Noch heute versorgen die Gärtner den Bamberger Markt mit frischem Gemüse (Bild: Marina Loch).

Mit diesem herrlichen Ausblick auf die Otto-Kirche, macht der Salatanbau gleich doppelt Spaß (Bilder: Lehrstuhl für Europäische Ethnologie).

Die Gärtner und Häcker nehmen jedes Jahr an den traditionellen Prozessionen teil.

- Marina Loch

Vom Wirtschaftsfaktor zum Welterbe

Studierende haben eine Ausstellung über Bambergs Gärtner und Häcker konzipiert

 

Was haben Süßholzraspler, Zwiebeltreter und die Bratwurstprozession gemeinsam? Richtig -  diese Begriffe sind untrennbar mit den Bamberger Gärtnern und Häckern verbunden. Die Besonderheiten dieser beiden traditionsreichen Berufsgruppen haben Studierende in einer Ausstellung im Historischen Museum Bamberg sichtbar gemacht.

Die Gärtner und Häcker prägen schon seit über 400 Jahren das Stadtbild Bambergs. Die Häcker, so die fränkische Bezeichnung für Winzer, spezialisierten sich in ihrer Arbeit zunächst auf die Wein- und Essigproduktion und verlagerten später ihren Schwerpunkt auf den Anbau von Hopfen und dann auf die Landwirtschaft. Die Gärtner versorgen die Bamberger nicht nur bis heute mit selbstangebautem Gemüse, sondern machten die Domstadt bereits im 16. Jahrhundert durch ihre Süßholzproduktion überregional bekannt.

Wohnten die Häcker in erster Linie im Berggebiet, so waren die meisten Gärtner östlich der Regnitz zu finden. Ein Umstand, der diesem Viertel den Namen „Gärtnerviertel“ einbrachte. Nicht zuletzt wegen der wirtschaftlichen und baulichen Einflüsse dieser beiden Bevölkerungsteile auf die Stadtentwicklung ernannte die UNESCO Bamberg 1993 zum Welterbe.

Wirtschaft im Fokus

Wie spannend und bedeutsam Leben und Brauch der beiden Berufsgruppen sind, haben Studierende der Europäischen Ethnologie der Universität Bamberg in einem Forschungsseminar entdeckt. Unter Leitung von Dr. Marina Scheinost arbeiteten sich die Seminarteilnehmer eineinhalb Jahre lang durch Archivalien, durch das Depot des Historischen Museums und betätigten sich feldforscherisch. Sie nahmen an den Vorbereitungen zu verschiedenen jährlich stattfindenden Prozessionen und an den Prozessionen selbst teil. Durch diese Rechercheaufgaben und die anschließende Ausstellungskonzeption bekamen die Studierenden einen guten Einblick in das Alltags- und Festleben der beiden Berufsgruppen. Aber auch die Arbeit eines Museums ist ihnen jetzt  nicht mehr fremd.

Wohnen, Arbeit, Religiöses Leben

Marina Scheinost ist mit dem Ergebnis ihres Seminars mehr als zufrieden: „Die Ausstellung umfasst die Bereiche Organisationen, Wohnen, Arbeit und religiöses Leben der Gärtner- und Häcker in Vergangenheit und Gegenwart. Den Fokus haben wir dabei auf den Wirtschaftsfaktor gelenkt.“ So könne diese Ausstellung als Ergänzung zum bereits bestehenden Bamberger Gärtner- und Häckermuseum angesehen werden, das seinen Schwerpunkt auf das Thema „Wohnen“ und „Arbeit“ gelegt habe.

Doch mit der Ausstellungskonzeption und -präsentation ist die Arbeit der Studierenden noch nicht getan. Auch Führungen gehören zum Museumsalltag. Eine Aufgabe, der sich die Studierenden gerne annehmen. Und die Besucher freut es: Sie erfahren in präzisen und anschaulichen Erzählungen etwas über den Alltag aber auch über Besonderheiten rund um diese beiden für Bamberg  so wichtigen Berufsstände. Die Interessierten erhalten zum Beispiel Einblick in private Wohnkultur, illustriert durch Gegenstände und Möbel aus dem Nachlass des Ehepaares Georg und Katharina Bauer. Fotos, Notizen und Zeichnungen vermitteln dem Besucher außerdem einen lebendigen Eindruck von einem Gärtnerhaushalt Mitte des 20. Jahrhunderts.

Bei der Präsentation des religiösen Lebens hingegen liegt der Schwerpunkt auf den Prozessionen. Heiligenfiguren und persönliche Gegenstände – viele davon als Leihgabe aus Privathaushalten – künden von dieser noch heute lebendigen Tradition. Gerade auf diesem Gebiet ließe sich noch viel mehr entdecken, ist Marina Scheinost überzeugt: „Wenn man alle Hintergründe beleuchten und sich detaillierter der historischen Entwicklung der Prozessionen widmen würde, könnte man genug Stoff für eine eigene Ausstellung finden.“

Die Bratwurstprozession der Zwiebeltreter

Ein Höhepunkt der Ausstellung ist die 40-minütige Filmvorführung. Sie stellt die heutige Generation der Bamberger Gärtner vor und erklärt auf unterhaltsame Weise, wie es zu dem Begriff „Zwiebeltreter“ kam und warum die kleine Fronleichnamsprozession auch die „Bratwurstprozession“ genannt wird.

Die Ausstellung ist zunächst noch bis zum 1. November im Historischen Museum Bamberg zu sehen. Sie wird von den Besuchern so gut angenommen, dass die Museumsleitung wegen einer möglichen Verlängerung bis Ende Juli 2010 angefragt hat. Wenn alles klappt, wird die Ausstellung im nächsten Jahr wieder der Öffentlichkeit präsentiert werden können.