Chor und Orchester der Universität erhielten tatkräftige Unterstützung vom Knabenchor der Domkantorei Bamberg (in rotem Gewande),...

... um Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion aufzuführen.

Nach fast drei Stunden hatten sich Sänger, Musiker und Dirigent Michael Goldbach den Applaus redlich verdient (Fotos: Daniel Wagner).

- Rupert Plischke

Matthäus-Passion als Herausforderung

Semesterabschlusskonzert von Chor und Orchester der Universität

Was für ein Werk – was für eine Herausforderung! Die etwas über zweieinhalb Stunden der Matthäus-Passion gönnen weder dem Zuhörer – und schon gar nicht den Ausführenden – viele Minuten zum Verschnaufen. Vielmehr folgen zahlreiche kurze Chöre, Rezitativeinschübe, solistische Passagen und Arien in raschem Wechsel, bezogen auf einen zumeist raffiniert wortgetreu musikalisch umgesetzten oder neu gestalteten Text, wie ihn der Komponist Bach von seinem Schreiber Picander eingefordert hat.

Beeindruckendes Niveau

74 der 78 Nummern hatte Universitätsmusikdirektor (UMD) Dr. Michael Goldbach ins Programm aufgenommen und sich damit für nur geringfügige Kürzungen entschieden: 74 Wechsel in Stimmung und Tempo – von den plötzlichen Umschwüngen innerhalb vieler Abschnitte noch ganz abgesehen. Wer seine Ensembles dabei in Ruhe führen will, muss schon genau wissen, worauf er sich einlässt – und offensichtlich hat UMD Goldbach genug Zeit gefunden, um mit seinem großen Chor aus ca. 140 Sängerinnen und Sängern, dem großen Universitätsorchester und nicht zuletzt gut drei Dutzend Knaben des Domchors (Einstudierung: Werner Pees) das Meisterwerk bis zur Konzertreife auf insgesamt beeindruckendem Niveau zu erarbeiten.

Michael Goldbach konnte sich dazu auf viele auf ihn und untereinander eingespielte Musiker verlassen, so dass beispielsweise das Orchester trotz der Zweiteilung mit ungewöhnlicher Sitzordnung und trotz der großen Besetzung mit sehr variantenreichem, zumeist weichem, leicht angedunkeltem Klang musizierte, dabei stets ausgewogen und durchhörbar zugleich. Ein Lob den Bläsern, die sich harmonisch in das Ganze einfügten, aber auch bei der Begleitung der Solisten stilsicher und klangvoll agieren konnten.

Harmonische Kühnheiten

Die Gesangssolisten zeigten ihre Größe nicht nur in ihren Parts wie etwa der mit beinahe schauspielerischer Wandlungsfähigkeit und Bühnenpräsenz durch das Werk führende Evangelist (spannungsvoll bis zuletzt und auch musikalisch höchst wandlungsfähig: Dieter Wagner) oder die beiden Sängerinnen Eva-Maria Helbig (Sopran) und Kerstin Rosenfeldt (Alt). Neben ihrer Kunst der bisweilen beinahe kammermusikalischen Diskretion (in mancher Altarie) überzeugten sie auch in leuchtend raumfüllenden und schwerelos ergreifenden Melodiebögen. Diese formte die Sopranistin in ihrer späten Arie „Aus Liebe will mein Heiland sterben“ einfach wunderbar und zwang damit den Saal und alle Erkälteten und Räusperer in andächtige Stille. Vielmehr hielten sie wie auch Martin Popp (als eher weich angelegter Christus) und der sehr plastisch gestaltende Bass Tomas Rosenfeldt auf ihre Weise „den Laden zusammen“ und zogen die Tuttisten mit bzw. reagierten flexibel auf Impulse des Dirigenten.

Auch der Chor hielt das Niveau – geradezu lautmalerisch gelangen die Barrabam-Rufe, die sich steigernde Verhöhnung des Herren, zugleich aber auch die naiven Momente tiefer Gläubigkeit in den vielen Chören und Chorälen. Pastoral und idyllisch-natürlich etwa der Osterlamm-Chor zu Beginn; aber UMD Goldbach gelang es auch noch, die harmonischen Kühnheiten des „Wenn ich einmal soll scheiden“ gegen Ende deutlich zu formen, ohne sie übertrieben oder klügelnd auszustellen. Vielleicht ist dies der Grund für den begeisterten Applaus des Publikums - und auch „seiner“ Musiker: dass es ihm unbedingt um die Musik geht, nicht mehr – aber auch nicht weniger.