Der Iran sorgt immer wieder für heftige Debatten auf dem weltpolitischen Parkett... (Bild: Wikimedia)

...daher war es den Referentinnen und Referenten wichtig, ein differenziertes Bild des Landes zu zeichnen (von links: Günter Winkler, Birgitt Hoffmann, Fatemeh Pira, Dr. Roxane Haag-Higuchi (im Hintergrund) und Dr. Reza Hajatpour (Bilder: Martin Nejezchleba)

Hitzige Diskussionen: Dieser Zuhörer empörte sich über die vermeintliche Schwarz-Weiß-Malerei in der politischen Diskussion über den Iran

- Martin Nejezchleba

Vermeintliche Schurken und Schwarz-Weiß-Maler

Iran-Infoabend sorgt für Diskussionsstoff

Meinungs- und Pressefreiheit im Iran? Mit der in Deutschland sei diese nicht zu vergleichen – darüber waren sich die vier Expertinnen und Experten einig, die am 31. Januar im Rahmen eines Informationsabends über die gegenwärtige Situation im Iran berichteten. Die Veranstaltung wurde vom Lehrstuhl für Iranistik in Zusammenarbeit mit der Initiative „Bamberger Bürgerinnen und Bürger für Friedenssicherung“ organisiert. 

Jedoch gebe es einen öffentlichen Meinungsaustausch: Die aktuelle Situation im Nahen Osten, die entscheidende Rolle, die der Iran im Kampf um die Vormachtstellung in der krisengeschüttelten Region einnimmt sowie das umstrittene Atomprogramm werden in der iranischen Gesellschaft durchaus kontrovers diskutiert. Diese These bekräftigen sollten unter anderem Kurosa, eine iranische Emigrantin in Toronto, und Ali aus Teheran, deren Argumente bezüglich der aktuellen Situation in ihrer Heimat von der Doktorandin Fatemeh Pira gesammelt und an diesem Abend verlesen wurden. So spricht sich Kurosa gegen die Abschaffung des Atomprogramms aus, das sich ihrer Meinung nach noch innerhalb des Rahmens der Legalität bewegt. Ali hingegen moniert die schlechten Straßenverhältnisse im Iran, die jährlich Tausende von Verkehrstoten fordern und deren Ausbesserung eine sinnvollere Investition von Steuergeldern wäre als das Streben nach Atomwaffen. 

Theokratie trifft Demokratie

Unter der Moderation von Günter Winkler von der Initiative „Bamberger Bürgerinnen und Bürger für Friedenssicherung“ sprach zunächst Prof. Dr. Birgitt Hoffmann, Inhaberin des Lehrstuhls für Iranistik, über das politische System der Islamischen Republik Iran, die am 1. April 1979 vom damaligen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini ausgerufen wurde.

„Wir haben es im Iran mit einer einzigartigen Vermischung von theokratischen und demokratischen Elementen zu tun“, so die Quintessenz des Kurzbeitrags zum komplizierten politischen Gebilde „Islamische Republik“, deren oberster Souverän Gott, vertreten durch einen auf Lebenszeit zum Revolutionsführer ernannten Geistlichen, ist.

Wachsende Kritik?

Dr. Reza Hajatpour, Assistent am Lehrstuhl für Iranistik, referierte danach zum Thema  „Schwerpunkte des geistigen Diskurses in der islamischen Republik“, die er vor allem in der Debatte um die Verwestlichung des Irans, um seine kulturelle Identität und die Herrschaft der religiösen Rechtsgelehrten verortet. Die ersten beiden Punkte schufen laut Hajatpour die Basis für die islamische Revolution, da die in den siebziger Jahren kritisierte Überfremdung durch die westliche Kultur eine grundsätzliche Abkehr von der Modernisierung in der iranischen Gesellschaft zur Folge hatte.

Ein großer Teil der Bevölkerung fand sich in einem Identitätskonflikt, dessen Konsequenz die islamische Revolution war, da Religiosität als identitätsstiftendes Moment propagiert wurde und zugleich die Legitimation der Herrschaft der islamischen Rechtsgelehrten lieferte. Seit dem Tod Khomeinis sei nun laut der Einschätzung des Referenten eine größere Bereitschaft zum Dialog mit dem Westen im geistigen Diskurs zu erkennen, die Kritik an der islamischen Republik wird, wenn auch nicht öffentlich artikuliert, lauter.

Vitales Interesse an stabilen Verhältnissen

Das Iran-Bild in Deutschland wird vor allem durch die Außenpolitik bestimmt. Immer wieder sorgen neue Provokationen Mahmud Ahmadinejads in Richtung USA und Israel für Schlagzeilen, und die jüngste Entsendung weiterer US-amerikanischer Kriegsschiffe in den Golf machen eine Ausweitung der kriegerischen Handlungen auf den Iran immer wahrscheinlicher.

Dr. Roxane Haag-Higuchi, akademische Direktorin am Lehrstuhl für Iranistik, warnte vor einer reduktionistischen Darstellung der Tendenzen und politischen Strategien im Iran, die den komplizierten Verhältnissen und Abhängigkeiten nicht gerecht würden. Im Bestreben, eine regionale Hegemonialmacht zu werden, wende sich Iran gegen die starke Präsenz der USA im Nahen Osten, prinzipiell bestimme aber auch „ein vitales Interesse an stabilen Verhältnissen“ die Agenda der iranischen Außenpolitik.

Schwarz-Weiß-Malerei?

Im Anschluss an den Vortrag über die öffentliche Meinung im Iran von der DAAD-Stipendiantin Fatemeh Pira, die neben Zitaten iranischer Bürgerinnnen und Bürger zwei internationale Meinungsumfragen vorstellte, wurde dann unter der Leitung von Günter Winkler zur Podiumsdiskussion aufgerufen.

Neben Fragen zur Meinungsfreiheit im Iran und zu Möglichkeiten einer eventuellen bürgerlichen Opposition dominierte vor allem das Interesse am Außenbild des Iran, an dessen Atomprogramm und an der Rolle der USA. Ein Zuhörer machte dabei seiner Enttäuschung über die amerikanische Politik lauthals Luft, erinnerte an die langjährige Geschichte des Streits um den strategisch und rohstoffpolitisch interessanten Iran und an die „Schwarz-Weiß-Malerei“ westlicher Politiker. „Man will hier ein Land systematisch zerstören“, so der aufgebrachte Zuhörer.

Von den Referentinnen und Referenten wurde er insofern bestätigt, als durchaus Bemühungen um den systematischen Aufbau eines Feindbildes in der US-amerikanischen Politik zu erkennen seien. Jedoch solle man nicht vergessen, dass sich ein Land wie Israel nicht zu Unrecht bedroht fühle, wenn sich Ahmadinejad öffentlich dessen Verschwinden von der Landkarte wünscht und den Holocaust als Mythos abtut.
„Jemand, der konstant außenpolitisches Porzellan zerschlägt, ist natürlich gefährlich für die Stabilität im Nahen Osten“, konstatierte Haag-Higuchi und warnte vor einer Unterschätzung Ahmadinejads als jemanden, „der zwar bellt aber nur spielen will.“