Maria Steger lacht.Benjamin Herges / Universität Bamberg

Maria Steger erzählt der Redaktion im Interview von ihrer Zeit an der Universität.

Maria Steger sitzt mit zwei Frauen an einem Tisch.Benjamin Herges / Universität Bamberg

Maria Steger wird von Kolleg*innen und Studierenden vor allem für ihre Nahbarkeit und ihren wertschätzenden Umgang mit anderen Universitätsangehörigen geschätzt.

Ein Kuchen auf einem Teller. Im Hintergrund sitzt Maria Steger.Benjamin Herges / Universität Bamberg

Backen ist eine ihrer großen Leidenschaften. So hat Maria Steger auch zum Interview einen Kuchen mitgebracht.

- Hannah Fischer

"Emanze der ersten Stunde"

Maria Steger, Leiterin der Studierendenkanzlei und des Eltern-Service-Büros, geht in den Ruhestand.

Nach mehr als 30 Dienstjahren an der Universität Bamberg verabschiedet sich Maria Steger am 31. März in den Ruhestand. Sie hat die Studierendenkanzlei und das Eltern-Service-Büro geleitet und war Vorsitzende der Projektgruppe „Familiengerechte Hochschule“. Sie hat die Universität Bamberg maßgeblich zu einer familiengerechteren Hochschule gemacht und wird von Kolleginnen und Kollegen wie Studierenden gleichermaßen geschätzt. Bei Kaffee und Kuchen gibt Maria Steger zum Abschied einen Einblick in ihre Jahre an der Universität, erzählt von bewegenden Geschichten und warum ihr Familienfreundlichkeit so wichtig war und ist.

Liebe Frau Steger, Sie waren Leiterin der Studierendenkanzlei. Wie viele Studierende haben sich während Ihrer Zeit dort an der Universität eingeschrieben?

Maria Steger: Ganz genau weiß ich das nicht. Aber hochgerechnet waren es etwa 70.000 bis 75.000 Studierende in den mehr als 25 Jahren, in denen ich in der Studierendenkanzlei gearbeitet habe. In den Jahren zuvor war ich in der Personalabteilung der Universität tätig.

So viele Menschen. Das bedeutet auch viele Einzelgeschichten. Ist Ihnen davon eine besonders bewegende in Erinnerung geblieben?

Ich kann mich noch an viele Geschichten erinnern – damit könnte man ganze Bücher füllen. Es gab lustige, aber auch viele traurige Geschichten. Ich habe die Arbeit in der Studierendenkanzlei deshalb so gerne gemacht, weil man viel Kontakt zu Menschen hat, die zu einem kommen, wenn sie Sorgen haben, aber auch, wenn sie glücklich sind und erzählen wollen. Das hat mir in den vergangenen zwei Jahren während der Pandemie sehr gefehlt.

Eine ganz emotionale und traurige Geschichte, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist: Ein Student hat seinen Vater gepflegt bis er verstorben ist. Am Anfang kam er natürlich zu uns, um sich Informationen zu holen, welche Möglichkeiten er mit Beurlaubungen oder ähnlichem hat. Weil aber die ganze Familie so sehr betroffen war, sodass es zu Hause immer nur um das eine Thema ging, ist er alle paar Wochen vorbeigekommen, um einfach zu quatschen. Wir haben gemeinsam geweint und gelacht. Das war überaus emotional und hat mich sehr berührt.

Fristen an der Universität sind oft sehr streng und immer wieder gibt es Studierende, die einen Abgabetermin einer Hausarbeit oder auch die Rückmeldung zum neuen Semester verpassen. Gab es viele Tränen von Studierenden, die bei Ihnen im Büro standen?

Da gab es ganz viele. Meistens war das „große Problem“ aber kein Problem. Die Studierendenkanzlei ist nicht das Prüfungsamt. Bei Prüfungsterminen ist das etwas anderes, weil es da oft keinen Spielraum gibt. Unsere Fristen wie etwa die Rückmeldung sind etwas lockerer. Solange der Exmatrikulationslauf noch nicht gestartet ist, ist eine Rückmeldung auch nach der Frist noch möglich. Und selbst wenn die Exmatrikulation eingeleitet ist, können die Leute weiterstudieren, sofern sie nicht in einen zulassungsbeschränkten Studiengang eingeschrieben sind. Sie müssen sich nur wieder einschreiben. Aber in Sachen Exmatrikulation hatten wir schon alles – auch weinende Eltern. Klar ist der Exmatrikulationsbrief im ersten Moment ein Schock, wenn man die Zahlung des Rückmeldebetrages vergessen hat. Wir versuchen schon extra die Briefe am Montag wegzuschicken, damit sie nicht am Freitag ankommen und die Studierenden das ganze Wochenende Ängste und Sorgen haben, sondern gleich anrufen können. Wir haben ungefähr 1.000 Studierende pro Semester, die sich nicht fristgemäß rückmelden. Es wäre für uns eine irrsinnige Arbeitserleichterung, wenn die Studierenden das pünktlich erledigen würden.

Sie haben die Universität Bamberg maßgeblich zu einer familiengerechteren Hochschule gemacht. Was waren dabei aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine?

Das wichtigste überhaupt ist meiner Meinung nach, dass Familienfreundlichkeit gelebt wird. Das Umdenken in den Köpfen der Mitglieder der Universität anzustoßen war mein zentrales Anliegen. Als ich anfing haben mir schwangere Studentinnen noch erzählt, dass ihnen Professoren, mit denen sie aufgrund der Schwangerschaft das Gespräch suchten, gesagt haben: „Meine Frau hat mit dem Studium aufgehört als sie schwanger war.“ Solche Geschichten habe ich in den vergangenen Jahren Gott sei Dank nicht mehr zu hören bekommen.

