Chorleiterin Lizzy Rumer (Vordergrund) und ihre „Flames“.

- Daniela Kaiser

Die „Flames“ bringen den Advent zum Klingen

Der Gospelchor der Universität Bamberg

Chorleiterin Lizzy Rumer, 28 Jahre, gibt den Takt am Keyboard vor und singt einzelne Passagen an. Nachdem jede Stimme ihren Ton gefunden hat, fügen sich Sopran, Alt, Tenor und Bass zusammen.

Wer bis dahin an diesem kalten Dezemberabend noch gefröstelt hat, dem dürfte spätestens jetzt mit den ersten Takten des Songs „Who would imagine a king“ warm werden – vor allem ums Herz. Binnen weniger Sekunden lassen „die Flames“ mit ihren Stimmen die Luft vibrieren, kaum jemand kann sich ihrem musikalischen Bann entziehen. So klingt hier der Advent.

Das nächste Lied „Now behold the Lamb“ scheint es in sich zu haben. Nach kurzem Ansingen ruft jemand aus dem Tenor: „Können wir noch einmal den Ton von Takt 27 haben?“ Drei Minuten später zeigt sich ein Sänger mit seiner Sangeskunst ganz und gar unzufrieden: „Lizzy, ich kann das nicht“, ruft er enttäuscht aus dem Alt. „Ja, aber ist ja schön, dass wir so etwas Schönes gesungen haben“, meint die Chorleiterin. Kleine Patzer sieht Lizzy Rumer mit Humor. Zumindest meistens.

Niemand bei den Flames muss perfekt sein. Vor allem nicht, wenn er neu dabei ist. Und das sind viele, denn hier singen überwiegend Studenten, für ein Semester oder zwei. Manchmal aber auch während ihrer gesamten Studienzeit.

„Geballte Chorpower“

Jennifer Ulbrich studiert Germanistik und Geografie an der Otto-Friedrich-Universität. Vor knapp einem Jahr hat die 20-Jährige, nachdem sie wegen dem Studium aus Thurnau nach Bamberg gekommen war, nach einem Chor in der Stadt „gegoogelt“. Der Schnupper-Besuch bei Flames of Gospel hat sie überzeugt. „Seitdem bin ich fast immer da“, erzählt Ulbrich, „hier kann ich entspannen und vom stressigen Uni-Alltag auch einmal abschalten.“

Kristin Heiß (31) studierte an der TU Darmstadt. Nach Bamberg ist sie wegen ihres Freundes gezogen. An den Flames gefällt ihr vor allem die „geballte Chorpower“, wie sie es nennt, die in den Songs zum Ausdruck kommt. „Ich kann mich mit dem, was hier in der Musik gelebt wird, gut identifizieren“, sagt Heiß. „Obwohl ich eigentlich ohne Konfession bin.“ Trotzdem singt sie bei der Katholischen Hochschulgemeinde mit.

„Jeder nutzt es anders“, sagt Dominik Noß, „für mich zählen der Glaube, die Musik und die Gemeinschaft.“ Er kam kurz nach der Gründung des Chores dazu. Heute arbeitet er als Elektrotechnikingenieur und ist noch immer mit dabei. „Ich mag die Art zu singen und die Atmosphäre“, sagt der 38-Jährige, „durch den Chor ist auch mein Freundeskreis gewachsen.“

Mit der Intension, „Schwung in die kalten Kirchen zu bringen“, gründete Lizzy Rumer, gelernte Musikalienhändlerin, den Chor im Jahr 2001. Damals hießen die Flames noch „Flakes of Gospel“ und zählten gerade einmal 15 Leute. Im Laufe der Zeit wurden sie nicht nur umbenannt und haben eine Kleiderordnung eingeführt, sondern sind auch kontinuierlich gewachsen. Heute haben die Flames etwa 50 aktive Mitglieder und schöpfen aus einem Repertoire von fast 60 Songs. Die meisten davon sind wenig bekannte Gospels, die auch R’n’B-Elemente, Latin-Pop, Funk, Jazz und Soul enthalten.

„Ich will keinen Mainstream, nicht das, was alle Gospelchöre singen, sondern ausgefallene Sachen“, sagt Rumer über ihre Liedauswahl. Deshalb schreibt sie viele Noten selbst. Bei einem Auftritt bleiben diese aber zuhause im Ordner. „Der Chor soll nicht in den Noten hängen, sondern frei sein“, sagt Rumer, „der Spaß soll rüberkommen.“

Auftritte haben die Flames viele. Heute geht es zum Adventskonzert nach Adelsdorf bei Höchstadt. Melly Wild (29), von Beruf Sozialpädagogin, übernimmt für solche Veranstaltungen die organisatorische Leitung. Sie führt Anwesenheitslisten, schreibt Rundmails und vereinbart Treffpunkte. Für das Adventskonzert kümmerte sie sich um Mitfahrgelegenheiten für die Studenten und sorgt dafür, dass alle pünktlich am Auftrittsort und danach wieder zuhause sind. Keine leichte Aufgabe. „Alle zusammenzuhalten ist schwer“, sagt Wild, „aber auf den harten Kern von 30 bis 40 Leuten ist immer Verlass“.

Auch Männer sollten den Mut haben mitzusingen

Dazu gehört Holger Krause (45). Seit fünf Jahren ist der Realschullehrer Mitglied der Flames of Gospel. „Ich fühle mich einfach wohl hier“, sagt Krause. Sein Hobby findet er alles andere als ungewöhnlich. „Es müssten viel mehr Männer den Mut fassen, einmal etwas auszuprobieren.“ Auch wenn die Art zu singen, und das zudem noch auswendig, selbst ihm anfangs fremd vorkam.

Tatsächlich sind die männlichen Chormitglieder eine überschaubar kleine Gruppe. Immer wieder versucht Chorleiterin Lizzy neue Männer-Stimmen ausfindig zu machen. Erfolg stellt sich dabei nur mäßig ein. Bisweilen ist der Chor sehr international besetzt. Ständige Fluktuation kann aber auch mühsam sein. „Ich wünsche mir eine festere Gruppe“, sagt Rumer. „Wenn Studenten nur kurz bleiben, ist ständig Umbruchstimmung im Chor.“

Von der Umbruchstimmung ist in der Kirche in Adelsdorf an diesem Abend nichts zu spüren. Hier macht sich durch die Flames of Gospel Adventsstimmung breit. Das Konzert dauert rund 90 Minuten, ohne Noten, versteht sich. Gesang und Choreografie, alles klappt perfekt. Zum Schluss sitzt niemand mehr auf seinem Stuhl. Die Konzertbesucher klatschen mit und tanzen schon fast. Die Flames haben sie in ihren Bann gezogen.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Nürnberger Zeitung

Weitere Informationen zu den „Flames“

www.flames-of-gospel.de