Den Nobelpreisträgern ganz nah
Sie war völlig überrascht, als schließlich die Zusage aus Jerusalem kam. Carolin Stange hatte sich eigentlich keine großen Chancen ausgerechnet, als sie sich im Frühjahr 2008 für die Summer School an der Hebräischen Universität in Jerusalem beworben hatte. Doch dann lernte sie bereits ein paar Wochen später einige Nobelpreisträger kennen.
Die Summer School an der Hebräischen Universität ist ein renommiertes wissenschaftliches Programm. Als Carolin Stange auf Anraten der Professorin Edna Ullman-Margalit aus Jerusalem ihre Bewerbungsunterlagen an das dortige Institute for Advanced Studies schickte, war sie davon überzeugt, eine Absage zu bekommen. „Die anderen Bewerber haben alle Wirtschaftwissenschaften studiert“, sagt die Diplom-Romanistin. „Und ich habe meinen Abschluss in verschiedenen Sprachen erworben.“ Seit rund zwei Jahren ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Politische Theorie, dessen Inhaber Prof. Dr. Reinhard Zintl ist. Carolin Stange doziert unter anderem in den Bereichen Spieltheorie und Öffentliche Güter.
Themen, die sie für die Summer School „The Economics of Kenneth J. Arrow“ vom 27. Juni bis zum 8. Juli 2008 an der Hebräischen Universität qualifizierten. Der Begründer dieser Veranstaltung ist der Nobelpreisträger Kenneth Joseph Arrow. Gemeinsam mit John Richard Hicks erhielt er 1972 die Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaften. Arrow hatte 1990 die Summer School begründet und diese seitdem mit jährlich wechselnden Themen geleitet. Nach 18 Jahren legt der heute 87-jährige nun das Zepter aus der Hand. Die diesjährige Veranstaltung, die unter der Leitung des letztjährigen Nobelpreisträgers Eric Maskin stattfand, war deshalb Arrow und seinem Werk gewidmet. Insgesamt 14 Redner, davon sechs Nobelpreisträger, hielten in den zwei Wochen vor rund 40 Promotionsstudenten aus aller Welt ihre Vorträge. Für Carolin Stange ein Erlebnis, das sie so schnell nicht vergessen wird.
Mit welchen Erwartungen sind Sie nach Jerusalem gegangen?
Zum einen wollte ich natürlich so viel Wissen wie möglich aus der Veranstaltung mitnehmen. Wann hat man schon mal die Möglichkeit, sich Vorträge von Nobelpreisträgern anzuhören? Ich habe dort einiges gelernt, was ich natürlich auch in meinen eigenen Veranstaltungen hier an der Universität und für meine Dissertation nutzen kann. Auf der anderen Seite haben mich das Land Israel und die Stadt Jerusalem selbst sehr gereizt. Die Erwartungen, die ich im Vorfeld hatte, wurden allerdings zum größten Teil übertroffen. Die Bilder und Eindrücke, die man aus dem Fernsehen kennt, sind doch ganz andere als diejenigen, die man dort vor Ort bekommt. Insgesamt muss ich sagen, dass mich das alles sehr fasziniert hat. Die unterschiedlichen Religionen und Kulturen sind so präsent in dieser Stadt, man wird ständig damit konfrontiert. Abgesehen davon ist Jerusalem sehr schön, besonders der Felsendom ist einzigartig.
Wie ist das Leben als Tourist in Jerusalem? Ist man stark eingeschränkt?
Im Grunde kann man sich als Tourist schon frei bewegen. Man sollte natürlich einige Regeln beachten. Gerade als Frau ist es wichtig, wenig nackte Haut zu zeigen. Zudem sollten Touristen öffentliche Verkehrsmittel meiden. Gerade hier werden immer wieder Anschläge verübt. Aber insgesamt ist es dort für Touristen, soweit ich das beurteilen kann, nicht wirklich gefährlich, solange man nicht leichtsinnig ist. Obwohl in Israel und gerade in Jerusalem die verschiedenen Religionen aufeinander treffen, ist es in der Stadt selbst recht entspannt. Die Religionen zumindest scheinen sich in der Stadt miteinander arrangiert zu haben, um friedlich koexistieren zu können. Die Konflikte scheinen eher politisch motiviert zu sein, das heißt, zwischen Israelis und Palästinensern zu schwelen.
Kein Funken Angst dabei, wenn man sich durch die Stadt bewegt?
Den nötigen Respekt sollte man bei einem Besuch in Jerusalem schon haben, aber richtige Angst hatte ich eigentlich nie. Dafür war ich dann wohl doch zu neugierig. Und ob einem etwas passiert, hängt ja doch in hohem Maße davon ab, wie man sich verhält und wohin man sich begibt. Dinge, die man selbst entscheiden kann. Dennoch ist es befremdlich, wenn man auf der Straße Menschen mit Waffen sieht. Es ist absurd, ein junges Mädchen zu sehen, das unter der Last seines Maschinengewehrs fast zusammenbricht. Auch wenn es legal ist. Während unseres Aufenthalts gab es unweit der Universität einen kleinen Anschlag. Danach ist man natürlich etwas vorsichtiger, aber sich deswegen im Hotel zu vergraben, halte ich für die falsche Wahl.
Wie darf man sich die Universität vorstellen? Besondere Eindrücke, die Sie mitgenommen haben?
Die Hebräische Universität ist relativ groß. Es gibt dort rund 20.000 Studenten, also mehr als doppelt so viele wie hier bei uns in Bamberg. Die sieben Fakultäten sind, ähnlich wie bei uns, in Innenstadt-Universität und Außenstelle aufgeteilt. Beeindruckend angelegt war der Campus: alles grün und voll mit Blumen. Die Studenten können sich in einer freien Minute auf die Wiesen legen und bei den unglaublich heißen Sommertemperaturen kurz durchatmen. Bei der guten Verpflegung durch die Universität hatten wir das Glück, meist mit den Rednern und Nobelpreisträgern zu essen.
Was ich hier noch erwähnen möchte, ist die unglaubliche Freundlichkeit und Solidarität der einzelnen Nobelpreisträger. Die waren wirklich alle sehr nett und zugänglich, überhaupt nicht abgehoben.
Was haben Sie aus den zwei Wochen Summer School mit nach Deutschland genommen?
Erst einmal sehr viele verschiedene Eindrücke und Erfahrungen. Ich habe dort sympathische Menschen aus aller Welt kennen gelernt. Und natürlich habe ich einiges über Wirtschaftstheorien und Ökonomie gelernt, was ich zukünftig gut anwenden kann. Sicherlich werden die Studierenden der kommenden Veranstaltungen also mit von der Summer School profitieren.