Der universitäre Einfluss auf Bamberg und die Region

Ein Gespräch mit dem ehemaligen Uni-Präsidenten Godehard Ruppert

Dank einer Bürgerbefragung im Winter 2017/18 liegen der Universität aktuelle repräsentative Daten für bestimmte Bereiche vor: sowohl zu ihrer Rolle als Wirtschaftsfaktor als auch als treibende Kraft im kulturellen Leben oder für die Weiterentwicklung der Stadt. Ein Schatzkästchen also, aus dem die Universitätsleitung strategische Überlegungen zur Weiterentwicklung der Universität generieren kann, insbesondere, was die Position der Universität in Stadt und Region betrifft.

Wie wichtig ist das Thema Impact für die Universität Bamberg?

Impact ist auf bildungspolitischer Ebene hoch bedeutsam. Universitäten sind teure Einrichtungen; daher ist es nicht verwunderlich, dass die Öffentlichkeit wissen möchte, was sie wert sind. Politikern, die unter einem unheimlichen Rechtfertigungsdruck stehen, können wir mit Impact-Daten deutlich machen, dass sie konkrete Wirtschaftseffekte erzielen, wenn sie in die Universität Bamberg investieren. Die Nordbayern-Initiative der letzten Landesregierung – eine Offensive zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung Nordbayerns und zur Dämpfung des demografischen Wandels – umfasst nur deswegen fi nanzielle Mittel für Hochschulen, weil in der Politik angekommen ist, dass diese Investition in jeder Beziehung eine Förderung für die Region darstellt.

Wie hat die Universität Bamberg von dieser Investition konkret profitiert?

Knapp 86 Millionen Euro stellte die Bayerische Staatsregierung für die TechnologieAllianzOberfranken (TAO), ein Verbundprojekt der Hochschulen Coburg und Hof sowie der Universitäten Bamberg und Bayreuth, zur Verfügung. Hieraus stammen unter anderem die Gelder für den Erweiterungsbau der Teilbibliothek 4 sowie für den Neubau des Institutsgebäudes der Orientalistik. Außerdem konnten wir mehrere Lehrstühle zusätzlich einrichten. Dank einer weiteren Zuwendung von fünf Millionen Euro konnten wir unser Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien Am Zwinger 4-6 errichten und um einen Lehrstuhl für Digitale Denkmaltechnologien erweitern.

Worin zeigt sich die Wirkung der Universität Bamberg auf Stadt und Region?

Bamberg wirbt in der Öffentlichkeit mit imageprägenden Faktoren wie Kultur, Tourismus, Welterbe. Da passt eine Universität mit unserer Ausrichtung wunderbar hinein, da wir diese Faktoren dank unserer Profilschwerpunkte in besonderer Weise stärken – und zugleich erforschen. Wie einzelne Fächer
nichtmonetären Impact erzielen können, sehen Sie zum Beispiel am Lehrstuhl für Musikpädagogik und Musikdidaktik, deren Ensembles die Musikstadt Bamberg um weitere Facetten bereichern.

Inwiefern kann das Image Bambergs profilbildend wirken?

Na, um beim Thema Welterbe und Kultur zu bleiben, zum Beispiel, indem wir Studiengänge und Einrichtungen, die das kulturelle Leben bereichern oder Kulturgüter sichern, gezielt fördern und einrichten. Dazu gehören nicht nur Fächer, die im Bereich Denkmalpflege aktiv sind. Auch Geschichtswissenschaften, Europäische Ethnologie oder die Sprach- und Literaturwissenschaften tragen durch ihre Forschungsprojekte in Bamberg und Umgebung dazu bei. Beim Projekt Jüdisch-Fränkische Heimatkunde erfassen und erschließen Studierende mit ihren Lehrenden zum Beispiel jüdische Friedhöfe in Oberfranken.

Mal provokativ gefragt: Einfluss und Kleine Fächer, schließt sich das nicht aus?

