Munteres Krabbeln in der Kinderbetreuungsgruppe "Krabbelmonster" der Universität Bamberg. (Bild: Pressestelle)

Die Frauenbeauftragten der Universität (v.l.): Prof. Dr. Eleonore Ploil (WS 2003/04 bis WS 2004/05) und Prof. Dr. Bärbel Kerkhoff-Hader (WS 2003/04 bis SS 2005) sowie Prof. Dr. Margarete Wagner-Braun und Prof. Dr. Anna Susanne Steinweg (beide seit WS 2005/06).

- Katrin Sell

Mit vier Kindern zum Doktortitel

Festkolloquium "15 Jahre Förderung der Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre"

Als „vorrangiges Anliegen“ und „eine der vornehmsten Aufgaben der Frauenbeauftragten“ bezeichnete die ehemalige Bamberger Universitätsfrauenbeauftragte, Prof. Dr. Bärbel Kerkhoff-Hader, die Frauenförderung in der Wissenschaft. Bei einem Festkolloquium blickte sie auf „15 Jahre Förderung der Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre“ durch die Hochschulsonder-  (HSP) und Hochschul- und Wissenschaftsprogramme (HWP) zurück. Zudem stellten sich die neuen Universitätsfrauenbeauftragten, Prof. Dr. Anna Susanne Steinweg und Prof. Dr. Margarete Wagner-Braun, die seit 1. Oktober 2005 im Amt sind, den rund 50 Anwesenden vor.

Erst seit 101 Jahren dürfen Frauen an bayerischen Hochschulen studieren. In Bamberg stellen sie inzwischen mit 62 Prozent die Mehrheit der Studierenden. Bei den Professuren sind Frauen jedoch weiter stark in der Minderheit. Der Anteil beträgt 18 Prozent – 1992 waren es nur sieben Prozent. Im Vergleich zu Landes- und Bundesdurchschnitt ist der Professorinnenanteil in Bamberg sogar noch hoch. Dies ist dabei auf die Bamberger Fächerstruktur mit vielen „klassischen Frauenfächern“ wie Philologien und Pädagogik zurück zu führen, hob Prof. Kerkhoff-Hader hervor.

Grundzertifikat „Familiengerechte Hochschule“


Unterstützung bekamen die Frauenbeauftragten von der Hochschulleitung. Prorektor Prof. Dr. Rainer Drewello: „Die Universität kann sich einen so geringen Professorinnenanteil nicht leisten.“ Frauenförderung sei daher „absolut notwendig.“ Einen Fortschritt sah er bei den jüngsten Berufungen auf Professuren. In Bamberg seien in den vergangenen drei Jahren knapp ein Drittel Frauen berufen worden. Drei der zwölf in diesem Zeitraum neu besetzten C4/W3-Professuren, welche der höchsten Besoldungsstufe entsprechen, hätten nun Frauen inne. Kanzlerin Martina Petermann betonte, dass die Universität familienfreundlicher werden wolle: Am 22. November habe die Hochschule die Grundzertifizierung zum Siegel „Familiengerechte Hochschule“ erhalten. Damit sei ein erster Schritt getan. Nun geht es darum, die für die Zertifizierung vereinbarten Ziele umzusetzen, die die Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Karriere und Kindern erleichtern sollen.
Auch zu den erklärten Zielen von Margarete Wagner-Braun, Professorin für Wirtschafts- und Innovationsgeschichte, als allein erziehende Mutter gehört, ein familienfreundliches Umfeld an der Hochschule zu schaffen. Sie und ihre Kollegin Anna Susanne Steinweg, Professorin für Didaktik der Mathematik und Informatik, betonten, dass sie „als neue Frauenbeauftragte mit Mut an die Aufgabe herangehen“, sich für die Gleichstellung der Geschlechter einzusetzen.

