Der Adler kündigt in "Agamemnon" den Sieg über Troja und die Tötung Iphigenies an. (Bild: Pixelquelle)

PD Dr. Jens Holzhausen hat seit diesem Semester die Lehrbefugnis für den Fachbereich Klassische Philologie an der Universität Bamberg. (Bild: Kathrin Fuchs)

- Kathrin Fuchs

Recht und Unrecht in "Agamemnon"

Privatdozent Dr. Jens Holzhausen stellte sich vor

Privatdozent Dr. Jens Holzhausen besitzt nach wissenschaftlichen Tätigkeiten an den Universitäten von Berlin, Harvard, Dresden und Frankfurt seit diesem Semester zusätzlich die Lehrerlaubnis für den Fachbereich Klassische Philologie an der Bamberger Universität. Mit einer Vorlesung über Aischylos' "Agamemnon" stellte er sich vor.

PD Dr. Jens Holzhausen beschäftigte sich in seiner Antrittsvorlesung mit der Parodos, dem Einzugslied des Chores, in Aischylos’ „Agamemnon“. Im Mittelpunkt stand dabei die Vorgeschichte des Trojanischen Kriegs: Als die griechischen Truppen vor Aulis durch eine Windstille an der Weiterfahrt nach Troja gehindert wurden, opferte ihr König Agamemnon seine eigene Tochter Iphigenie. Dafür plante seine Frau Klytaimnestra Rache zu üben, indem sie ihn nach seiner Rückkehr aus dem Krieg tötete. Diese Geschehnisse sagte der Seher Kalchas vorher, als er sah, wie zwei Adler eine trächtige Häsin zerfleischten.

Holzhausen ging der Frage nach, wie das Vorzeichen mit den späteren Ereignissen in Zusammenhang zu bringen ist. Grundsätzlich repräsentieren dabei die beiden Adler Agamemnon und Menelaos, den König Spartas; der Sieg der Adler über die Häsin symbolisiert die Einnahme Trojas. Doch wie der Sieg der Adler über die Häsin den Tod der Jungtiere bedingt, fordert auch der Sieg über Troja ein Opfer: die Tötung Iphigenies.

Doch blieb Agamemnon keine andere Wahl, als seine Tochter zu töten? Nicht ganz: Er hätte zugunsten des Lebens seiner Tochter auf die Eroberung Trojas verzichten können – dies hätte jedoch bedeutet, dass er das Unrecht Paris’, der Helena raubte und damit den Trojanischen Krieg auslöste, ungesühnt gelassen hätte. Doch Agamemnon entschied sich für das Recht und musste dafür seine Tochter geben.

Recht bedingt Unrecht

Dies zeigt den allgegenwärtigen Zusammenhang von Recht und Unrecht: um das Recht durchsetzen zu können, muss Agamemnon Unrecht auf sich nehmen, das Recht bedingt das Unrecht. Doch damit entfacht Agamemnon neuen Streit – Streit innerhalb seiner eigenen Familie. Der Chor, der die Ereignisse berichtet, ahnt, dass Klytaimnestra Rache üben will und ruft Zeus an, damit er das Angekündigte doch noch abwenden möge. Dieser „Zeus-Hymnos“ ist der bekannteste Teil des Werkes. Dass ihr Flehen umsonst sein wird, zeigt sich erst später.

Schließlich versuchte Holzhausen noch, die Erzählung des Aischylos in dessen zeitlichen Kontext einzuordnen – Athen stand gerade am Beginn seines Weges zur Weltmacht und es ist möglich, dass Aischylos die naive Haltung seiner Mitbürger zu diesem Aufstieg kritisieren wollte. Wie der Chor in Aischylos’ „Agamemnon“, so bewahren auch sie sich die Hoffnung, der Weg zur Weltmacht würde keine Opfer von ihnen fordern.

Privatdozent Dr. Jens Holzhausen wurde 1963 in Berlin geboren. Er habilitierte sich 1999 zum Thema „Abschied von Athen. Eine Studie zum Euripideischen Orestes“. Derzeit unterrichtet er in Erlangen am „Fridericianum“.