Gerade unsere Kleinen Fächer erzeugen viel sichtbaren, wenngleich leider oftmals wenig messbaren, Impact. Ein Grund für uns, sie gezielt zu stärken. Mit Erfolg, wie unsere Studierendenzahlen zeigen. Denn dass eine Bildungseinrichtung mit klarem Profil in den Geistes- und Sozialwissenschaften gegen den Trend wächst, liegt unter anderem daran, dass wir gegen den Trend handeln.

Was bedeutet denn „nicht messbarer Impact“? Wenn beispielsweise zu dem Projekt Jüdisch-Fränkische Heimatkunde Dokumentationen oder Publikationen entstehen, ist das doch ein messbarer Impact, oder?

Jein. Klar können Sie im Falle einer Publikation versuchen herauszufinden, wie viele Leute sie gelesen haben. Zum Beispiel, indem Sie die Verkaufszahlen recherchieren. Aber erstens wissen Sie dann immer noch nicht, ob diejenigen, die die Publikation gekauft haben, sie auch tatsächlich gelesen haben. Und zweitens ist Ihnen bei denjenigen, die sie gelesen haben, nicht bekannt, was das neu erworbene Wissen mit den Menschen macht, ob es ihr Denken oder ihre Handlungen beeinflusst. Und gerade diese Form von Wirkung ist für eine Bildungseinrichtung wie unsere Universität natürlich enorm wichtig.

Warum lässt sich so wenig Konkretes über die ökonomische Bedeutung der Universität Bamberg sagen?

Die Möglichkeiten der Datenbeschaffung sind in Deutschland rechtlich stärker beschränkt und gestalten sich darum schwieriger als etwa im angloamerikanischen Raum. Außerdem sind die Berechnungen von Investitionen, die ja auch indirekt wirken, nicht einfach und basieren teilweise auf Annahmen und Schätzungen. In einer Diplomarbeit am Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Empirische Mikroökonomik, wurde im Jahr 2007 einmal der Versuch unternommen, die ökonomische Bedeutung der Universität exemplarisch zu berechnen.

Allein der Blick auf die Ausgaben der damals noch knapp 9.000 Studierenden führte zu eindrücklichen Ergebnissen: „Insgesamt verausgaben die Bamberger Studierenden in Abhängigkeit ihres Monatsbudgets und der jährlichen Verweildauer in der Hochschulregion somit gut 65 Millionen Euro in der Hochschulregion.“ Der Verfasser der Arbeit Christian Nowak berechnete außerdem einen regionalen Beschäftigungseffekt von 607 Arbeitsplätzen – beides beeindruckender, messbarer Impact, den es ohne die Universität nicht gäbe.

Und was kann die Universität an nicht messbarem, mittelbarem Impact in die Region einbringen?

Da bestehen vor allem Forschungskompetenzen, die man der Region zur Verfügung stellen kann, sofern die Region sie abfragt. Unternehmen könnten zum Beispiel den Wunsch äußern, ihren  Wärmeenergieverbrauch zu reduzieren. Wir stellen das Knowhow durch die Installation intelligenter Verbrauchsanzeigen. Der Forschungstransfer durch die Bamberger Wirtschaftsinformatik fungiert hierbei als Entwicklungsmotor für nachhaltige Technologien, die Unternehmen als Problemlösung dienen. Ähnlich können Bamberger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Unternehmen bei Fragen der Personalauswahl und -entwicklung, der Unternehmensführung und des Controllings oder der Logistik unterstützen.

Wie würden Sie die Beziehung zwischen Universität, Stadt und Region vor dem Hintergrund dieser vielfältigen Einfl üsse und Wechselwirkungen beschreiben?

Ich denke, dass uns dank unseres Fächerprofils sowie unserer inhaltlichen und räumlichen Schwerpunktsetzungen eine harmonische Integration in die Stadt gelungen ist, wir eine Atmosphäre des Miteinander schaffen und das Bewusstsein vermitteln können: Selbst, wenn wenige die Universität als Fremdkörper missverstehen, auch sie profitieren von ihr.