Christopher Lucas (li.) und Manfred Krug (re.) teilen das Interesse für Sprachkontakt und Sprachwandel ...
Forschung zum Maltesischen und zum maltesischen Englisch
Der britische Wissenschaftler Christopher Lucas verbringt derzeit 10 Monate an der Universität Bamberg. Mit dem renommierten Humboldt-Forschungsstipendium für Postdoktoranden ausgezeichnet, forscht der Sprachwissenschaftler am Lehrstuhl von Manfred Krug zum Maltesischen und zum maltesischen Englisch.
Seit September ist der Brite Dr. Christopher Lucas in Bamberg am Lehrstuhl für Englische Sprachwissenschaft einschließlich Sprachgeschichte von Prof. Dr. Manfred Krug. Die beiden trafen sich erstmals 2009 anlässlich einer Summer School zum Maltesischen. 2012 folgte Lucas einer Einladung Krugs nach Bamberg und hielt einige Gastvorträge vor Bamberger Linguisten und Anglistik-Studierenden.
Nebenbei fand er Gefallen an der Universitäts- und Welterbestadt: „Bamberg ist eine wundervolle Stadt zum Forschen und Leben.“ Und so kamen die beiden Wissenschaftler auf die Idee, Lucas für das Humboldt-Forschungsstipendium vorzuschlagen. Der Antrag war erfolgreich. Jetzt kann Lucas als Humboldt-Stipendiat zehn Monate in Bamberg zu seinem Projekt „Noun Phrase Variation in Maltese and Maltese English“ forschen.
Die Besonderheiten des Maltesischen
Sowohl Maltesisch als auch Englisch haben in Malta den Status einer Amtssprache. „Sozio-politisch betrachtet ist Maltesisch eine eigene Sprache. Aus historischer Perspektive ist das Maltesische jedoch ein arabischer Dialekt“, erläutert Lucas. Die Araber brachten im 9. Jahrhundert ihre Sprache mit nach Malta. Mit der Anbindung Maltas an den katholisch-europäischen Kulturraum nahm der Einfluss der arabischen Hochsprache ab. „Ab der Frühen Neuzeit hatte der arabische Dialekt Maltas stattdessen intensiven Kontakt zur romanischen Welt“, führt Lucas aus.
Das zeigt sich am Maltesischen in seiner heutigen Form deutlich: Anstelle des arabischen Alphabets verwendet Maltesisch als einzige semitische Sprache das lateinische Alphabet. Auch im Wortschatz offenbaren sich viele verschiedene Einflüsse: Mehr als 30 Prozent des Vokabulars stammt aus dem Englischen und romanischen Sprachen. „Mein Hauptinteresse gilt den grammatischen Strukturen des Maltesischen“, erläutert Lucas. „Auch diese tragen deutliche Spuren der multilingualen Vergangenheit Maltas.“
Verknüpfung von Arabistik und Sprachwissenschaft
Lucas absolvierte ein Arabistik-Studium an der School of Oriental and African Studies (SOAS) der University of London. „In diesem Rahmen lernte ich verschiedene Varietäten des Arabischen kennen“, erläutert er. Sein Masterstudium sowie seine Promotion erfolgten im Bereich Sprachwissenschaft in Cambridge – immer auch mit Bezug zum Arabischen. Seine Doktorarbeit etwa befasste sich mit der Entwicklung von Negationsformen im Arabischen. Lucas hat in international renommierten Zeitschriften wie dem Journal of Linguistics und bei Verlagen wie Oxford University Press veröffentlicht.
Dies ist eine der zahlreichen Voraussetzungen für die Bewerbung um ein Stipendium der Humboldtstiftung, die sich explizit als Einrichtung zur Exzellenzförderung versteht. Das Stipendium ist für Wissenschaftler aus dem Ausland vorgesehen, die ihre Promotion vor nicht mehr als vier Jahren abgeschlossen haben. Mit dem Humboldt-Forschungsstipendium für Postdoktoranden haben sie die Möglichkeit, ein selbst gewähltes, langfristiges Forschungsvorhaben von 6 bis 24 Monaten in Kooperation mit einem selbst gewählten wissenschaftlichen Gastgeber an einer Forschungseinrichtung in Deutschland durchzuführen.
