Bestattungskulturen - jüdisch und christlich
Im Rahmen der Vortragsreihe des Theologischen Forums, welches im Wintersemester 2019/20 zum Thema »typisch jüdisch« – »typisch christlich« Privates und öffentliches Leben in der Spannung zwischen Klischee, Theologie und Praxis stattfindet, wurden am 21. November 2019 jüdische und christliche Bestattungskulturen thematisiert. Bei dieser Podiumsveranstaltung, die von Christian Kainzbauer-Wütig (KEB) moderiert wurde, sprachen die Rabbinerin Dr. Antje Yael Deusel (Bamberg), die Archäologin Dr. Cornelia Lohwasser (Universität Bamberg), und der Pressesprecher der Deutschen Bestatter, Oliver Wirthmann.
In ihrem Kurzvortrag legte Frau Dr. Deusel das Augenmerk auf den Ablauf einer jüdischen Bestattung. Dabei machte sie auf viele Traditionen aufmerksam, wie beispielsweise das Beilegen eines kleinen Säckchens mit Erde aus Israel, das an das Heimatland der Juden erinnern soll, oder auch das Nicht-Stattfinden einer Leichenschau, da dies die Würde des Leichnams missbrauchen würde. Anschließend thematisierte Frau Dr. Lohwasser, die am Institut für Archäologie der Universität Bamberg lehrt und forscht, Entwicklungslinien der christlichen Bestattungen über die Jahrhunderte hinweg. So berichtete sie, dass Friedhöfe lange Zeit neben den Kirchen waren, später aber aufgrund von Platzgründen an Ortsränder »ausgelagert« wurden. Unter anderem ging Frau Dr. Lohwasser auf die Verwendung und Gestaltung von Särgen ein: Während im Mittelalter meist keine Särge verwendet wurden, stechen sehr prunkvoll verzierte Särgen im Barockzeitalter heraus. Der Bestatter Oliver Wirthmann wiederum ging unter anderem auf gegenwärtige Trends bei Bestattungen ein, z. B. naturnahe Bestattungen oder der Anstieg von Feuerbestattungen in Deutschland. Auch den so genannten »unbegleitete Abschied«, der momentan circa 25% aller Bestattungen in Deutschland ausmache, thematisierte er. Kritisch forderte Wirthmann überdies eine »Neuprofilierung« des Bestatter*innen-Berufs: Bestatter*innen hätten sich zunächst als Begleiter*innen der hinterbliebenen Angehörigen zu verstehen.
Im Anschluss an die Kurzvorträge fand eine offene Diskussionsrunde statt. Dabei wurden viele Probleme in der heutigen Gesellschaft im Umgang mit dem Tod diskutiert, so etwa die Frage nach einem gemeinsamen Friedhof für Angehörige verschiedener Religionen und Weltanschauungen: Unter Beachtung verschiedener Bedürfnisse könnte dieser ein Dialog-Ort sowie Ausweis einer multikulturellen Gesellschaft sein. Insgesamt war der Forumsabend für alle Beteiligten – sowohl für die zahlreichen Zuhörer*innen als auch für die Podiumsteilnehmer*innen – bereichernd, insofern neue Erkenntnisse und Denkanstöße rund um die nicht ganz leichte Auseinandersetzung mit Tod und Trauer gewonnen werden konnten.
Hinweis
Diesen Text verfasste Anna C. Pistner. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.