steins, sei ein Zeichen der Zeit, und der Kirche obliege die Aufgabe, diese Zeichen „im Lichte des Evangeliums zu deuten“. Es sei daher von entscheidender Bedeutung, „die Gegenwart zu analysieren und den gesellschaftlichen Dynamiken auf den Grund zu gehen“, nicht zuletzt weil die Kirche nicht für sich selbst existiere, sondern ein Teil dieser Welt sei.

Versucht man eine Analyse der gesellschaftlichen Wirklichkeit, ließen sich neben vielen anderen Spuren vor allem zwei Elemente benennen, die als „Zeichen der Zeit“ gedeutet werden müssen, so Heimbach-Steins: Dies sei zum einen „die Verunsicherung als Grundbefindlichkeit der Menschen“, die sich in individuellen Biographien, aber auch in der gesamten Gesellschaft zeige. Dafür seien – so die These der Referentin – vor allem Globalisierungsprozesse verantwortlich, die es dem einzelnen Menschen unmöglich machten, seinen Alltag gänzlich zu begreifen. Zu „undurchschaubar“ seien die Handlungsketten, von denen man auch selbst abhängig sei. So wachse auch im so sicher geglaubten Westen durch Ereignisse wie die des 11. September die Unsicherheit und damit die Angst bei den Menschen.

Zweites Signum sei die Spannung zwischen der persönlichen Identität und der uns umgebenden kulturellen und religiösen Pluralität. So ergebe sich eine zweigleisige Entwicklung: Während Europa immer offener und pluraler werde, suchten die „Verlierer“ in unseren Gesellschaften immer mehr die Abschottung und die Distanzierung. Resultat dieser Entwicklung seien unter anderem Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit.

Kirche gerade jetzt gefordert

„Blauäugig und illusionär“ wäre es, von der Kirche anzunehmen, diese Entwicklungen spielten sich nur vor der Haustüre der Kirche ab, so Heimbach-Steins. Auch in der Kirche Bambergs selbst gäbe es Verunsicherung, so zum Beispiel durch die Weisendorfer Beschlüsse, „mit denen folgenschwere Weichenstellungen im Bereich des pastoralen Personals vorgenommen“ wurden. Leider fielen bei der Konzentration auf das so genannte „Kerngeschäft“ oft diakonische Elemente dem Rotstift zum Opfer.

Nichtsdestotrotz gehöre gerade die „sozialdiakonische Arbeit“, aber auch das kirchliche Engagement im Feld der „Erziehung und Bildung“ zu den Aufgaben, der sich die Kirche nicht entziehen dürfe. „Sicherstellung eines qualitätvollen Religionsunterrichts“ sowie „außerschulische Bereiche der Jugend- und Erwachsenenbildung“ seien Felder, in denen die Kirche Räume schaffen müsse.

Aber nicht nur diese Komponente sei wichtig, sondern auch, dass die Kirche „nach außen“ gehe, auf andere Religionen zu, um ihre Rolle im „interreligiösen Dialogprozessen und -projekten engagiert“ wahrzunehmen.

Umbruch als Abbruch oder Aufbruch?

Doch wo die Reise hingeht in Zeiten des Umbruchs ist vielen Menschen nicht klar, und auch die Zuhörer sehnten sich nach einer Beantwortung, die Heimbach-Steins in einer interessanten Metapher ausdrückte: Die Kirche hätte die Möglichkeit, das zu retten, was noch brauchbar schiene, wie in einem „Tante-Emma-Laden der Stadt“– oder aber sie wage einen Umzug, den „Umzug ins Zelt“, in die „Wüstenwanderung des Exodus“, wo sie indes lernen müsse, „Wüstenqualitäten“ zu entwickeln: Dazu gehörten Gemeinschaft, Solidarität, Vertrauen zueinander, ein erstrebenswertes Ziel und nicht zuletzt der Glaube an Gott.

Wie der Bamberger Dom mit seiner ganzen Geschichte ein „Symbol von Umbrüchen“ sei, dürfe die Kirche anstehende Umbrüche und Unwegsamkeiten nicht scheuen in dem steten Vertrauen auf Gott, der nach Jesaja sagt: „Seht ich schaffe Neues, merkt ihr es nicht!“

Mit freundlicher Genehmigung wurde dieser Bericht übernommen von Uni-Bamberg News vom 02.11.06