"Glaubenssache Krieg" - Ausstellung in Bad Windsheim

 

vom 21. März bis 27. September 2009

im Museum Kirche in Franken in Bad Windsheim

und vom 21. Mai bis 26. September 2010 im Oberfränkischen Bauernhofmuseum Kleinlosnitz. mehr

„Sopherl! Sopherl! Stirb nicht! Bleib am Leben für unsere Kinder!“ Das war der letzte Satz des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand, ehe er kurz nach seiner Frau, der Erzherzogin Sophie, beim Attentat in Sarajewo starb. Das Paar war am 28. Juni 1914 im Auftrag des österreichischen Kaisers Franz Josef I. in der Unruheprovinz Bosnien-Herzegowina unterwegs. Vier Wochen später begann der Erste Weltkrieg. Er wurde zunächst zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn auf der einen und den Entente-Mächten Frankreich, Großbritannien, Russland und Serbien auf der anderen Seite ausgetragen. 1918 befanden sich 25 Staaten und deren Kolonien mit insgesamt etwa Dreivierteln der damaligen Erdbevölkerung im Kriegszustand. Die „Urkatastrophe des Jahrhunderts“ (George F. Kennan) kostete rund 15 Millionen Menschen das Leben.

Studierende, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie der Universität Bamberg haben unter Leitung von Frau Prof. Dr. Heidrun Alzheimer in Kooperation mit dem „Museum Kirche in Franken“ (Bad Windsheim) eine Ausstellung mit Bildpostkarten des Ersten Weltkrieges (mehrheitlich aus der Slg. Dietrich Heber, Dachsbach) erarbeitet, die am Samstag, 21. März 2009, in der voll besetzten Spitalkirche in Bad Windsheim“ eröffnet worden ist. Sie ordnet religiöse Postkartenmotive in das geistige und politische Umfeld ihrer Entstehungszeit ein. Die Feldpost beförderte 1914-1918 schätzungsweise sieben Milliarden Feldpostkarten. Wir dokumentieren solche mit Gebeten, Gebetparodien, religiösen Liedern „für den Kriegsmann“, mit Christus, Engeln und Heiligen als Begleiter, Tröster und Helfer an der Front, mit Herrschern und Helden, mit nationalreligiösen Kulten wie der Herz-Jesu- oder der Michaelsverehrung.

Den Weltkriegs-Postkarten ist gemein, dass sie nicht die brutale Realität des Krieges zeigen. Dafür sorgte die Zensur. Stattdessen propagierten sie Patriotismus und Siegeszuversicht. Auch die Fotografien des Kriegsalltags zeigen nur, was die Öffentlichkeit sehen sollte. In der Gesamtschau muss man feststellen, dass die Mehrzahl der Postkartenmotive den Krieg verherrlicht, verharmlost und beschönigt, denn das Leiden und Sterben war alltägliches Risiko an der Front. Am Ende des Krieges hatte Deutschland 241.000 Gefallene zu beklagen.

Wer nach der Bedeutung des Religiösen im Krieg fragt, stößt schnell auf die Rolle der Feldseelsorge. Militärgeistliche hielten Feldgottesdienste, kümmerten sich um Verwundete und Gefangene, leisteten Sterbenden Beistand, veranlassten eine ordnungsgemäße Bestattung und benachrichtigten die Hinterbliebenen. Sie überbrachten den Soldaten „Liebesgaben“ aus der Heimat und verteilten Lesestoffe. Recherchen im Landeskirchlichen Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Nürnberg und im Archiv des Erzbistums Bamberg haben aber auch gezeigt, dass Feldgeistliche als Offiziere im Dienst ihrer Regierungen die nachlassende Kriegseuphorie der Soldaten bekämpften. Sie rechtfertigten den Krieg als „heilig“ und verklärten das Sterben der Soldaten als Märtyrertod für das Vaterland.

Die Postkarten-Präsentation wird ergänzt durch Alltagsgegenstände aus der Zeit von 1914-1918. Das Deutsche Rundfunkarchiv hat Originalaufnahmen mit Liedern des Ersten Weltkriegs und einen Ausschnitt aus einem Feldgottesdienst von 1914 zur Verfügung gestellt. Eine kommentierte PowerPoint-Präsentation erlaubt die Sicht auf Motive, die aus Platzgründen in der Ausstellung nicht im Original gezeigt werden können.

Kurzer inhaltlicher Einblick

An dieser(1.9 MB, 33 Seiten) Stelle können Sie sich schon einmal einen Überblick über das verschaffen, was Sie in der Ausstellung inhaltlich erwartet. Hier werden viele der ausgestellten Postkarten gezeigt und erläutert.

Informationen für interessierte Museen

Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert. Anfragen nimmt Frau Carola Wolf, Sekretariat des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie, Tel. 0951/863-2329, euroethno(at)uni-bamberg.de entgegen.

Begleitband zur Ausstellung

Glaubenssache Krieg. Religiöse Motive auf Bildpostkarten des Ersten Weltkrieges, hg. v. Heidrun Alzheimer unter redaktioneller Mitarbeit von Stephanie Böß und Fred G. Rausch (= Schriften und Kataloge des Fränkischen Freilandmuseums, Band 55). Bad Windsheim 2009, 392 S. – ISBN 978-926834-70-6. – Preis: 19,– EUR (zu beziehen im Buchhandel und in der Ausstellung; für Studierende der Universität Bamberg organisiert das Sekretariat des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie eine Sammelbestellung mit Rabatt auf den Buchpreis).