Seit 2011 ist Johannes Marx Professor für Politische Theorie in Bamberg (Fotos: Katja Hirnickel)

Er untersucht, inwiefern Computersimulationen die Politikwissenschaft ergänzen können

Die Klassiker der Politischen Theorie: David Hume, Niccolò Machiavelli und Thomas Hobbes (v.l.n.r.; wikimedia/gemeinfrei)

Johannes Marx wandert gerne und war auch schon im indischen Teil des Himalaya (Foto: Crows Lake; Carsten.neben/wikimedia/CC BY 3.0)

- Susanne Gierhan

„Passionierter Langsam-Reisender“

 

Porträt des Politikwissenschaftlers Johannes Marx

„Das Betreuungsverhältnis von Studierenden und Lehrenden ist etwas ganz Besonderes an der Universität Bamberg“, weiß Prof. Dr. Johannes Marx zu berichten. Bamberg biete damit ideale Voraussetzungen für die Lehre, beispielsweise in Form kleiner Seminare. Diese ermöglichen eine viel bessere interaktive Arbeit mit den Studierenden, erzählt der Professor, der seit 2011 den Lehrstuhl für Politikwissenschaft, insbesondere Politische Theorie, leitet. „Als Dozent kann ich so alle Studierenden wahrnehmen und auch viel besser fördern.“ Aber auch die Forschungsmöglichkeiten in Bamberg seien hervorragend.

Stadt der kurzen Wege

Es gibt aber nicht nur universitäre Gründe, warum Johannes Marx gerne in Bamberg ist. Er liebt die Natur und in Bamberg kann man innerhalb weniger Minuten mitten im Grünen sein. „Bamberg ist eine Stadt der kurzen Wege“, schwärmt er. Besonders gerne fährt der Wissenschaftler mit dem Rad, „eines meiner liebsten Hobbys“. Gelegentlich ist Bamberg für den Professor aber ein wenig zu klein und es zieht ihn nach Berlin, wo seine Frau arbeitet. Gerade diese Abwechslung zwischen der Betriebsamkeit der Großstadt und der Behaglichkeit Bambergs sind für ihn von größtem Reiz. „Berlin bietet kulturell ein Kontrastprogramm zu dem, was man in Bamberg findet“.

Natur und Wandern

Auch wenn die Großstadt für den Politikwissenschaftler sehr attraktiv ist – wenn er sich einmal so richtig vom Uni-Alltag ablenken will, zieht es ihn raus in die Natur. „Ich bin ein passionierter Langsam-Reisender“, erzählt er und meint damit, dass er gerne wandern geht. Nicht nur in Deutschland oder anderen klassischen Wandergebieten wie den Alpen, sondern auch in exotischen Gegenden wie zum Beispiel am Fuße des Himalayas oder in Südafrika in den Drakensbergen. Mit einer Gruppe von fünf Personen, fünf Maultieren, fünf einheimischen Trägern und einem Koch ist er bereits im indischen Teil des Himalayas gewandert. „Mich hat es sehr erstaunt, wie kalt es dort sein kann“, bekannte Marx. Nach der ersten kalten Nacht hätte er am liebsten abgebrochen, doch die schönen Erlebnisse, die sie tagsüber hatten, und die Teamatmosphäre entschädigten für die kalten Nächte.

Kochen ist neben dem Wandern eine weitere Leidenschaft von Johannes Marx, am liebsten mediterran. Den Wein zum Essen bringt er meist aus anderen Regionen mit, an den fränkischen Wein konnte er sich noch nicht gewöhnen. Während seines Studiums der Politikwissenschaft, Philosophie und Jura in Mainz hatte es ihn für ein Auslandssemester ins französische Dijon verschlagen. Daraus resultiert auch seine besondere Liebe zum Wein. So bot die dortige Universität Seminare zur Weinkunde und zur Geschichte der französischen Gastronomie an. „Wie hätte ich mir das entgehen lassen können?“, fragt der Professor augenzwinkernd.

