Friedrich Schiller, Heinrich Heine und Paul Celan zählen zu Robert Schindels Vorbildern (Fotomontage: Rainer Schönauer).

Auch am zweiten Abend fanden viele interessierte Zuhörer den Weg in die U7 (Fotos: Marina Loch).

Natürlich erfüllte Robert Schindel auch die Signierwünsche der Besucher.

- Marina Loch

Große Vorbilder eines Poetikprofessors

Zweiter Abend mit Robert Schindel

Robert Schindel beschäftigte sich in einem weiteren Vortrag mit seinen Lehrmeistern und der Tatsache, dass nicht der Dichter sein Thema findet, sondern das Thema den Dichter.

„Schriftsteller werden von einem Thema attackiert, weichen aus, widersetzen sich, bis sie sich ihm stellen müssen“, so beschreibt der diesjährige Poetikprofessor Robert Schindel das Verhältnis zwischen Autor und den Inhalten der Dichtung. Seine zentralen Stoffe sind die Herkunft und Auswirkungen der Katastrophen des 20. Jahrhunderts: „Sie waren auch in meiner Lyrik schon immer anwesend und ich hoffe, dass sie mich irgendwann wieder loslassen. Vielleicht wäre ich dann in der Lage auch mal eine Liebesgeschichte zu schreiben.“ Einen Einblick in sein Werk ermöglichte der österreichische Dichter am 8. Juli durch den Vortrag verschiedener Gedichte, eines Essays und einer Erzählung.

Ein Licht in den Dunkelheiten

In seinem unveröffentlichten Essay „Aus Kälten und Dunkelheiten“ beschäftigt sich Robert Schindel mit dem österreichischen Schriftsteller und Widerstandskämpfer Manès Sperber, dessen Leben von den beiden großen Ideologien und den schrecklichen Ereignissen des vergangenen Jahrhunderts geprägt war. Als ehemaliges Mitglied der KPD und als Jude setzte er sich mit dem Kommunismus und dem Nationalsozialismus auseinander. Nach der Lektüre seiner Autobiographie war Robert Schindel von dieser Persönlichkeit fasziniert, denn Sperber schaffte es, aus dem geschlossenen System der Ideologie auszubrechen und ein individuelles Denken zu entwickeln.

Für Schindel kann er daher als Beispiel für die Gegenwart und als ein Licht in möglichen neuen „Dunkelheiten“ dienen. In Bezug auf den Künstler und dessen Arbeit bedeutet das für den Poetikprofessor, dass er „immer darauf achten muss niemandem hinterherzulaufen“. Trotzdem oder gerade deswegen sind Vorbilder für Robert Schindel wichtig. Er zählt zu seinen Lehrmeistern beispielsweise Friedrich Schiller, Paul Celan, Heinrich Heine und auch Gesellschaftskritiker wie Walter Benjamin, Theodor W. Adorno und Karl Kraus.

Die Poetikprofessur als Annäherungsversuch

In seiner Erzählung „Kleine Geschichte des Verschwindens“ (1994) wird der Gegensatz zwischen journalistischer und literarischer Textproduktion in der Figur Leo Gager aufgezeigt: „Ich habe panische Angst vor dem journalistischen Schreiben“, gestand Schindel. Für ihn ist die Sprache kein Instrument, um Wissen, das man bereits erworben hat, zu vermitteln, sondern ein Medium des Denkens. Erst im Schreiben entwickeln sich seine Gedanken, erst dann wird ihm bewusst, was er vorher noch nicht gewusst hat.

Dem Gedanken, ob eine Poetikprofessur, bei der es auch um Wissensvermittlung geht, nicht somit ein Widerspruch in sich sei, kann Robert Schindel nicht widersprechen. Er möchte aber durch die Zusammenstellung und Verknüpfung seiner Texte eine Vorstellung von Poetik erwecken. „Sie ist ein Annäherungsversuch zwischen Ihren Erwartungen und meinen Hoffnungen.“
Figuren und Film

In seinem nächsten Vortrag am 15. Juli möchte Robert Schindel sich mit den literarischen Figuren seiner Texte beschäftigen. Dr. Iris Hermann, Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft, verwies am Ende auf einen weiteren interessanten Termin: Am 16. Juli um 10 Uhr in U5/217 wird im Rahmen des Seminars mit dem Autor die Verfilmung seines  Romans „Gebürtig“ gezeigt.