Davide Bacchini M.A.

Mitarbeiter im Akademischen Auslandsamt der Universität Bamberg

Nach meinem Bachelorabschluss in Fremdsprachen und -literaturwissenschaft (Germanistik und als Nebenfach Slawistik) in Urbino (Italien) brach ich 2010 nach Bamberg auf, wo ich mein Masterstudium im Fach Europäische Ethnologie begann. Bamberg war mir nicht neu, denn ich hatte hier mein Erasmusjahr verbracht und mich in die Stadt verliebt.
Obwohl beide Fächer zu den Geisteswissenschaften zählen und interessant und spannend sind, unterscheiden sie sich komplett voneinander in ihrer wissenschaftlichen Herangehensweise: Die eine sehr theoretisch und zurückblickend, die andere praktischer und ständig mit einem Blick um sich herum.
Das ist, was mich im Endeffekt an der Ethnologie gereizt hat und immer noch fasziniert. In diesem Fach konnte ich eine praktische Anwendung der erlernten Theorie finden und dadurch habe ich gelernt, meine (kulturelle) Umgebung zu spüren, Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen verschiedenen Kulturen zu entdecken und, vor allem, zu schätzen.
Wenn man sich mit Kultur beschäftigt, entstehen spontan die Fragen, woher unsere Traditionen und unsere Sitten stammen, wie und wann sie so geprägt wurden, wie wir sie kennen. Das ist meiner Meinung nach ein Kerngedanke, der hinter der Europäischen Ethnologie steckt. Europäisch eben, und nicht nur deutsch, englisch oder spanisch, was bedeutet, dass die Kultur in unserem Kontinent aus vielen, verschiedenen Traditionen besteht, die jedoch untereinander Einiges gemeinsam haben und sich gegenseitig beeinflussen.
Daran müssen wir uns erinnern, wenn wir vom gemeinsamen Europa reden und gleichzeitig uns womöglich Sorgen über die Schlagzeilen in den Zeitungen machen, die über Migrationsströme berichten. Das ist nicht nur eine wirtschaftliche und soziologische Befürchtung, sondern auch und hauptsächlich eine kulturelle. Den kulturellen Status quo zu bewahren ist allerdings utopisch und, wie ich finde, langweilig. Darüber hinaus ist unsere Kultur sowie unsere Sprachen und Dialekte bereits ein Mischmasch aus tausend verschiedenen Einflüssen.
Ich glaube, dass interkulturelle Kontakte ein spannendes Forschungsgebiet im Fach Europäische Ethnologie darstellen und deshalb waren sie Bestandteil meiner Masterarbeit, in der ich mich allgemein mit kulturellen Stereotypen und konkret mit der interkulturellen Erfahrung von Austauschstudierenden an der Uni Bamberg befasst habe.

Während meines Studiums habe ich auch zwei Praktika absolviert, das erste davon in Granada (Spanien) in einem „Zigeuner“-Museum. Neben der üblichen Ausstellung bot das Museum auch traditionelle musikalische und theatralische Veranstaltungen und handwerkliche Produkte der Gegend an, wo sich das Volk der „Gitanos“ vor sechshundert Jahren nieder ließ und immer noch lebt. Das war eine wunderbare Erfahrung, dank der ich mich noch fester überzeugen konnte, dass die Kultur und die Traditionen nicht nur hinter einem Schaukasten stehen, sondern mit all den fünf Sinnen erlebt werden sollten.
Während meiner Masterarbeitsphase habe ich auch ein sechsmonatiges Praktikum beim Stadtmarketing Bamberg absolviert. Dort habe ich tolle Leute kennengelernt, die eher aus Leidenschaft denn aus finanziellen Gründen dazu beitragen, die Stadt Bamberg wirtschaftlich und kulturell attraktiv zu gestalten.

Jetzt, nachdem ich geschätzt hundert Bewerbungen deutschlandweit geschickt hatte, bin ich seit über einem Jahr im Akademischen Auslandsamt der Uni Bamberg tätig. Allgemein ist der Berufseinstieg für Geistes- und Kulturwissenschaftler nicht so einfach, und insbesondere für Ethnologen nicht. Meiner Meinung nach ist die Europäische Ethnologie ein „Nischenfach“, und nicht selten, wenn ich erzähle, was ich studiert habe, bekomme ich als Antwort: „Aaaaaah, cool... was ist das genau?!“.

 

Mein Tipp

Studierenden der Europäischen Ethnologie würde ich empfehlen, vielseitig zu sein, denn mit diesem Fach kann man Einiges anfangen, aber spezielle praktische Kompetenzen, die von Arbeitgebern  gern gesehen sind, erlangt man kaum. Zwar hat man beispielsweise gute Chancen in der Museumbranche, die jedoch nicht immer Berufsgewissheit bieten kann. Am besten sollte man nun ein paar Praktika vor dem Berufseinstieg absolvieren und weitere Kompetenzen erwerben. Erlernen Sie Fremdsprachen (mindestens eine, noch besser zwei oder drei), gehen Sie ins Ausland; nebenbei zu arbeiten wäre auch nicht so verkehrt. In einem Wort: Flexibilität!

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