Volle Bläserbesetzung bei Dvoraks Neunter.

Chor-Medleys von Bernstein, Berlin und Gershwin mit Klavier, Schlagzeug und Bass.

Blumen für ein traumhaftes Solo für die Konzertmeisterin Rebekka Wrensch. (Bilder: Rupert Plischke)

- Rupert Plischke

Facettenreiches Amerika

Chor und Orchester der Universität überzeugten beim Semesterschlusskonzert

Amerika – lange belächelter kultureller Nachzügler, aber auch Zufluchtsort bedrohter Existenzen. Zugleich Ort idealisierter Gemeinschaft und Feindbild nicht nur linker Kreise: Es lohnt sich immer, derartigen Klischees auf den Grund zu gehen. Dieser Aufgabe hatten sich in musikalischer Hinsicht Universitätsmusikdirektor (UMD) Michael Goldbach und „seine“ beiden großen Ensembles, Chor und Orchester der Universität, bei ihrem Semesterabschlusskonzert gewidmet.

Präzises und diszipliniertes Musizieren

Zur entspannten Stimmung in der AULA der Universität fügte sich wunderbar Bernsteins Medley aus der „West Side Story“ als frei schwebendes Intro: vorgestellt von einem sichtlich gut gelaunten Dirigenten, einer kleinen Combo und den etwa 30 Sängerinnen und Sängern. Trotz aller Blue Notes und synkopierter Verschiebungen wurde da höchst präzise und diszipliniert musiziert; federnd und vor allem etwas frauenlastig strahlend erklangen auch die drei Songs von Irving Berlin sowie das „Porgy and Bess“-Medley von Gershwin mit dem unvermeidlich-unverwüstlichen „Summertime“.
 
Mit der sehr effektvollen, dabei auch musikalisch recht komprimierten „Fanfare for the common man“ von Aaron Copland leitete UMD Goldbach schließlich zu den ‚größeren‘ Werken des Abends über.
In der „Rhapsody in Blue“ setzte Michael Goldbach zunächst auf ein eher ruhiges Tempo, so dass das Orchester, gerade im Gegensatz zum Klavier, anfangs beinahe etwas statisch agierte. Doch so gab es auch noch reichlich Luft für Steigerungen und kontrastreiche Einwürfe, Kompliment ans Orchester, vor allem aber die sehr gut vorbereiteten Bläser.

Die konzentrierten Proben zahlten sich aus

Gregor Wind hingegen nutzte den Freiraum seines Parts, vor allem von dessen Titel, sehr geschickt aus. Voller rhythmischer Finesse und mit Blick auf viele Nuancen setzte er auf rubatoreiches, rhapsodisches Tempospiel und differenzierte Klangschattierungen: kühl und beinahe gläsern in höheren Lagen, verführerisch dunkel in Mittellage und tieferen Registern. Auch die Kadenz vor der Stretta legte er auf stupende Weise vor das furiose Finale.

Zu steigern war dies nur noch durch ein großes Orchesterwerk – die 9. von Dvorak sollte den krönenden Abschluss bilden. Auch wenn diese immer noch und immer wieder reizvolle Musik sich quasi von selbst trägt, wurde doch die viele Detailarbeit der Proben rasch deutlich; technische Herausforderungen in allen Stimmen und unmittelbare musikalische ‚Belohnung‘ lässt Dvorak hier ja höchst meisterhaft ineinander greifen.

Furioses Finale

Und Goldbach war es offenbar gelungen, die Begeisterung seiner Musiker zu wecken und wachzuhalten. Sie spielten mit Freude und hohem Können, bewundernswert diszipliniert im idyllischen Largo jenseits alles Gefühligen; das Scherzo erinnerte vielleicht eher an einen wild-behäbigen Tanz der archaischen Riesen aus der uramerikanischen Rip-van-Winkle-Geschichte, bevor die gebändigte innere Kraft und kontrollierte Wucht des leidenschaftlichen Allegros die AULA mehrfach erzittern ließ. Zum Abschluss: Begeisterung auf allen Gesichern, langer Applaus -  Amerika scheint die Mühe wert ...