„Ich verpflichte mich gegenüber dem Bauherrn unter 3., die Erstreckung der unter 1. dargestellten und unter 6. beschriebenen Abstandsfläche auf mein unter 4. näher bezeichnetes Grundstück zu dulden, soweit sie auf dieses zu liegen kommt, also mit einer Tiefe von ......................... Mir ist bekannt, dass - diese Fläche von solchen baulichen Anlagen freizuhalten ist, die nach der Bayer. Bauordnung innerhalb der Abstandsflächen nicht zulässig sind und ein Gebäude auf meinem Grundstück die zusätzlich erforderliche Abstandsfläche einzuhalten hat, - diese Zustimmung gem. Art. 7 Abs. 5 BayBO für und gegen meine Rechtsnachfolger gilt“. Wer hat da noch Lust, die „Zustimmung zur Abstandsflächenübernahme gem. Art. 7 Abs. 5 Bayer. Bauordnung“ auszufüllen? (Bild: Carl Heymanns Verlag)

Axel Gedaschko (links) und Helmut Glück fordern eine bürgernahe Sprache (Bilder: Katrin Sell)

Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitätsverwaltung hörten aufmerksam zu

- Katrin Sell

„Flotte Schreiben vom Amt“

Vortrag des Hamburger Staatsrats Axel Gedaschko zu bürgernaher Sprache

Wer kennt sich noch aus im Behördendeutsch? Schon viele kapitulierten vor unverständlichen Amtsbriefen. Der Hamburger Staatsrat Axel Gedaschko zeigte am 10. Juli in seinem Vortag an der Universität Bamberg, dass es auch anders geht.

Jede Verwaltung hat ihre eigene Sprache, doch eines ist allen gemein: Behördendeutsch ist kaum verständlich, syntaktisch sperrig, unpersönlich, Amtsbriefe klingen manchmal regelrecht unfreundlich. Das Phänomen Behördendeutsch interessiert aber nicht nur betroffene Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Sprachwissenschaft. So suchte am Montag, 10. Juli, die Wissenschaft Kontakt zur Politik und zur Verwaltung und lud einen Fachmann aus der Praxis ein – das alle einende Thema: „Flotte Schreiben vom Amt“.

Zum Vortrag von Axel Gedaschko, Staatsrat der Freien und Hansestadt Hamburg, hatten Martina Petermann, Kanzlerin der Universität, und Dr. Helmut Glück, Professor für deutsche Sprachwissenschaft und Deutsch als Fremdsprache, geladen. Gedaschko hatte 2004 den „Kulturpreis deutsche Sprache für Institutionen“ verliehen bekommen – damals war er noch Landrat im Kreis Harburg und konnte die Jury davon überzeugen, dass seine Verwaltung nach intensivem Training in ihren Schreiben klares und verständliches Deutsch verwendet. In seinem Vortrag berichtete er über das Sprach-Training, das er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter absolvierten – gut 30 Verwaltungsangestellte aus verschiedenen Institutionen wie den Landratsämtern Bamberg und Forchheim und der Universität hörten konzentriert zu.

Die Amtssprache soll – wie eine jede Fachsprache – spezielle Sachverhalte präzise beschreiben. Dabei fungieren Verwaltungsangestellte als „Dolmetscher“ zwischen dem Juristendeutsch und dem Deutsch der Bürgerinnen und Bürger. Diese Aufgabe ist offensichtlich nicht leicht zu meistern: „Selbst Mitarbeiter aus der Nachbarverwaltung haben oft Probleme, das Amtsdeutsch für einen bestimmten Bereich zu verstehen“, von ‚Normalbürgern’ ganz zu schweigen, so skizzierte Gedaschko das Problem. Auch der Ton spiele die Musik: Amtsschreiben würden oft als unfreundlich oder unhöflich empfunden.

Einfacher, verständlicher, freundlicher

Gedaschko, damals Landrat des Kreises Harburg, nahm die Sache 2003 in die Hand und engagierte den Journalisten und Medienstrategen Peter Berger als externen Trainer. Er sollte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin schulen, einfacher, verständlicher und freundlicher zu schreiben. In einem 3-tägigen Seminar erarbeiteten die Teilnehmenden konkrete Richtlinien: Gesetze gehören ans Satzende, Fachbegriffe müssen erläutert werden, der Adressat muss beachtet werden. „Auch Menschen ohne Schulabschluss müssen schließlich unsere Schreiben verstehen“, erläuterte Gedaschko den Prozess. Rund 6000 Formulare und Textbausteine mussten die Landratsamtangestellten überarbeiten, doch der Aufwand hat sich gelohnt: „Unsere Arbeit wurde dadurch vereinfacht, wir müssen weniger Rückfragen beantworten“, sagte Gedaschko zufrieden. Aus den Ergebnissen der Schulung entstand eine eigene Stilfibel, die mittlerweile unter dem Titel „Flotte Schreiben vom Amt“ im Carl Heymann Verlag erschienen ist.

Die Schulung stieß auf großes Interesse: Wie der Trainer finanziert wurde, ob es reiche, einige wenige zu schulen und wie lange der Gesamtprozess von der Idee zur konkreten Umsetzung gedauert habe, wollten die Anwesenden wissen. Gedaschko gab bereitwillig Auskunft. Helmut Glück kündigte an, im Wintersemester die praktische Diskussion um Behördendeutsch und bürgernahes Schreiben fortzuführen; der oberfränkische Regierungspräsident Hans Angerer habe bereits Interesse angemeldet.