An der Universität 5:
Gedenktafel im ehemaligen Alten Gymnasium

Die Informationen wurden verfasst von Prof. Dr. Bert Freyberger und Andreas Ullmann (M.A.)

Beschreibung

Maße:
148 cm breit, 117 cm hoch

Mittlerer Teil:
Darstellung der mythischen Figur Siegfried.

Darüber:
Mahnung „Vivos Moneo“.

Darunter:
Zitat des Dichters Theodor Körner
„Dass sie für Unwürd‘ge nicht geblutet, das beweise, deutsches Vaterland!“.

Links:
In den Kaempfen der Jahre 1914-18 fielen für’s Vaterland

Rechts und links:
Namen der Gefallenen, alphabetisch aufgelistet mit jeweiligem Todesdatum.


Interpretation des Tafelensembles

Das Ensemble stammt vom Bamberger Bildhauer Philipp Dorsch (1851-1923). Dieser schuf Zeit seines Lebens verschiedene religiöse Monumente, unter anderem bedeutende Skulpturengruppen in der Gaustädter Pfarrkirche Sankt Josef, in der Marienkapelle in Hartlanden oder in der Pfarrkirche Sankt Nikolaus in Ebermannstadt; auch zeichnete er etwa für die Kreuzigungsgruppe an der Buger Hauptstraße bzw. die künstlerischen Steinarbeiten am Kreuzweg zum Käppele bei Zeil am Main verantwortlich.

Während der Künstler demnach einen Großteil seines Schaffens sakraler Architektur widmete, stellte sein Wirken an der Gedenktafel des Alten Gymnasiums einen Spezialfall dar, da er mit ihr, weiterhin inspiriert auch von christlicher Mythologie, perspektivisch das Feld des Profanen, Mythenhaften, Historischen betrat.

Im Zentrum des Ensembles steht die Figur des drachentötenden Siegfried aus dem Nibelungenlied: Der jugendliche Held, der mutig und fast unbesiegbar war, letztlich jedoch heimtückisch ermordet wurde.

Dem beigefügt ist ein Zitat Theodor Körners aus dessen Gedicht „Auf den Schlachtfeldern von Aspern“ aus dem Jahr 1812 , in dem Körner seine eigenen Kriegserfahrungen aus den „Befreiungskriegen“ gegen Frankreich 1813/15 in pathetisch-patriotischer Weise zum Ausdruck brachte. In größerem Kontext lautet das Zitat wie folgt:

„In dem blut’gen Tal der Thermopylen, wo der Griechen freie Scharen fielen, grub’s in Marmor ihrer Brüder Dank, dass fürs Vaterland auf diesen Feldern Spartas kühne Heldenjugend sank. […] Drum soll es die Nachwelt laut erfahren, wie auch deutsche Bürger dankbar waren, wie wir der Gefallenen Tat erkannt. Dass ihr Tod uns Lebende ermutet, dass sie für Unwürd‘ge nicht geblutet, das beweise deutsches Vaterland. Deine Sänger lass in Liedern stürmen, und zum Steine füge kühn der Stein. Und die Pyramide lass sich türmen, der gefall’nen Brüder wert zu sein.“

Dorsch verknüpfte die (mitzudenkende) „kühne Heldenjugend Spartas“ aus Körners Gedicht und die „Schlachtfelder von Aspern“, auf denen Napoleon seine erste Niederlage auf dem Schlachtfeld erlitt, mit den im Ersten Weltkrieg gestorbenen jugendlichen Angehörigen des Alten Gymnasiums. Diese werden durch den Drachentöter Siegfried symbolisiert. Er ist es, der die Lebenden mahnt („Vivos moneo“), dass die Gefallenen „für Unwürd’ge nicht geblutet“ haben sollten.

Durch Siegfried, den jugendlichen Helden, der, mutig und unbesiegbar, dann doch auf heimtückische Weise ermordet wurde, schwingt bereits hier auf mehr oder weniger subtile Art jene deutsche „Dolchstoßlegende“ an, die nach dem Ersten Weltkrieg wesentlich zur Destabilisierung der Weimarer Demokratie beitragen sollte (siehe Gesamtbewertung).

Hintergründe und Entstehung

Die Gedenktafel für die im Ersten Weltkrieg gestorbenen Schüler und Lehrer des Alten Gymnasiums Bamberg wurde laut Jahresbericht des Alten Gymnasiums in Bamberg für das Schuljahr 1921/22 am 25.06.1921 enthüllt:

„25. VI. 21 wurde im Anstaltsgebäude eine Gedenktafel für die im Kriege gefallenen Lehrer und Schüler der Anstalt enthüllt. Dem Seelengottesdienste folgte ein Akt in der Aula, bei dem der Berichterstatter eine Ansprache hielt, danach die Enthüllung selbst., welche St.-Prof. Klaiber mit einer weihevollen, aus warmem deutschem Empfinden geborenen Rede verherrlichte und bei welcher stud. med. Neupert sowie Wölfel IX dem Gedächtnisse der ehemaligen Kameraden und Mitschüler unter Niederlegung von Kränzen ergreifende und erhebende Worte widmeten.“

Der im Jahresbericht erwähnte Hans Wölfel (geb. 1902), der seit 1915 Schüler des Alten Gymnasiums war und dort 1922 sein Abitur ablegte, war Zeit seines Lebens überzeugter Katholik und setzte sich mehrfach nachdrücklich für seine Mitschüler ein. Geläutert von Erfahrungen in diversen Freikorps nach 1919, erkannte er alsbald den hohen Wert von Demokratie und Rechtsstaat für sich.

So ließ er sich nach einem juristischen Studium in München und Würzburg im Jahre 1929 als Rechtsanwalt in Bamberg (mit Kanzlei in der Luitpoldstraße) nieder. Auf Basis hoher Ehrenämter im Erzbistum Bamberg brandmarkte er fortan immer wieder, unter anderem in öffentlichen Vorträgen, die aus seiner Sicht offensichtliche Unvereinbarkeit von christlichem Glauben und Nationalsozialismus; auch setze er sich immer wieder unentgeltlich für Opfer des Systems ein. Aufgrund verschiedenster kritischer Äußerungen über Hitler und die Nationalsozialisten wurde er schließlich verhaftet, vom Volksgerichtshof wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und im Juli 1944 hingerichtet. Seit dem Jahre 1947 ist seine Urne auf dem Bamberger Hauptfriedhof bestattet. Im Jahre 2016 wurde im Bamberger Harmoniegarten ein Mahnmal zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus eingeweiht, in dem unter anderem auch eine Büste Hans Wölfels zu sehen ist.


Ein Quellen- und Literaturverzeichnis finden Sie am Fuß der Seite Gesamtbewertung.