Angst vor einer neuen Ungleichheit im Bildungssystem durch Studiengebühren - diese Studentinnen wehren sich (Bild: Martin Beyer)
Die Vollversammlung in der U7 mündete in einer Spontandemo (Bilder: Katrin Sell)
Eine Sitzblockade stoppte den Verkehr auf der Kapuzinerstraße für eine Viertelstunde
Reinhard Zintl erläutert die Sicht der Hochschulleitung
"Edmund Stoiber, Bildungsräuber!"
"Edmund Stoiber, Bildungsräuber!" und "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut!" – was als studentische Vollversammlung begann, entwickelte sich zu einer Spontandemo. Bei einer Sitzblockade auf der Kapuzinerstraße skandierten rund 500 Studierende am 7. Juni bekannte Sprüche. Sie wollten so gegen die Einführung von Studiengebühren demonstrieren.
„Ich bin positiv überrascht, dass so viele Studis zur Vollversammlung gekommen sind. Das zeigt, dass die Studierenden das neue Bayerische Hochschulgesetz, in dem Studiengebühren festgeschrieben sind, nicht mittragen“, sagte Michi Schmitt, studentischer Senator an der Universität Bamberg. Die Studierendenvertreter hatten zu einer Vollversammlung in der U7 aufgerufen. Tagesordnungspunkte waren: das neue Bayerische Hochschulgesetz (BayHSchG), Studiengebühren, die finanzielle Situation und Demokratie an der Hochschule.
Viele Fragen, kaum gesetzliche Antworten
Sebastian Schlockermann vom Sprecherrat erläuterte bei der Vollversammlung den neuen Aufbau der Hochschulgremien, der seit 1. Juni in Kraft ist: „Es gibt unter anderem eine Kompetenzverlagerung hin zum Hochschulrat, der studentische Einfluss wird massiv abgebaut.“ Im Anschluss darin beantwortete der Studierendenvertreter Jojo Kopf Fragen zu Studiengebühren. Fragen gab es viele, Antworten nicht immer: Noch immer sei nicht klar, ob ein Doppelstudium auch doppelte Gebühren nach sich ziehe, auch die Härtefallregelungen seien im Gesetz nicht konkretisiert.
Öffentliche Anhörung am 5. Juli im Audimax
Für Universitäten ist ab dem Sommersemester 2007 die Einführung von 300 bis 500 Euro so genannter Bildungsbeiträge vorgesehen – über grundsätzliche Regelungen entscheidet eine Senatssitzung am 27. Juli. Davor gibt es eine öffentliche Anhörung zum Thema Studiengebühren am 5. Juli um 14 Uhr im Audimax in der Feldkirchenstraße, bei der Studierende ihre Meinung einbringen können. Die Studierendenvertreter forderten dazu auf, zu dieser Anhörung zu kommen.
Zur Verwendung der Gebühren kann in Bamberg eine paritätisch mit neun Studierenden und neun Professorinnen und Professoren besetzte Kommission der Hochschulleitung Vorschläge machen – an den anderen bayerischen Universitäten sind weit weniger Studierende beteiligt. Die Resonanz der Studierenden auf die Frage von Jojo Kopf, wie die Studierendenvertretung weiterhin ihre Haltung für ein gebührenfreies Studium vertreten solle, war breit gefächert: Streik, Klagen, Boykott der Zahlungen, Boykott der Mitarbeit in der Kommission, weiterhin die Anti-Haltung vertreten, aber auf Mitwirkungsrechte nicht verzichten – alles wurde genannt.
Sitzblockade aus Protest gegen Gebühren
Nach den ersten beiden Tagesordnungspunkten war jedoch Schluss: Die Studierenden verließen den Raum zu einer spontanen Demonstration – die Entscheidung dazu war fast einstimmig gefallen – und strömten in Richtung Kapuzinerstraße. Dort hielten sie mit einer Sitzblockade für rund 15 Minuten den Verkehr an und taten mit Rufen wie „Edmund Stoiber, Bildungsräuber“ ihre Sorgen kund. „Ich finde diese Kundgebung wichtig. Ein Journalist hat mal gesagt, Deutschland sei das Volk der Dichter und Denker und verharre im Denken. Die Bamberger Studierenden haben in Bayern den Ruf als Macher, und das ist gut. Wir müssen uns jetzt gegen Gebühren einsetzen – auch aus Solidarität, denn Studiengebühren betreffen auch unsere Nachfolger, und die Höhe der Gebühren dann ist noch gar nicht absehbar“, sagte Alex Towarnicki, die bis vor kurzem an der FH Coburg studierte. Die Befürchtung, dass die momentane Regelung nur den Einstieg in die Ökonomisierung und Privatisierung von Bildung bedeutet und sich die Gebühren stark erhöhen werden, teilten viele Studierende. „Schon allein, weil so viel in die Verwaltung fließt, wird aus Rentabilitätsgründen eine Erhöhung kommen“, gab ein Student zu bedenken. „Studiengebühren sind immer unsozial. Sie sind nicht gerechtfertigt, und deshalb müssen wir darauf hinarbeiten, dass das Gesetz wieder geändert wird“, fand ein Geschichtsstudent im 2. Semester; eine Kommilitonin im 6. Semester fürchtete sich vor dem „potenziellen Schuldenberg ohne Auffangregelungen“.
Die beiden Studenten Daniel Schreiner und Christoph Braun, beide wegen eigenen Kindern bzw. mehreren Geschwistern laut Gesetz von den Gebühren befreit, bemängelten: „Die Verwendung der Mittel ist völlig unklar. Zudem werden die Gebühren an der Mittelknappheit nichts ändern.“ Nach Auskunft der Studierendenvertretung bezieht die Uni Bamberg im Jahr 40 Millionen Euro staatliche Mittel, abzüglich Verwaltungskosten und Fondsabgabe würden die Gebühren fünf bis sechs Prozent des staatlichen Etats ausmachen. „Damit wären gerade mal die Etat-Kürzungen von 2003 wettgemacht“, kritisierte der studentische Senator Thomas Lörner.
Maximalhöhe in Bayern
Die Sicht der Hochschulleitung erläuterte im Anschluss an die Sitzblockade Prorektor Prof. Dr. Reinhard Zintl im Innenhof vor der K16. Er gab zu bedenken, dass die Mitsprache der Studierenden über die Verwendung der Gebühren durch das paritätisch besetzte Gremium gesichert sei. Für Grundsatzentscheidungen über das Ob von Studiengebühren sei er aber nicht der richtige Ansprechpartner. Adressat hiervon sei vielmehr der Landtag. Er erklärte auch, dass die bayerischen Universitäten den gleichen Studiengebührensatz nehmen wollen, „um falsche Wettbewerbsansätze zu verhindern“ – wegen des knappen Budgets haben sich die bayerischen Universitätsleitungen im Vorfeld auf die Höchstgrenze von 500 Euro geeinigt. Die Universität sähe bei der Höhe wegen der Mittelknappheit keine Spielräume.