Sohibnasar Geiratschoew in seinem Büro in der Tadschikischen Botschaft in Berlin.

Immer mal wieder führen die Wege nach Bamberg: Geiratschoew am Kranen, einem seiner Lieblingsplätze.

Das Herz der Tadschiken schlägt für Sprache und Poesie: Klassische Dichter Tadschikistans auf dem Schriftsteller-Panorama vor dem Schriftstellerhaus in Duschanbe (Bilder: Sohibnasar Geiratschoew).

- Stefanie Hattel

Diplomatendeutsch und Deutschlandknigge

Bamberger Alumnus knüpft deutsch-tadschikische Kulturbeziehungen

Der junge Deutschlehrer Sohibnasar Geiratschoew kam 1998 für ein Semester an die Universität Bamberg. Sein Deutsch war „eher schlecht als recht“, daher schrieb er sich am Ende des Semesters für ein Zweitstudium der Diplom-Germanistik mit Schwerpunkt DaF sowie Iranistik ein. Heute ist er Kultur- und Presseattaché der Tadschikischen Botschaft in Berlin.

Seine Laufbahn als Kulturvermittler begann in einem Klassenzimmer in Tadschikistan. Dort unterrichte Sohibnasar Geiratschoew Deutsch, was ihn für ein Semester als Student an die Otto-Friedrich-Universität Bamberg führte. „Da der Halbgebildete schlimmer ist als der Unwissende“, erklärt Geiratschoew, blieb er nach Ablauf des Semesters in Bamberg und schrieb sich für ein Zweitstudium der Diplom-Germanistik mit dem Schwerpunkt Deutsch als Fremdsprache (DaF) ein. Dazu wählte er noch die Iranistik.

Nach seinem Studium folgte ein Lehrauftrag für Tadschikisch am Bamberger Lehrstuhl für Iranistik: „Tadschikisch ist keine Weltsprache, aber eine lingua franca ist es allemal.“ Tadschikistan war schon Knotenpunkt der alten Seidenstraße und bildet auch heute noch eine Brücke zwischen Europa, China und dem Mittleren Osten. Das spiegelt sich auch in der Sprache wieder: Tadschikisch ist wie das Farsi oder Dari eine moderne Form des Persischen. „Tadschiken und Iraner können sich ohne Probleme miteinander unterhalten.“ Doch während im Iran der Teheraner Dialekt zur allgemeinen Umgangssprache wurde, spricht man in Tadschikistan eine Vielzahl von Dialekten. Diese haben sich trotz der Dominanz des Russischen zur Zeit der Sowjetunion, der Tadschikistan angehörte, behauptet. Die gesprochene Sprache ist für das Selbstverständnis der Tadschiken fundamental: „In der starken Liebe zu Sprache und Poesie liegt das kulturelle Gedächtnis der Tadschiken.“ Davon spricht auch die Fülle der Redensarten, die Tadschiken gerne ins Gespräch einfließen lassen.

Deutsch-tadschikische Parallelen

Über die historisch bedingte Zwei- und Mehrsprachigkeit der Tadschiken wacht auch das Grundgesetz des Landes, welches, so Geiratschoew, das „Wiedererwachen der kulturellen Identität“ Tadschikistans reflektiert. Es schreibt das Tadschikische als Amtssprache fest, räumt dem Russischen jedoch den Status einer Verkehrssprache ein. „So wird Tadschikistans eigene Identität als unabhängiger Staat unterstrichen, gleichzeitig aber auch die historische Verbindung zu Russland und anderen Republiken der Ex-UdSSR sowie zu den russischsprachigen Minderheiten im Land gewürdigt und gepflegt.“ Geiratschoew, der das deutsche Grundgesetz ins Tadschikische übersetzt hat, sieht hier Parallelen zur Bundesrepublik Deutschland. Die Verfasser des deutschen Gesetzestextes zeigten sich „beseelt“ als „gleichberechtigtes Mitglied im vereinten Europa dem Frieden zu dienen“, so steht es in der Präambel. In der tadschikischen Verfassung definiert sich die junge Republik als „untrennbarer Teil der Weltgemeinschaft“. Beide berufen sich auf ihr föderales Erbe zum Schutz der kulturellen Vielfalt und der regionalen Besonderheiten.  

Blumige Sprache und das Investitionsklima

Der sprachliche Feinsinn der Tadschiken sensibilisiere auch für das „Kleingedruckte“ der deutsch-tadschikischen Diplomatie. Um das diplomatische Gespür der Tadschiken zu schulen, verfasste Geiratschoew ein Handbuch für angehende Diplomaten und einen „Deutschlandknigge“. Damit unterstützt der Sprachwissenschaftler die „Politik der offenen Türen“ seiner Regierung und trägt zum guten Investitionsklima Tadschikistans bei: Deutsche Kulturinstitutionen haben das „Deutsche Haus“ in der Hauptstadt Duschanbe bezogen, einige deutsche Großunternehmen sind mit ihren Zweigstellen bereits nachgefolgt. „Mit gutem Willen kann man aus Dornen und Disteln Blumensträuße machen“, resümiert Geiratschoew auf gut Tadschikisch und lädt ein, Land und Leute auf eigene Faust zu entdecken, denn, sprichwörtlich gesagt: „Einmal sehen ist besser als tausend Mal hören.“

Literaturtipps:

Geiratschoew, Sohibnasar: Diplomatendeutsch. Ein Lehrbuch für Beamte der höheren Dienste (in Vorbereitung).

Geiratschoew, Sohibnasar: „In Rom tu, was der Römer tut.“ Deutschlandknigge (in Bearbeitung).

Geiratschoew, Sohibnasar: Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Tadschikisch – Deutsch – Russisch. Duschanbe: Verlag FES 2007.

Geiratschoew, Sohibnasar: Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz. Deutsch – Tadschikisch – Russisch. Duschanbe: Kontrast 2006.