Preisträgerin Raphaela Brüggenthies mit dem bayerischen Kunst- und Wissenschaftsminister Bernd Sibler und Bayernwerk-Chef Egon Leo Westphal.Alex Schelbert/Bayernwerk AG

Preisträgerin Sr. Raphaela Brüggenthies mit dem bayerischen Kunst- und Wissenschaftsminister Bernd Sibler (l.) und Bayernwerk-Chef Egon Leo Westphal (r.).

- Hannah Fischer

Raphaela Brüggenthies erhält den Kulturpreis Bayern 2021

Ihre Dissertation gibt Einblicke in das Leben einer jungen jüdischen Generation im 19. Jahrhundert.

Schwester Dr. Raphaela Brüggenthies hat am Donnerstag, 28. Oktober, den Kulturpreis Bayern der Bayernwerk AG verliehen bekommen. Damit wird sie für ihre Promotion an der Universität Bamberg im Fachbereich Germanistik ausgezeichnet. Die Ordensfrau der Benediktinerinnenabtei Sankt Hildegard in Rüdesheim am Rhein ist eine von insgesamt 32 Absolventinnen und Absolventen bayerischer Hochschulen und Universitäten, die geehrt wurden. Darüber hinaus wurden sechs Künstlerinnen und Künstler ausgezeichnet. „Für wissenschaftlichen Fortschritt braucht es kluge Köpfe und innovative Ideen. Mit der Auszeichnung machen wir ihre Erkenntnisse der Öffentlichkeit zugänglich und wertschätzen sie“, erklärt Dr. Egon Leo Westphal, Vorstandsvorsitzender des Bayernwerks. Der Kulturpreis Bayern ist in der Sparte Wissenschaft mit 2.000 Euro und der Bronzestatue „Gedankenblitz“ dotiert. 

Einblicke in das Leben einer jungen jüdischen Generation im 19. Jahrhundert 

In Raphaela Brüggenthies Dissertation geht es um das Frühwerk und Leben des deutsch-jüdischen Dichters Heinrich Heine in den Jahren von 1816 bis 1826. Sie vereint dabei Perspektiven aus der Germanistik, der Theologie und der Judaistik. Der junge Heine war ein Dichter der Übergänge. Als deutscher Jude befand er sich in einem Zwiespalt zwischen seiner jüdischen Identität und einer antisemitisch geprägten nationalistisch-christlichen Gesellschaft. Im Juni 1825 ließ er sich in Heiligenstadt taufen, um seine Berufschancen zu verbessern. „Dieser Versuch, den Konflikt durch die Konversion zu lösen, scheitert kläglich. Doch dem Dichter gelang es, die Identitätsschwebe zwischen den Welten zu einer Existenz- und Kunstform zu erheben“, erläutert Raphaela Brüggenthies und fügt an: „In welches gelobte Land aber dieser Exodus führen soll, diese Frage variiert stark in Heines frühen Jahren und Schriften und schwankt zwischen Gegensätzen.“ Die Theologin und Germanistin fasst zusammen: „Heine wird selbst zum Seismographen einer jungen jüdischen Generation, die vergeblich einen Ausweg aus dem Bannkreis des Judentums sucht.“ In ihrer Dissertation spürt sie dem Thema Konversion, dem Übergang zu einer Neudefinition von Identität und der Randständigkeit bestimmter gesellschaftlicher Gruppen nach. Diese Themen spielten in Heines Leben und frühen Werken eine zentrale Rolle. Brüggenthies Analysen und Interpretationen liefern Erkenntnisse für die Literatur-, Religions- und Geistesgeschichte. Ihre Betreuerin Prof. Dr. Iris Hermann, Inhaberin der Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft, lobt: „Ich bin sehr stolz auf Raphaela Brüggenthies. Ihre interdisziplinäre Arbeit über Heinrich Heine gehört zum Besten, was ich in den letzten Jahren gelesen habe.“

Eine Auszeichnung mit Geschichte

Seit mehr als 60 Jahren verleihen das Bayernwerk und seine Vorgängerunternehmen den Kulturpreis Bayern. Erstmals wurde der Preis 1959 verliehen – zunächst nur in Ostbayern. Seit 2005 wird der Kulturpreis bayernweit in Zusammenarbeit mit dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst verliehen. In der Sparte Wissenschaft werden die 32 besten Universitäts- und Hochschulabsolventinnen und -absolventen Bayerns geehrt. „Der Kulturpreis Bayern ist eine Auszeichnung mit jahrzehntelanger Tradition. Immer ging es darum, Menschen zu danken, die mit ihrem Engagement, ihrem Wirken und ihrer Begeisterung für Kunst, Kultur und Wissenschaft unsere Gesellschaft bereichern. Den diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträgern danken wir für ihre Leistungen und gratulieren herzlich zu dieser Auszeichnung“, betont Egon Leo Westphal.