PROMOTIONSPREIS DER UNIVERSITÄT BAMBERG 2022

Oliver Wieczorek

Dissertation: Die Universität im Feld der Macht. Zur Konstruktion von Expertise in der US-amerikanischen Wissensgesellschaft.

Die Forschungsarbeit hat zum Ziel, den Zugang wissenschaftlicher Expert*innen zu verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, sogenannte „Felder der Macht“, in theoretischer wie methodischer  Sicht greifbar zu machen. Die USA als weltweit führender Wissenschaftsstandort mit zahlreichen Verflechtungen zwischen Wissenschaft, Politik, Ministerien, Wirtschaft, Stiftungen, Medien und  Militär dienen dabei als Anwendungsfall.


Hierfür wird eine Kombination aus Habitus-Feldtheorie und Netzwerktheorie angewendet. Mithilfe der Habitus-Feldtheorie wurden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den  verschiedenen Feldern herausgearbeitet. Die Netzwerktheorie diente dazu, die Einbettung von Akteurinnen und Akteuren in ihr soziales Umfeld zu untersuchen sowie die Beziehungen und  Wechselwirkungen zwischen ihnen herauszuarbeiten. Um den Zugang der Expert*innen zu messen, wurde eine eigene Formel entwickelt. Mit deren Hilfe macht Oliver Wieczorek sichtbar, wie Forschende und Universitäten um Aufmerksamkeit konkurrieren. Zudem werden die jeweiligen Möglichkeiten der Universitäten erfasst, Expertise in politische Entscheidungsprozesse einfließen zu  lassen.


Insgesamt zeigt sich, dass nur wenige Eliteuniversitäten Zugang zu zentralen politischen Akteuren haben und eine Art akademische Plutokratie vorliegt, die als Gatekeeper für Expertise fungiert.  Die Eliteuniversitäten stellen sich dabei einerseits als Hüterinnen der akademischen Autonomie und Professionalität dar, sichern aber zugleich andererseits ihren Zugang in die politische und  bürokratische Sphäre ab, beispielweise durch Think Tanks, Unternehmen oder ihre Stellung in der National Academy of Sciences.


Mithilfe der neu entwickelten Formel lässt sich außerdem sehr präzise vorhersagen, ob Expert*innen der jeweiligen Universitäten zu Kongressund Senatsanhörungen vorgeladen werden. Die  Formel und ihr theoretisches Fundament sind somit grundlegende Instrumente, um allgemein den Zugang von Akteurinnen und Akteuren zu Schaltstellen der Macht zu untersuchen.

 

Oliver Wieczorek studierte von 2008 bis 2014 im Bachelor- und Masterstudiengang Soziologie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Anschließend war er Mitarbeiter in mehreren Projekten  zur Hochschulforschung, die am Lehrstuhl für Soziologie, insbesondere soziologische Theorie, durchgeführt wurden. Von September 2016 bis Februar 2017 war Oliver Wieczorek  Gastwissenschaftler an der University of California Berkeley. Die Promotion schloss er im Dezember 2021 ab und arbeitet seit Mai 2022 am International Center for Higher Education Research an  der Universität Kassel.