PROMOTIONSPREIS DER UNIVERSITÄT BAMBERG 2020

Dr. Sebastian Jungkunz

Dissertation: The Nature and Origins of Political Extremism. How Left- and Right-Wing Extremist Attitudes Compare Across Two Decades

Über die letzten Jahre ereignete sich in einer ganzen Reihe europäischer und amerikanischer Staaten ein sogenannter „demokratischer Rückschlag“ (democratic backlash). Immer mehr gelingt es populistischen und autoritären Parteien und Politikern an Einfluss im demokratischen Prozess zu gewinnen. Entgegen dem vielfach zitierten Buch „How Democracies Die“ argumentiert die Arbeit jedoch, dass Demokratien nicht erst an der Wahlurne sterben, sondern bereits viel früher. Vielmehr untergraben latente Strömungen links- oder rechtsextremistischen Gedankenguts demokratische Gesellschaften lange bevor sich dies im Wahlerfolg von Parteien wie der AfD niederschlägt.

Die Dissertation setzt sich zum Ziel, einen systematischen Überblick über die Verbreitung, Ursachen und Stabilität links- und rechtsextremer Einstellungen in der BRD zwischen 1994 und 2017 zu bieten. So zeigt sich, dass zwischen Personen mit Neigung zu links- und rechtsextremen Einstellungen durchaus viele Gemeinsamkeiten bestehen in der Form ihrer Ideologien, aber auch der individuellen Erfahrungen. Insgesamt lassen sich diese Ursachen auf drei Faktoren zurückführen: unerfüllte individuelle Bedürfnisse (z.B. Deprivation oder Politikverdrossenheit), den Zugang zu ideologischen Narrativen, welche vereinfachte Lösungen für individuelle Probleme versprechen, sowie die größeren sozialen Lebensumstände (z.B. Transformationsprozesse, Arbeitslosigkeit oder Einwanderung). Zwar sind links- und rechtsextreme Einstellungen, also solche, welche den demokratischen Verfassungsstaat ablehnen, relativ rar. Jedoch zeigt sich auch, dass sie äußerst stabil sind: Einmal erworben lassen sich Personen schwer wieder auf den demokratischen Pfad zurückbringen.

Die Arbeit ist die erste, die systematisch links- und rechtsextreme Einstellungen vergleicht, einen intensiven methodischen Beitrag zur Messbarkeit solcher Einstellungen liefert und ihre Ursachen und Stabilität in Relation zueinander setzt.

 

Sebastian Jungkunz studierte von 2007 bis 2013 Politikwissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der University of South Carolina in Columbia, USA. Im Anschluss an sein Studium war er 2014 als Mitarbeiter im DFG-Projekt „Außen- und sicherheitspolitische Orientierungen in den USA und der Bundesrepublik“ am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) beschäftigt. Von 2014 bis 2020 folgte eine Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Soziologie an der Universität Bamberg. Im Frühjahr 2019 befand er sich zu einem Gastaufenthalt als Visiting Scholar an der Graduate School of Political Science der Waseda University in Tokyo, Japan. Seit 2019 ist er zudem Projektleiter an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Seine Promotion über die Verbreitung und die Ursachen extremistischer Einstellungen in Deutschland erfolgte 2019. Seit März 2020 arbeitet er am Institut für Sozioökonomie der Universität Duisburg-Essen und verbleibt weiterhin als Post-Doctoral Associate Member an der Bamberg Graduate School of Social Sciences (BAGSS).