Lehrer haben vormittags Recht und nachmittags frei - ein typisches Klischee, das als Titel für das Theaterstück diente (Foto: Philipp Demling).

Studierende präsentierten... (Fotos: Christian Nerowski)

... verschiedene Szenen aus dem Schulalltag...

... und zogen damit viele Interessierte ins Marcus-Haus.

- Philipp Demling

Der Lehrer – das Feindbild?

Seminargruppe entwickelte Theaterstück zum Schüler-Lehrer-Verhältnis

Konfliktfrei ist das Verhältnis zwischen Paukern und den ihnen Anvertrauten nie gewesen. Die Seminargruppe „Das fliegende Klassenzimmer. Theaterpädagogische Inszenierungen im Unterricht“ hat ein Theaterstück geschrieben, das typische Schüler-Lehrer-Klischees aufgreift. Am Montag, 19. Juli, war die Uraufführung.

„Wir wollen Lehrer werden!“ „Warum?“ „Weil ich Kinder mag!“ „Weil ich gerne Unterrichtsstunden halte“ „Wirklich?“ „Neeeeein!“ „Weil ich dann jeden Tag nur bis 13 Uhr arbeiten muss!“ „Weil ich verbeamtet bin und mir keiner mehr was kann!“ „Außer: Die Kollegen...die Eltern...die Schüler...und die Gesellschaft. Aber die kann uns mal: Wir werden trotzdem Lehrer!“

Ist es um die Motivation unserer Lehrer wirklich so schlecht bestellt? Das Theaterstück „Lehrer haben vormittags Recht und nachmittags frei“ geht dieser Frage nach. Entwickelt haben es Teilnehmer des Seminars „Das fliegende Klassenzimmer. Theaterpädagogische Inszenierungen im Unterricht“ unter Leitung von Privatdozentin Monica Calla am Lehrstuhl für Schulpädagogik. Es ist ein „biographisches“ Theaterstück, bildet also keine zusammenhängende Handlung, sondern besteht aus einzelnen Szenen. Außerdem gibt es keine festen Rollen, stattdessen übernimmt jeder Studierende in jeder Szene einen anderen Part. Am Montag, 19, Juli, wurde das Stück im Marcus-Haus aufgeführt.

Szenen selber entwickeln

„Es war viel Engagement von Seiten der Studierenden notwendig, um die Szenen selber zu entwickeln“, meint Monica Calla. „Der Prozess des Entstehens ist genauso wichtig wie das Ergebnis.“ Auch außerhalb des Seminars hätten die Teilnehmer viel Zeit für das Schreiben und Einstudieren der Szenen verwendet.
„Lehrer haben vormittags Recht und nachmittags frei“ ist durch mehrere Werke beeinflusst worden. Ende April hat sich die Seminargruppe eine Aufführung des Ein-Mann-Theaterstücks „Klamms Krieg“ in der Uni angesehen. Darin geht es um einen Lehrer, der einen Schüler wissentlich durchs Abitur fallen ließ, worauf dieser sich daraufhin umbringt. In dem Stück sieht sich Lehrer Klamm dann einer streikenden Schulklasse gegenüber und hält einen Monolog, in dem sein Gewissenskonflikt ebenso deutlich wird wie seine zynische Haltung gegenüber seinem Beruf.

Einige Szenen des Theaterstücks, das die Seminargruppe entwickelte, sind auch Passagen aus dem Buch „Ich knall` euch ab“ von Morton Rhue nachempfunden. Dieses handelt von einem Amoklauf in einer Schule in den USA. Die Mitschüler des Amokläufers suchen anschließend nach Erklärungen für den unerwarteten Gewaltausbruch.

Arbeitsbedingungen werden schwieriger

Freilich übt das Stück „Lehrer haben vormittags Recht und nachmittags frei“ nicht nur Kritik an Lehrern. Es thematisiert auch ihre immer schwieriger werdenden Arbeitsbedingungen. Lehrer, so zeigt eine Szene, müssen im 21. Jahrhundert einen regelrechten „Spagat“ hinbekommen: Einerseits werde die Unterrichtszeit immer knapper, andererseits nehme die Stoffmenge immer mehr zu. Außerdem müssten Lehrer häufig Erziehungsaufgaben übernehmen, für die eigentlich die Eltern zuständig seien. Im internationalen Vergleich würden Lehrer in Deutschland zwar sehr gut bezahlt, jedoch sei ihr gesellschaftliches Ansehen hierzulande niedriger als in anderen europäischen Ländern.

Außerdem, so macht das Stück deutlich, haben sie es auch mit den Schülern nicht immer leicht: Am Anfang ihrer Schullaufbahn sind sie noch bestens motiviert und singen: „Hurra, ich bin ein Schulkind und nicht mehr klein / Hier hab‘ ich viele Freunde, das find‘ ich fein“. Später, in der Pubertät, wird daraus ein lustloses: „Hurra, ich bin ein Schulkind und nicht mehr klein / Ich hab‘ kein‘ Bock auf Lernen und mag kein Schwein“.

Viele Teilnehmer des Seminars wollen selbst Lehrer werden. Doch wie schafft man es, nicht der kleinkarierte Spießer zu werden, als die die Lehrer im Stück dargestellt werden? „Selbstreflexion ist ganz wichtig“, meint eine Studentin. „Man muss ständig an sich arbeiten.“