Dr. Nicole Grom

Deutsch als Fremdsprache (DaF) an der Fu Jen Catholic University in Taipei (Taiwan)

Viele Leute blicken erstaunt drein, wenn sie meine Fächerkombination erfahren: Wie? Europäische Ethnologie, Slavistik und Indologie, gekrönt mit einem Aufbaustudium in Deutsch als Fremdsprache und einer Dissertation über einen jüdischen Friedhof in Franken? Und wenn die Frage nicht direkt ausgesprochen wird, erkenne ich sie doch oft im Blick meiner Gesprächspartner: Weiß die Frau eigentlich, was sie will? Aber selbstverständlich doch, das weiß die Frau! Auf meiner mentalen Landkarte liegt Franken eben gleich neben Indien, um einmal bildlich zu sprechen. Die tiefe Liebe zu meiner Heimat beförderte in ganz natürlicher Weise das Reflektieren über scheinbar „exotische“ Kulturen. So war die Europäische Ethnologie für mich erste Wahl, schärft doch dieses Fach ein solches Reflektieren und das Einfühlen in andere Kulturen und Lebensweisen. Auch meine Praktikumswahl half mir hierbei: Ich hatte die Chance, mich am Jüdischen Museum Franken bei Forschungen über eine Fürther Mäzenatenfamilie und mit einem Vortrag zum Laubhüttenfest am Tag des offenen Denkmals einzubringen, arbeitete mehrere Monate lang als Curatorial Assistant/Trainee in curation and arts management am Landis Valley Museum in Lancaster/Pennsylvania und durfte während meiner Studienzeit in München das Bayerische Nationalmuseum, Zweigstelle Oberschleißheim, durch die Übersetzung einer altrussischen Vita bei einem Forschungsprojekt unterstützen.

Nach mehreren Jahren als Übersetzerin und Sprachcoach, u.a. bei international agierenden Firmen, und einer Promotion in Europäischer Ethnologie an der Forschungsstelle Landjudentum in Bamberg arbeite ich derzeit im Bereich Deutsch als Fremdsprache (DaF) an der Fu Jen Catholic University in Taipei/Taiwan, einer Privatuniversität, deren Deutsches Seminar einen hervorragenden Ruf genießt. Und auf Schritt und Tritt stellen die Studenten mir Fragen, die dem volkskundlichen Bereich angehören: Was hat der Hase mit Ostern zu tun? Woher kommt der Adventskranz? Was ist der Ursprung dieser sprichwörtlichen Redensart? Weshalb trifft man gerade in Franken auf so viele Zeugnisse jüdischer Kultur? Aber es sind nicht nur diese recht konkreten Fragen, bei denen das Fach mir zur Seite steht; es hilft auch, die kulturellen Ausdrucksformen des fremden Landes zu bedenken, das Sichtbare zu befragen, das Gehörte zwischen den Zeilen zu lesen. Und das bringt wiederum beruflich weiter; in meinem Fall bei einem großen Theaterprojekt, für das ich in Regie und Organisation mitverantwortlich zeichne – selbstredend ist hier ein hohes Maß an interkulturellem Fingerspitzengefühl gefragt. Ich werde auch weiterhin die enge Verbindung zwischen Europäischer Ethnologie sowie DaF einerseits und meiner Leidenschaft für Fremdsprachen und fremde Kulturen andererseits ausbauen, weil sie nicht nur geistig, sondern auch finanziell lohnend ist, ja, vielleicht auf eine noch engere Verquickung dieser Interessen im Bereich Interkulturelles Training/Interkulturelle Mediation hinarbeiten.

 

Mein Tipps

  • Ich kann Ihnen als Studenten des Faches Europäische Ethnologie nur raten, die eigene Kultur (v.a. den Alltag – er ist das Spannendste überhaupt!) präzise zu studieren, dabei aber immer wieder den Blick über den Tellerrand hinaus auf andere Länder, andere Sitten schweifen zu lassen.
  • Lesen Sie! Diskutieren Sie mit Ihren Kommilitonen! Suchen Sie den Kontakt zu ausländischen Studenten! Machen Sie so viele Praktika wie möglich! Erwandern Sie Ihre Umgebung! Lernen Sie Sprachen, wenn es Ihr Talent zulässt! Und vor allem: Reisen Sie! Eine mit Wissbegier durchgeführte Reise, und mag sie nur ein paar Wochen dauern, ist mehr wert als aller Text, der zwischen zwei Buchdeckel passt.

>>> Zum Überblick aller Wege in den Beruf