Mittlerweile schon zur Tradition geworden: Das Semesterschlusskonzert unter Leitung von Michael Goldbach (Fotos: Christiane Zeise).

Hochkarätiger Solist: Reto Kuppel...

... harmonierte sehr gut mit dem Orchester.

- Rupert Plischke

Klänge aus dem 19. Jahrhundert

Semesterschlusskonzert des Universitätsorchesters

Ein Programm für jüngere Hörer? Französische Bearbeitungen? Oder gar der etwas altbackene Gegensatz von klangvoller „deutscher Romantik“ und leichtfüßigem „französischem Esprit“? Was auch immer man als leitende Idee dem Abschlusskonzert des Universitätsorchesters zuordnen mochte: Die Rechnung ging auf.

Unter Universitätsmusikdirektor (UMD) Dr. Michael Goldbach spielten die Musiker diesmal Werke des 19. Jahrhunderts. Die Verbindung zwischen den einzelnen Stücken stellte die Schauspielerin Meike Hess in der Rolle der etwas überdrehten, eitlen und spöttischen, aber auch verspielten Moderatorin her. Sehr sympathisch hier: Sie versuchte erst gar nicht, musikologische Gedanken oder Erkenntnisse auf vermeintliches Kinderniveau herunterzubrechen und sich so bei den erfreulich vielen jüngeren Hörern anzubiedern, sondern machte durch selbstironische Possen Lust auf – die Geige, etwa vor Bruchs Violinkonzert mit dem fabelhaften Reto Kuppel. Oder sie skizzierte eine ebenso einfache wie einleuchtende Geschichte zum Marionettenmarsch von Charles Gounod, die das Zuhören durchaus erleichtert haben mochte. Das Publikum dankte jedenfalls auch ihr mit reichlich Applaus.

Doch der Reihe nach: Mit Saties Sammlung „Sports et Divertissements“ in Orchesterfassung setzten die Musiker Miniaturen an den Beginn des Konzerts, die ihnen hellwaches Zusammenspiel, rhythmische Präzision und andauernden Wechsel der Klangfarben, der Stimmungen abforderten. Dies leistete das Orchester unter Michael Goldbachs genauem, knappen Dirigat auf sehr überzeugende Weise; beim Rennen (Nr. 4) kam starke innere Spannung dazu, während die Wellen des Ozeans im folgenden Stück  lautmalerisch nachempfunden wurden. Mit der kurzen Anglergeschichte erwies sich der Musik-Autodidakt Satie zugleich auch als moderner Autor, der hier eine „Nicht-Geschichte“ auf denkbar minimalistische Weise verknappt hatte. Klangwitz und rhythmische Spielerei prägte das abschließende Picknick, das für uns heute vor allem wie eine elegante Stravinsky-Parodie wirkt.

Harmonisches Zusammenspiel zwischen Solist und Orchester

Großer Effekt dann mit Bruchs Violinkonzert, dem bekannten g-Moll-Werk. Wie und zu welchem Preis Goldbach Reto Kuppel, den stellvertretenden Konzertmeister des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks verpflichten konnte, sei dahingestellt; entscheidend war die überaus glückliche Symbiose, die sich hier zwischen dem hochqualifizierten Profi und dem Bamberger Orchester entwickelt hatte. Da konnte der Geiger über dem vor allem von den Bläsern gewebten Klangteppich der langsamen Einleitung und an mancher markanten Passage später solistisch frei agieren, ohne um den Zusammenhalt des Orchesters fürchten zu müssen. Da genügten knappe Impulse des Dirigenten zur Feinabstimmung zwischen großem Orchester und Solisten, da war es nicht zuletzt schön zu bemerken, wie intensiv Kuppel ins Orchester eingebunden war bzw. wie selbstverständlich er „seine“ Musiker antrieb und auf seine Höhenflüge mitnahm.

Der Höhepunkt des Abends: vielleicht der langsame Satz, in dem sich der warme, weich und betörend timbrierte Geigenklang aufs angenehmste mit dem ebenfalls dunkel eingefärbten Tuttiklang mischte. So ergab sich ein romantisch strömender Melodienbogen, wie man ihn sich schöner kaum vorstellen mag. Wunderbar abschattiert dann auch die Pianissimo-Passage gegen Ende des Satzes, in der die Geige völlig losgelöst vom hingetupften Orchesterklang auf andere Sphären verweisen durfte…

Mit einem Reigen kürzerer Stücke von Gounod, Debussy und Saint-Saens (der populäre Danse macabre als Abschluss-Schocker) war der zweite Teil gefüllt. Hier sei vor allem auf Debussys „Childrens corner“ verwiesen. Dass das Orchester Debussys Empfehlung, die einleitende Etüde als „hygienische und progressive Gymnastik“ anzusehen und sie allmorgendlich „nüchtern“ zu spielen, wirklich gefolgt ist, darf wohl bezweifelt werden. Aber dennoch wurden der lautmalerische Witz, die instrumentatorische Vielfalt und der rhythmische Charme der Miniaturen auf höchst anregende Weise deutlich. Großes Kompliment und großer Applaus – nicht zuletzt für die fabelhafte Bläsertruppe, die UMD Goldbach hier um sich versammelt hat.