Ein wichtiger Meilenstein war, dass die Projektgruppe „Familiengerechte Hochschule“, die es seit 2001 gibt, eine Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes erwirken konnte. Bis dato war es so, dass sich studierende Eltern beurlauben, aber trotzdem Prüfungsleistungen ablegen konnten. Studierende, die Angehörige pflegen, hatten diese Möglichkeit nicht. Sie konnten sich zwar beurlauben lassen, aber es Stand nicht im Gesetz, dass sie während dieser Zeit Prüfungsleistungen erbringen können. Ich fand das ganz ungerecht. Ein Kind zu erziehen ist eine schöne Sache. Aber wenn man jemanden pflegt ist es noch viel wichtiger hin und wieder die Uni besuchen zu können, um auch mal rauszukommen und dann trotzdem eine Prüfung ablegen zu dürfen. Gerade auch für den Studenten, der seinen kranken Vater gepflegt hat, war diese Möglichkeit sehr wichtig.

Außerdem halte ich Kinderbetreuungseinrichtungen für essentiell. Die Universität hat in meiner Amtszeit zwei Einrichtungen eröffnet: Die Kindervilla an der Universität und die Großtagespflegestelle auf der ERBA. Die sehr gut funktionierende Projektgruppe, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern der unterschiedlichen Statusgruppen der Uni zusammensetzt, sollte meiner Meinung nach weitergeführt werden. Sie ist eine Ideenschmiede für weitere Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit.

Warum liegt Ihnen persönlich das Thema familiengerechte Hochschule am Herzen?

Ich liebe Kinder über alles und ich hatte das Glück in den letzten Jahrzehnten so viele Kinder von Studierenden im Arm halten zu dürfen. Das war mir eine große Freude. Außerdem würde ich mich als Emanze der ersten Stunde bezeichnen. Ich komme selbst von einem Bauernhof und fand es immer gut, dass meine Eltern gemeinsam gearbeitet haben. Jeder hatte seine Aufgabe, aber niemand hatte dabei eine bestimmte Rolle und so sollte es eigentlich in allen Bereichen sein. Für mich persönlich war immer klar, dass ich Familie und Beruf verbinden möchte. Diesen Balanceakt zu schaffen ist nicht immer einfach. Dafür müssen Strukturen geschaffen werden. Dazu gehört auch, dass beide Eltern volle Verantwortung übernehmen –  nicht nur die Frau.

Sie wurden und werden an der Universität vor allem für Ihre Nahbarkeit und Ihren wertschätzenden Umgang mit anderen Universitätsangehörigen geschätzt. Welche Aspekte waren Ihnen im Umgang mit den anderen Menschen an der Universität immer besonders wichtig?

Bei dieser Frage fällt mir zuerst das Stichwort „Zuhören“ ein. Ich glaube das ist das Allerwichtigste. Und natürlich der Wille zu helfen.

Wir haben gehört, dass Sie oft Kuchen mit in die Arbeit gebracht haben. Was denken Sie, wie viele Kuchen es insgesamt waren?

Diese Frage kann ich tatsächlich nicht beantworten. Wir haben zum Beispiel 15 Jahre lang alle vier beziehungsweise sechs Monate Eltern-Kind-Treffen veranstaltet, für die ich immer jeweils drei bis fünf Kuchen gebacken habe. Aber das ist selbstverständlich für mich. Am meisten haben wir die Kolleginnen und Kollegen beim deutschlandweiten Treffen der Sekretariatsleiterinnen und Sekretariatsleiter verblüfft. Damals sind mehr als 300 Leute nach Bamberg gekommen. Meine Kolleginnen und Kollegen der Studierendenkanzlei und ich haben für das Event alle Kuchen selbst gebacken. Aber ich backe auch wirklich leidenschaftlich gerne.

Gibt es etwas, das Sie an der Universität besonders vermissen werden?

Vor kurzem habe ich einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung gelesen, in dem der Pressesprecher der Kanzlerin interviewt wurde. Er hat gesagt, dass das Aufhören auch zur Aufgabe gehöre. Das spricht mir aus der Seele. Ich habe immer gewusst, dass es ein Leben nach der Uni gibt und, dass mir das Leben gut gefallen wird. Ich bin jeden Tag gerne in die Arbeit gegangen und ich hatte einfach gerne mit den Studierenden zu tun. Die Kolleginnen und Kollegen sind teilweise auch Freunde geworden. Sie werde ich auch im Ruhestand noch treffen. Ich habe meine Arbeit geliebt, aber das Leben nach der Uni wird auch großartig sein.

Sie starten jetzt in einen neuen Lebensabschnitt. Haben Sie schon Pläne dafür?

Ich halte nicht viel von Plänen, weil man heutzutage kaum Pläne machen kann, wie man ja seit zwei Jahren sieht. Aber auch vorher habe ich nie große Pläne gemacht, denn wenn man einen Plan macht, kommt es ganz sicher anders als man es sich vorgestellt hat. Aber ich habe viel zu tun: Ich habe einen großen Garten und einen Brotbackofen, gehe viel wandern und vermiete eine Ferienwohnung, in die immer ganz interessante Gäste kommen. Man muss sich bewusst machen, dass man in die letzte Phase des Lebens startet und man sollte es sich schön und gemütlich machen, solange man kann. Und das mache ich jetzt!

Vielen Dank für das Interview!