Die vier Gäste aus der Praxis diskutierten miteinander, mit Bamberger BWL-Professorinnen und Professoren...

...und mit Studierenden.

Björn Ivens moderierte das Gespräch.

- Monica Fröhlich

Unternehmen sucht: authentische Person!

Vier Vertreter aus der Wirtschaft diskutieren über Ein- und Aufstieg

Schon die Biographien der vier Gäste aus der Wirtschaft, die die Veranstaltungsreihe der Career Days an der Universität Bamberg mit einem Podiumsgespräch auf Einladung der Bamberger BWL-Professoren eröffneten, hätten unterschiedlicher nicht sein können: Da ist der Bamberger Alumnus Dr. Joachim Deinlein, der als Unternehmensberater für Booz & Company arbeitet; Beratungsschwerpunkt: Automotive. Sein Werdegang lässt sich noch als direkt beschreiben. In verschiedenen Unternehmen hat der strategisch arbeitende, promovierte Wirtschaftswissenschaftler die unterschiedlichsten Branchen kennen gelernt: Nähmaschinenhersteller, Mobilfunk- und Finanzunternehmen. Heute ist er Mitglied der Geschäftsleitung.

Ganz anders Stabilo-Personalchefin Dr. Andrea Schmölz: Die studierte Sinologin ist erst spät in den Personalbereich geraten. Die Liste der Firmen, in denen sie ihre Erfahrungen in der Personalbetreuung und -entwicklung gesammelt hat, ist ansehnlich und international: Hertie, Nestlé, Bauknecht, Stabilo. Helge Kochskämper ist Personalchef bei tesa. Nach dem Studium bei der Bundeswehr hat er zunächst noch acht Jahre dienen müssen. Und Hans-Martin Sandleben, Prokurist bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. Kleeberg & Partner, entdeckte seine Leidenschaft fürs Rechnungswesen während eines Studiums, das er zunächst eher „aus Verlegenheit“ gewählt hatte.

Finde Deinen Weg

Ein wesentliches Element ihrer Erfahrungen teilten die Referenten des Abends bei aller Unterschiedlichkeit der Werdegänge: Alle vier ermutigten die Studierenden, einen Weg zu finden, der sich an Interessen und Leidenschaften orientiert, denn sowohl das kleinere Familienunternehmen als auch die internationale Beratungsfirma suchen vor allem authentische Menschen. Fähigkeiten, die aus reinem Kalkül erworben werden, würden schnell als unecht entlarvt. Während Brüche im Lebenslauf oder ungewöhnliche Fähigkeiten unter Umständen nützlich sein könnten. Die Einstiegs-Strategie, die sich am Abend herauskristallisierte, ließe sich so ungefähr so zusammenfassen:

1. Folge Deinen Interessen und versuche schon während des Studiums eine Richtung zu finden und Dich zu spezialisieren.

2. Analysiere den anvisierten Markt und den dort vorherrschenden Wettbewerb.

3. Bewirb Dich dort, wo Du aufgrund Deines Hintergrunds hin passt.

Die Gäste aus der Wirtschaft waren sich im übrigen einig, dass die Krise zwar durchaus in ihren Unternehmen spürbar sei, auf den Karriereweg habe sie jedoch keine relevanten Auswirkungen. Krise hin oder her – die Unternehmen suchen Menschen mit Profil, nicht nur mit strategisch günstigen Qualifikationen. Haben sie sich für eine Einstellung entschieden, wird in der Regel gut für die Einsteiger gesorgt. Booz & Company finanziert neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern z.T. sogar einen Master-Abschluss.

Karrierebegriff sorgfältig definieren

Ein weiterer wichtiger Hinweis für die Absolventinnen und Absolventen erfolgte unter dem Stichwort „Aufstieg“. Im Berufsleben gelte es auch zu wissen, welche Art von Aufstieg einem wichtig sei, denn nicht alle Unternehmen böten klassisch-hierarchische Aufstiegsmöglichkeiten. Das Familienunternehmen Stabilo beispielsweise bietet Entwicklungsmöglichkeiten im Sinne eines „Zuwachses an Verantwortung“ und viel Gestaltungsspielraum im Alltag, erklärte Schmölz. Die Entwicklung „in die Breite“ kann unter Umständen einen besonderen Reiz darstellen, das betonte auch Kochskämper, der sich nach einigen Erfahrungen im Touristikunternehmen TUI bewusst gegen die Firma entschied, weil sie zu groß war. Für eine Weiterentwicklung sind unter Umständen auch weitere Qualifikationsschritte nötig. Sandberg beispielsweise hat nach dem Studium noch zwei Prüfungen absolviert: eine zum Steuerberater und eine zum Wirtschaftsprüfer. Ohne dies wäre er heute nicht Prokurist.

Karriere ist also auch eine Frage der Definition. Unter die Frage „Was ist mir im Beruf wichtig“ gehört auch eine Definition der Lebensform, die man sich wünscht. Unter dem Stichwort „Work-Life-Balance“ wurden denn auch ganz unterschiedliche Modelle gezeigt. Die Bandbreite reicht von gezielten Maßnahmen wie längeren Freistellungen in der anstrengenden Beraterbranche bis zu einer im Familienunternehmen „täglich gelebten“ Balance. Schmölz wies dabei sehr direkt darauf hin, dass sie Bewerberinnen und Bewerber ablehnt, die gleich zu Beginn nach „Kuschelecken“ suchen. Damit signalisiere man unter Umständen schon zu Beginn, dass sich das Engagement in Grenzen halten wird.

Beschäftigung international

Allen, die sich für eine internationale Beschäftigung interessierten, konnten die Gäste vielfältige Möglichkeiten anbieten: Bei Booz & Company lässt sich ein internationaler Einsatz verhältnismäßig leicht organisieren: Für internationale Projekte wechselt man schnell einmal das Büro, wenn man die Anforderungen für den jeweiligen Auslandsaufenthalt erfüllt. Bei tesa bewirbt man sich direkt im Ausland, während die deutsche Zentrale den Auslandskontakt herstellt. Bei Stabilo gibt es keine internationale Karriere, dafür ist der Alltag aufgrund der Unternehmensstruktur bereits international geprägt.