Elazar Benyoëtz beeindruckte das Publikum mit seinen Reflexionen über Gott (Foto: Stefan Zinsmeister).

- Stefan Zinsmeister und Christoph Elßel

„Zwischen mir und Gott darf kein Glaube stehen“

Der Aphoristiker Elazar Benyoëtz zu Gast in Bamberg

Am 17. November war Elazar Benyoëtz in der Israelitischen Kultusgemeinde in Bamberg zu Gast. Und alle Erwartungen der Lesung, die der Lehrstuhl für Alttestamentliche Wissenschaften, die Professur für Judaistik sowie der Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaften unter Beteiligung der Hochschulgruppe des Cusanuswerks gemeinsam veranstalteten, wurden erfüllt, wenn nicht sogar übertroffen: Charmant und mit viel Sprachwitz hinterfragte der Autor Vorstellungen von Gott: „Wenn am Anfang das Wort war, dann ist Gott das Vorwort.“  

Elazar Benyoëtz wurde 1937 in Wien geboren, 1939 emigrierte die Familie nach Israel, wo er in hebräischer Sprache aufwuchs. Als ausgebildeter Rabbiner, der sein Amt nie ausgeübt hat, kann Benyoëtz davon sprechen, wie sehr Gott einem zu schaffen machen kann. Und so ringt er, in der Tradition der hebräischen und christlichen Bibel stehend, um eine angemessene Sprachform für religiöse Aussagen nach Auschwitz. Für seine Reflexionen über Gott wählt er eine Sprache, die ihm Distanz zu diesen Traditionen verschafft, es ihm aber zugleich ermöglicht, der Sprache der Verfolger neue Qualitäten zu abzugewinnen: „Ich wusste, was ich im Deutschen suchte, und daß es nur im Deutschen zu finden sei: Staub und Asche, aber auch Sprachquelle und Redefluss.“ Diese außergewöhnliche Synthese von jüdischer Denkwelt und deutscher Sprache präsentierte er an diesem Abend mit einer Lesung, die er „Eingezweifelt in Gott. Variationen über ein verlorenes Thema“ betitelte.

Vorgetragene Ungeheuerlichkeiten

Begleitet wurde die Veranstaltung musikalisch von der Harfinistin Susanne Globisch, die mit verträumten Klängen Freiraum zum Nachsinnen und Überdenken des Gehörten ließ. Ein Abend, der nachdenklich, unterhaltsam, bereichernd und vor allem vielseitig war und die Anwesenden begeisterte: Der kreative Umgang mit Sprache („Widersprüche sind Sprüche“); das Hinterfragen scheinbar selbstverständlicher Überlegungen von Gott und zum Verhältnis zu Gott („Gott lässt sich nicht auf den Reim bringen und das ist von großer Bedeutung“); die mit sanfter Stimme vorgetragenen Ungeheuerlichkeiten („Der haltbare Glaube ist nicht der Glaube, der hält“); oder prägnante Bonmots („In Zweifel gezogen, dehnt sich der Glaube aus“); all das machte die Lesung mit Elazar Benyoëtz zu einem beeindruckenden Erlebnis.

Wer sie verpasst hat, dem sei eines der vielen Bücher des Autors empfohlen: Aber Achtung – die Gedanken und Anspielungen werden in den nächsten Tagen viel beschäftigen. Denn, so Benyoëtz, „Aphorismen werden nicht einfach gelesen, sondern sie treten mit dem Auf- und Zuschlagen des Buches blitzartig in das Bewusstsein und fesseln den Lesenden.“