„Dr. Lucas wurde in einem außerordentlich kompetitiven Bewerbungsverfahren ausgewählt und hat somit eine hohe Hürde überwunden“, weiß auch Krug. Im Vorfeld des Projekts musste der Lehrstuhlinhaber eine ausführliche gutachterliche Stellungnahme zu Lucas’ akademischem Profil und Forschungsvorhaben verfassen.
Enge Beziehungen der Bamberger Anglistik zu Malta
Auch Krug selbst forscht intensiv zur maltesischen Varietät des Englischen – ein weiterer Grund, weshalb sich Lucas für ihn als Gastgeber seines Forschungsprojekts entschieden hat. Der Bamberger Lehrstuhl für Englische Sprachwissenschaft wirkt am International Corpus of English (ICE) mit, einer Sammlung elektronischer Textdatenbanken zu nationalen und regionalen Varietäten des Englischen. „Wir digitalisieren eine Million gesprochene und geschriebene Wörter für das Korpus zum maltesischen Englisch“, so Krug. Aus dieser Quelle und einem Fundus von Fragebogenerhebungen schöpfen die beiden für ihre gemeinsamen Forschungsprojekte.
Die Beziehung von Krugs Lehrstuhl zur Universität Malta ist eng. Er unterhält eine Partnerschaft mit den dortigen Instituten für Englisch und Linguistik und fungiert regelmäßig als externer Prüfer bei Bachelorprüfungen und Promotionen. Jedes Jahr verschlägt es mehrere Bamberger Anglistik-Studierende für ein oder zwei Auslandssemester an die Universität Malta. „Malta hat aufgrund seiner besonderen geographischen, kulturellen und sprachlichen Situation einen gewissen Zauber für unsere Studierenden“, führt Krug aus. Bereits drei Exkursionen bot er nach Malta an – jeweils im Rahmen eines Hauptseminars. „Die Studierenden führten während der Woche in Malta selbst Erhebungen durch, die sie für ihre Seminararbeiten auswerteten.“
Verknüpfung vom Maltesischen und maltesischem Englisch
Wie das Maltesische zeugt auch das maltesische Englisch von verschiedensten Einflüssen durch Kontaktsprachen. Die Verknüpfung der Sprachen im Rahmen von Lucas’ Forschungsprojekt erscheint daher schlüssig. „Mir geht es um Variation in beiden Sprachen“, erläutert er. Beispiele aus dem Maltesischen hat er gleich mehrere parat. Eines davon: „Im Maltesischen erhalten Substantive, verknüpft mit einer Zahl von 2 bis 10, oft ein t-Präfix, aber längst nicht immer. Ich möchte herausfinden, welche Muster dahinter stecken.“
Auffälligkeiten finden sich auch im maltesischen Englisch. So weist Krug darauf hin, dass hier bisweilen der bestimmte Artikel wegfällt. ‚You have to talk to receptionist‘ sei hier beispielsweise durchaus geläufig. In beiden Fällen hat die Forschung bislang noch keine grammatikalischen Regelmäßigkeiten ausmachen können. Lucas’ Forschungsprojekt soll Abhilfe schaffen. Erste Ergebnisse wollen er und Krug im März 2015 auf einer Konferenz zum Thema Zweisprachigkeit präsentieren.
Hinweis
Diesen Text verfasste Andrea Lösel für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er kann für redaktionelle Zwecke verwendet werden.
Bei Fragen oder Bilderwünschen kontaktieren Sie die Pressestelle bitte unter der Mailadresse medien(at)uni-bamberg.de er Tel: 0951-863 1023.