Politikwissenschaft studierte Marx aus reinem Interesse. „Ich hatte anfangs kein konkretes berufliches Ziel, deshalb habe ich mit dem begonnen, was mich am meisten interessierte.“ Kritisch sieht er aber, welche Gründe einige Studierende heute für ein Studium der Politikwissenschaft haben. Manche von ihnen hätten falsche Vorstellung von den Studieninhalten, die Abbrecherquote sei darum hoch. Ein Studium der Politikwissenschaft sei eben keine Ausbildung zum Berufspolitiker. „Wer politisch engagiert ist, distanziert sich häufig im Laufe des Studiums von der konkreten Politik. Man wird in gewisser Weise unpolitischer, da man eine Außenperspektive auf den politischen Prozess entwickeln muss. Wir Politikwissenschaftler wollen die Instrumente liefern, mit denen wir die Tagespolitik als Untersuchungsgegenstand kritisch betrachten können.“

Verbindung von politischer Theorie und politischer Praxis

Johannes Marx verlangt einiges von seinen Studierenden. „Am meisten stört mich die Konsummentalität einiger Studierender, die nur alles in sich aufsaugen und nichts kritisch hinterfragen“, kritisiert er. Die schlimmste Frage sei die nach der einen korrekten Antwort, die es in der Politikwissenschaft wie in vielen anderen wissenschaftlichen Disziplinen nicht immer gebe. Eine solche Frage zeige ihm, dass sich manche nicht richtig mit der Thematik auseinandersetzen möchten. Am meisten freut sich Marx darüber, „seine Studierenden“ im Studium wachsen zu sehen. „Das erreicht man natürlich nicht, wenn man nur die zwanzigseitige Pflichtlektüre im Seminar liest“, erklärt er. Ans Herz legt er den Studierenden die Klassiker der Politischen Theorie als Zusatzlektüre, wenn sie ein erfolgreiches Studium absolvieren möchten.

„Sobald die Studierenden beginnen, sich über die Seminarinhalte hinaus mit spannenden Themen der Politischen Theorie zu beschäftigen, macht mir Lehre besonders Spaß“, bekennt der Professor. Spannend findet er Themen vor allem dann, wenn sie sich mit der Verbindung von politischer Theorie und politischer Praxis auseinandersetzen. Seine Forschungsfragen drehen sich dabei vor allem um die theoretischen Instrumente, die die Politikwissenschaft für die Analyse strategischer Entscheidungssituationen in der Politik einsetzen kann. Welche Instrumente gibt es dafür und was leisten sie? Gerade die Handlungs-, die Entscheidungs- und die Spieltheorie sind geeignet, um die politische Theoriebildung voranzubringen. Ergänzt man dies durch neue Techniken wie Computersimulationen, ergeben sich neue Forschungsfelder für die Politikwissenschaft. Interessanterweise könnten auch bei solchen Fragen Klassiker – wie Hobbes, Machiavelli und Hume – viel zur Untersuchung dieser Themenfelder beitragen, so Marx. „Die Frage für Lehre und Forschung in der Politikwissenschaft liegt dann darin, wie wir die theoretischen Klassiker für eine gegenwartsbezogene Gesellschaftsanalyse aufbereiten und nutzen sollten.“

Antrittsvorlesung

Johannes Marx hält am Mittwoch, den 27. Juni 2012, seine Antrittsvorlesung über das Thema Politische Theorie – purer Luxus? Beginn ist um 19 Uhr c.t. im mittleren Hörsaal (Raum 137, I. Stock) in der Feldkirchenstraße 21. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen!

Zur Person

Prof. Dr. Johannes Marx studierte Politikwissenschaften, Philosophie und Jura in Mainz und Dijon. Nach seiner Promotion an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Abteilungen Moderne Politische Theorie, Systemanalyse und Systemvergleich - Wirtschaft und Gesellschaft und Internationale Beziehungen. Zwischen 2008 und 2010 arbeite er – im Rahmen von Online-Kursen, aber teilweise auch persönlich vor Ort – als Visiting Lecturer für die Nelson Mandela Metropolitan University in Port Elizabeth in Südafrika. 2011 übernahm er den Lehrstuhl für Politikwissenschaft, insbesondere Politische Theorie, an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Ökonomische Theorien der Politik und den Theorien der Gerechtigkeit sowie in der Wissenschaftstheorie, Methodologie der Sozial- und Geisteswissenschaften, den Theorien der Internationalen Beziehungen und dem Internationalem Schutz geistigen Eigentums.