Dietrich Dörner (links) wurde zum Abschied reich beschenkt, unter anderem von Dekan Bedford-Strohm (Bilder: Sarah Laila Standke)

Der renommierte und beliebte Psychologie-Professor in seinem Element: am Pult

Mit zwei weinenden Augen verabschiedeten die Zuhörerinnen und Zuhörer Dietrich Dörner in der AULA

- Sarah Laila Standke

To PSI or not to PSI

Dietrich Dörner hielt seine Abschiedsvorlesung in der AULA

„Psychologie quo vadis?“ Diese Frage stellte sich Dietrich Dörner in seiner Abschiedsvorlesung am 14. Juli. Im vollen Saal der AULA der Universität gab der Bamberger Professor für Allgemeine und Theoretische Psychologie einen Über- und Ausblick über sein Fach, dessen Probleme und dessen Zukunft.

Von Menschen und Mäusen: Am Beispiel von virtuellen, auf der Leinwand herumwuselnden Mäusen begann Dietrich Dörner am 14. Juli seine Abschiedsvorlesung in der AULA der Universität, die sich schnell als Kritik am Primat des Empirisch-Experimentellen in seiner Disziplin herausstellte. „Um eine Geschichte herauszufinden, braucht man auch Theorien, besonders für den Bereich kognitiver Prozesse, wie etwa bei den Mäusen.“ Hier setzte Dietrich Dörner an mit der Bemängelung des wissenschaftlichen Aufbaus und der Vorgehensweise der heutigen Psychologie: Die Spartentrennung, etwa in Gedächtnispsychologie, Wahrnehmungspsychologie und Entwicklungspsychologie, die „Punkteideologie“, das in den Vordergrundstellen der Methodik an Stelle des Inhalts, dies alles fordere seine Opfer, die Dörner anhand einer Liste darstellte. Er ließ also die Krisensymptome seines Fachs nicht außer Acht und zeigte dazu exemplarisch den allzu sehr vergötterten Sigmund Freud als „wiederauferstandene Leiche“ auf Zeitschriftencover.

„Die Akademische Psychologie hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht“, sagte Dörner und plädierte dabei für das Betreiben einer funktionalistischeren Psychologie.

Karriere von Nord bis Süd

Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert, Rektor der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, zeichnete in einigen Worten Dietrich Dörners Lebensweg nach und bedauerte gleichzeitig die anstehende Schließung des von ihm gegründeten Instituts für Theoretische Psychologie aus rechtlichen Gründen. Dietrich Dörners wissenschaftliche Karriere führte ihn durch ganz Deutschland. Geboren 1938 in Berlin, studierte er in Kiel Psychologie und habilitierte sich anschließend in Düsseldorf über das Thema „Die kognitive Organisation beim Problemlösen“. 1974 trat er dort die Professur für Kognitionspsychologie an. Es folgte ein Ruf nach Gießen im darauf folgenden Jahr, bevor ihn sein Weg schließlich 1979 nach Bamberg führte, wo er den Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie übernahm. 1986 bekam er als erster seines Faches den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der DFG. Von 1989 bis 1991 leitete er die Projektgruppe „Kognitive Anthropologie“ der Max-Planck-Gesellschaft. Als er anschließend nach Bamberg zurückkehrte, baute er das Institut für Theoretische Psychologie auf, wurde Studiendekan und entwickelte eine Theorie der menschlichen Handlungsorganisation als Zusammenspiel emotionaler, motivationaler und kognitiver Prozesse – oder wie er es nennt: Den „Bauplan für eine Seele“.

Dörner zum Mitnehmen

Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Dekan der Fakultät PPP, beschrieb Dietrich Dörner als einen außergewöhnlichen, liebenswerten und bescheidenen Menschen, einen der „Spitzenwissenschaftler Deutschlands“. „Die Fakultät PPP verliert einen philosophischen Kopf“ – mit Verweis auf Schiller ehrte Prof. Dr. Rainer Kluwe, Alt-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, den nun emeritierten Bamberger Professor. Auch die anderen Redner sparten nicht mit Lob und Anerkennung für Dietrich Dörner: Dr. Stefan Strohschneider als Vertreter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bamberger Instituts für Theoretische Psychologie stellte humorvoll das Institut als einen „idealen preußischen Staat an einer bayerischen Universität“ vor. Prof. Dr. Lothar Laux würdigte im Namen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lehrstuhls die Arbeit Dietrich Dörners, besonders seine schriftlichen Werke „Bauplan für eine Seele“ und das 2002 erschienene Buch „Die Mechanik des Seelenwagens“. Am Schluss gab es „ein Stück Dörner für jeden zum Mitnehmen“ in Form von bunten Buttons mit Sprüchen wie „To PSI or not to PSI“ – oder: „Nach dem PSI ist vor dem PSI“ mit Verweis auf die von Dörner entwickelte PSI-Theorie. Dietrich Dörner zeigte sich ob der Ehrungen und persönlichen Geschenke sichtlich gerührt.

Ganz aus dem Universitätsgeschehen ist der ehemalige Psychologie-Professor jedoch noch nicht heraus, denn im Wintersemester 2006/2007 wird er sich an seinem Lehrstuhl zunächst selbst vertreten.