Versuchsteilnehmerinnen im Interaktionslabor (Foto: Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik)

"Uns interessieren Persönlichkeitseigenschaften"

Interaktionslabor ermöglicht neue psychologische Studien

Wenige Räume der Universität Bamberg sehen so einladend aus, wie das Interaktionslabor im Marcus-Haus. Ein Sofa, ein Fernseher, ein großer runder Tisch in der Mitte des Zimmers und helle Farben; nichts sieht so aus, als gehe es hier um Forschung. Durch das Fenster fallen die Strahlen der Morgensonne. Dr. Katrin Rentzsch steht in der Mitte des Raumes und blickt in die Ecken der Zimmerdecke. „Recht unauffällig“, sagt die Diplom-Psychologin und meint die kleinen Deckenkameras, die ein wenig an Überwachungskameras in Einkaufszentren erinnern.

Beobachtet fühlt man sich aber nicht, hier im neuen Interaktionslabor der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Dafür sorgt der optisch ansprechende Raum. „Früher gab es auch ein Videolabor in dem Raum. Jedoch war die Technik noch nicht so ausgereift, so dass die Kameras und das Equipment recht groß ausfielen.“ Heute sieht man von Technik kaum mehr etwas. Nur noch ein paar Kabel kommen unter dem Tisch aus dem Boden, kleine Kameras hängen in jeder Ecke, „vier Deckenkameras, die das gesamte Geschehen aufnehmen. Außerdem besteht die Möglichkeit, synchron zu Ton und Bild auch psychophysiologische Messungen vorzunehmen.“

Im Nebenraum werden die Ton- und Videoaufnahmen an einem der bereitstehenden Computer ausgewertet. Auf dem Tisch im Labor dagegen liegen lediglich ein paar Mikrofone und kleine Tischkameras, die auf das Gesicht eines einzelnen Probanden gerichtet werden können, um Mimik im Detail aufzunehmen. „Unsere Erfahrung zeigt, dass sich die Versuchspersonen sehr schnell an den Raum und die Situation gewöhnen.“ Von gestelltem Verhalten, unnatürlichen Regungen und Unwohlfühlen könne deshalb nicht die Rede sein.

Persönlichkeitseigenschaften und Emotionen im Fokus

Nachdem die Finanzierung für einen neuen Versuchsraum gesichert war, konnte das alte Videolabor einer umfassenden Renovierung und Neukonzeptionierung unterzogen werden. Knapp anderthalb Jahre nahm das in Anspruch. Nicht nur die Verwaltung der Universität und der Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik, deren Inhaberin Frau Prof. Dr. Astrid Schütz zusammen mit Katrin Rentzsch  2011 nach Bamberg kam, waren an dem Vorhaben beteiligt. Auch das Staatliche Bauamt und das Rechenzentrum waren involviert.

Wie muss man sich die Versuche in dem Forschungsraum vorstellen? Was soll hier herausgefunden werden? „Uns interessieren Persönlichkeitseigenschaften und deren Zusammenhang mit Verhaltens- bzw. Erlebensweisen, d.h. wie sich die Probanden fühlen, wie sie miteinander interagieren.“ Das Videolabor ist für bis zu acht Personen ausgelegt. Die letzte große Studie zum Thema „Persönlichkeit und soziale Beziehungen“ lief in etwa über ein halbes Jahr, pro Tag mit zwei bis drei Durchläufen. „Die Daten werden aktuell ausgewertet.“ „Neben Grundlagenforschung kann unser Videolabor auch für angewandte Bereiche, z.B. für Coachings genutzt werden.“ Dadurch wird das im Sommer 2013 eröffnete Labor auch für Unternehmen interessant, beispielsweise zur Schulung von Führungskräften. Eine Pilotstudie zur Entwicklung eines Trainings zur videogestützten Förderung von Kompetenzen im Bereich der Emotionswahrnehmung und -regulation läuft derzeit. „Aber auch Partnerschaftsstudien oder Studien in größeren Gruppen sind denkbar.“ In solchen Studien werden die Teilnehmenden in das Labor eingeladen, unterhalten sich, füllen Fragebogen aus und diskutieren beispielsweise eine Konfliktsituation, während sie mit Kameras aufgenommen werden.

Wer sind die Teilnehmer solcher Studien? „In dem neuen Interaktionslabor hatten wir bisher hauptsächlich Studierende als Versuchspersonen. In Zukunft und langfristig wollen wir aber eine breitere Repräsentation“, erklärt Rentzsch, „den ganz normalen Mann oder die ganz normale Frau von der Straße“. Selbstverständlich müsse man dann ganz andere, auch monetäre Anreize setzen. Das bedeute auch: Neue Anträge auf Forschungsgelder müssen gestellt werden, „das hätte nämlich einen wesentlich größeren Umfang als bisher“. Ihr nächstes Projekt im Interaktionslabor plant Katrin Rentzsch bereits. „Das wird eine größere Studie zum Thema ‚Neid‘“, sagt sie.

Hinweis

Diesen Text verfasste Karsten Becker für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.
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