Ein Bericht zum 9. Bamberger Schulleitungssymposium


Schulleitung im Spannungsfeld von ökonomischer Ratio und pädagogischem Ethos

Schulen stehen schon immer im Fokus gesellschaftlicher Veränderungsprozesse. Gegenwärtig sind diese Veränderungen stark vom ökonomischen Zeitgeist mit all seinen Möglichkeiten und Gefahren geprägt: Schulleistungsvergleiche, Inspektionen und Evaluationen fordern von Schulleitungen und Lehrkräften, an verschiedenen Stellen die Effizienz ihrer Schule zu verbessern. Manchen Kolleginnen und Kollegen scheint das technokratisch und fern von ihrem pädagogischen Anspruch.

Das verbindende Ganze, das zentrale Anliegen schulischen Handelns, droht manchmal in den Hintergrund zu treten. Was ist aber der Sinn schulischen Handelns und der Tätigkeit als Schulleitung konkret? Vom 15. - 17.10.2009 diskutierten Wissenschaftler und Praktiker, wie eine Schule geleitet und gestaltet werden muss, die sowohl Leistungs- und Wirtschaftlichkeitsaspekten als auch der Wertevermittlung und Persönlichkeitsentfaltung einen hohen Stellenwert einräumt.

In diesem Jahr konnten die etwa 300 Besucher(innen) aus über 30 verschiedenen Seminar- und Vortragsangeboten wählen. Einen ersten Themenschwerpunkt bildeten Workshops zur produktiven Umsetzung jüngster bildungspolitischer Impulse wie z.B. Bildungsstandards, Vergleichsarbeiten oder Ganztagsschulen. Weiterhin standen neuartige Aufgaben des lehrenden und leitenden Personals in der (teil-)autonomen Schule im Zentrum - angefangen von diagnostischen Verfahren der Kompetenzmessung über die Gestaltung der Öffentlichkeits- und Pressearbeit der Schule bis hin zur systematischen Teamentwicklung, Zielvereinbarung und individuellem Coaching. Zudem wurden zahlreiche Konzepte der Werteerziehung und individuellen Förderung diskutiert, darunter die "philosophierende Schule", das "Ich schaff's"-Programm zur Arbeit mit verhaltensauffälligen Schüler(innen) oder die KOMPASS-Initiative zur Stärkeorientierung.

Primat pädagogischer Ziele

Erkenntnisse internationaler Schuleffektivitätsstudien werfen die Frage nach der verantwortungsvollen Nutzung erweiterter Handlungsspielräume in der (teil-)autonomen Schule auf. Wie die Bildungsforscher Prof. Dr. Martin Bonsen und Drs. Bob van de Ven ausführten, wirkt sich eine zielorientierte Führung, mit der die Schulleitung Entwicklungsziele der Schule klar kommuniziert und fördert, positiv auf die Schulqualität aus. Auch die Intensivierung der unterrichtsbezogenen Lehrerkooperation, die Etablierung von Mitwirkungsstrukturen oder die Organisationskompetenz der Leitungskraft stellen nachweislich leistungssteigernde Faktoren dar. Die Ethikerin Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins betonte in diesem Zusammenhang das unbedingte Primat des Pädagogischen gegenüber ökonomischen und justiziablen Inhalten. Sinn und Nutzen, aber auch die Wirtschaftlichkeit von eingesetzten Ressourcen und eingeführten Maßnahmen, lassen sich nur am Maßstab der Erreichung pädagogisch definierter Zielmarken abschätzen.

Optimale statt maximale Effizienz als Richtwert der pädagogischen Arbeit

Sowohl Prof. Dr. Annette Scheunpflug als auch Prof. Dr. Reichenbach erörterten, dass in der schulischen Bildungs- und Erziehungsarbeit kein maximales, sondern ein unter den schulspezifischen Bedingungen optimales Effizienzniveau anzustreben sei. Vor allem pädagogische Innovationen lassen sich nicht einfach aufwandsminimierend "durchexerzieren", sondern sind auf Kreativität, Experimentierfreude und einen Ressourceneinsatz angewiesen, der das tägliche Routinemaß übersteigt. Zusammen mit einem notwendigerweise zu differenzierenden Effizienzverständnis, wie es der Bildungsökonom Prof. Dr. Stefan Wolter aufzeigte, erwächst für die Schulleitung hieraus die Verantwortung, "Ineffizienznischen" zu schaffen und mit einer entsprechenden Zuteilung von Zeit und Personal zu unterstützen. Ihrem Kollegium gegenüber muss sie klar signalisieren, an welchen Stellen und in welchem Umfang sie einen gewissermaßen verschwenderischen Umgang mit Ressourcen zulässt, ja sogar befürwortet. Auch in diesem Sinne müsste die explizite Aufforderung des Bayerischen Staatssekretärs Huber "Stecken Sie Ziele und gewähren Sie Freiräume" interpretiert werden. Allerdings lässt sich das Allokationsproblem der Zuteilung von Ressourcen an den Ort ihrer optimalen Verwendung nur dann lösen, wenn die Schulleitung auch Ressourcen in nennenswertem Umfang verteilen kann.

Julia Warwas

Das komplette Programm 2009 finden Sie hier(370.5 KB, 4 Seiten) zum Download.