Mit Stipendium zur Professur


Vier ehemalige Stipendiatinnen des HSP und HWP – zwei davon sind inzwischen Professorinnen - zeigten exemplarisch die Bandbreite der geförderten Projekte. Ein Beispiel dafür, dass die Frauenförderprogramme in den 15 Jahren Wissenschaftlerinnen geholfen haben, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bringen, stellte die Referentin Dr. Eleonore Hartl-Grötsch dar. Die Pädagogin war in der Endphase ihrer Promotion Stipendiatin, zog dabei vier Kinder groß und leitet heute im Münchner Schulreferat die Abteilung für Kindertageseinrichtungen. Beim Festkolloquium referierte sie zum neuen Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz, an dessen Entstehungsprozess sie in den entsprechenden Gremien  für den Bayerischen Städtetag und für die Landeshauptstadt München mitgearbeitet hatte. Hartl-Grötsch setzte sich auch aus gleichstellungspolitischen Gründen für einen Ausbau von Bildungsinstitutionen für Kinder ein. Die Finanzierung sei eine „Prioritätensetzung, denn Geld ist da“ – nur werde es derzeit für andere Prioritäten ausgegeben. „Der Kinderwunsch ist natürlich. Männer verwirklichen ihn sich seit Jahrhunderten, Frauen gönnen es sich erst seit wenigen Jahren“ – vorausgesetzt, die Betreuungsmöglichkeiten sind vorhanden. Der Universität Bamberg empfahl sie im Rahmen der Auditierung als „familiengerechte Hochschule“, ein „Haus für Kinder“ einzurichten. Darunter fallen rechtlich gesehen Einrichtungen, die eine Kombination aus Kinderkrippen, Kindergärten, Horten, Tagesheimen und angegliederter Tagespflege anbieten.

Bei Habilitationen im Spitzenfeld


Prof. Dr. Gabriele Knappe hatte ein HSP-Stipendium zur Fertigstellung ihrer Habilitationsschrift genutzt. Nach erfolgreicher  Habilitation vertritt die Privatdozentin derzeit den Lehrstuhl für englische Sprachwissenschaft an der Universität Bayreuth. Ihr Forschungsgebiet war die historische Phraseologie, und ihr Vortrag widmete sich entsprechend dem „Umgang mit festen Wortverbindungen in englischen Sprachstudien vor 1800“. Phraseologismen seien festgelegt, potenziell variabel, potenziell bildlich und potenziell unlogisch und übertrieben („jemand ist nur Haut und Knochen“). Deshalb kamen sie bei den normierenden Grammatikern des 18. Jahrhunderts schlecht an. George Campbell beispielsweise bezeichnete sie 1776 als „trash“ und „disgrace of the tongue“.
Prof. Dr. Astrid Schütz wurde in den 1990er Jahren bei verschiedenen kleineren Publikationen und ihrer Habilitationsschrift durch ein Stipendium unterstützt. Sie ist inzwischen Professorin für differentielle Psychologie und Diagnostik an der TU Chemnitz und stellte unter dem Motto „Je selbstsicherer, desto besser?“ ihren Forschungsschwerpunkt „Selbstwertschätzung“ vor. Menschen mit geringer Selbstwertschätzung zweifelten an ihren Fähigkeiten und leisteten dann tatsächlich weniger, betonte sie. Hingegen könne Überschätzung dazu führen, dass Menschen nicht genug in eine Aufgabe investieren. Auch beim Thema Selbstwert spiele das Geschlecht eine Rolle: Für Männer sei bei der Selbstwerteinschätzung eher der soziale Vergleich wichtig, während Frauen stärker auf soziale Rückmeldung reagierten. Die vierte Referentin, Dr. Beatrix Hesse, war Postdoc-Stipendiatin und hat inzwischen ihre Habilitationsschrift zum Thema „The Body in the Library and the Body on Stage“ an der Universität Bamberg eingereicht. In ihrem Vortrag erläuterte sie die wichtigsten Thesen und Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit zur Geschichte und Poetik des englischen Kriminalstücks. So sei der Handlungsort im Kriminalstück oft eine städtische Mittelschichtswohnung, der Verbrecher (beliebt: der „wahnsinnige Massenmörder“, der am Schluss seine gerechte Strafe erhält) steht im Mittelpunkt, Superdetektive wie Hercule Poirot spielten kaum eine Rolle.

Finanzielle Förderung spiele für Wissenschaftlerinnen eine wichtige Rolle: „Seit 1990 sind an der Bamberger Universität in den Programmen HSP und HWP über 1,6 Millionen Euro für Stipendien ausgegeben worden.“ 28 Prozent aller Frauen, die sich zwischen 1990 und 2004 in Bamberg habilitierten, wurden durch HSP oder HWP unterstützt. Das Ergebnis kann sich also sehen lassen. Nur eines der 71 geförderten Projekte wurde abgebrochen. Alle anderen Projekte wurden abgeschlossen oder die Wissenschaftlerinnen arbeiten noch daran. „Die vergangenen 15 Jahre waren erfolgreich, wir hoffen auf 15 weitere erfolgreiche Jahre“, sagte Kerkhoff-Hader. Dafür müsse das Bund-Länder-Programm HWP, das Ende 2006 ausläuft, weitergeführt werden.