Das Modell des VW-Campus steht bereits: Im Frühjahr 2006 findet dann die Eröffnung des „Mobile Life Campus“ statt. (Bild: Volkswagen AG)

Stefan Wolf leitet seit 2002 den Bereich „Unternehmenskultur und -werte“ bei der Volkswagen AG. (Bild: Wolf)

- Günter Barthenheier

Innovatives Uni-Modell

Alumnus Stefan Wolf arbeitet für die AutoUni

Mit Genugtuung sieht Stefan Wolf auf seine Studienzeit in Bamberg zurück, wo er 1983 das Doppelstudium der Politikwissenschaft und Philosophie aufnahm und 1988 mit dem Diplom beendete. Er schaute in dieser Zeit auch über den Tellerrand hinaus und ließ sich von Ulrich Becks Risikogesellschaft für die Soziologie begeistern. Allerdings habe er versäumt, Englisch zu pflegen, was er später mühsam „on the job“ nachholen musste, bedauert Wolf. Dafür habe er aber bei der örtlichen Greenpeace-Gruppe mitgearbeitet und so eine Verbindung von politischer Theorie zu politischer Praxis geschaffen. Als Prof. Walther C. Zimmerli nach Bamberg kam, wurde Wolf Mitarbeiter an dessen Lehrstuhl, wo er 1994 seine Promotion abschloss.

Gerne kommt Wolf auf Bamberg zu sprechen, insbesondere auf die „intellektuell anregende Zeit mit den Professoren Zimmerli, Welsch und Gerhard Schulze („Erlebnisgesellschaft“), die sich im Sinne Hegels bemühten, die Zeit der Postmoderne in Gedanken zu fassen“. Selbstbewusst bekennt er: „In Gegenwarts- und Zukunftsfragen der Gesellschaft zu arbeiten, prägt seitdem meine eigenes Denken“.

Planung für die EXPO 2000

Erste Gelegenheit dazu bekam er von 1995 bis 1999 bei der „EXPO 2000 Hannover GmbH“. Dort wirkte er verantwortlich bei der Planung der ersten Weltausstellung in Deutschland mit, zunächst für den „Themenpark Zukunft der Arbeit und Bildung“, dann für die „direkte Kommunikation“ mit strategisch wichtigen Zielgruppen.
Noch vor Eröffnung der Weltausstellung wechselte er nach Basel zur Politikberatung „Prognos AG“. Bildungsfragen, Technologiebewertung und die Zukunft der Arbeit standen hier im Mittelpunkt empirischer und theoretischer Studien. Dass  Wolf sich hier bei einer offenen Bewerbung auf eine Anzeige sowie bei drei Auswahlrunden durchsetzte, hält er für eine wichtige Erfahrung. Er genoss die Bestätigung seines erhofften Marktwerts.
Nicht zuletzt auf Drängen seiner Familie, zu der drei Kinder gehören, nahm er knapp ein Jahr später, 2001, eine Stelle für strategische Unternehmensentwicklung beim Schroedel-Verlag in Hannover an. Leider wurde dieses ebenfalls zur Holtzbrinck-Verlagsgruppe gehörige Unternehmen schon 2002 aufgegeben, eine „sehr unschöne Erfahrung“ gesteht der mobile Absolvent der Geisteswissenschaften.
Doch noch im selben Jahr bewährte sich sein stets gepflegter Kontakt zu seinem Doktorvater Prof. Dr. Walther C. Zimmerli. Dieser wurde 2002 mit der Errichtung einer privaten Hochschule für den Volkswagen-Konzern beauftragt und suchte geeignete Mitarbeiter. Diesmal konnte Wolf mit Familie in Hannover wohnen bleiben. In Wolfsburg bei der „Volkswagen AutoUni“ leitet er seit 2002 den Bereich „Unternehmenskultur und -werte“ und seit kurzem noch die „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ in Vertretung der im Mutterschutz befindlichen Pressereferentin. Leider könnte das Ende bald in Sicht kommen, lässt Wolf wehmütig anklingen. Denn im Frühjahr 2006 findet die Eröffnung des „Mobile Life Campus“ von VW statt, in den auch die AutoUni integriert werden soll. Und eine Änderung der Uni-Konzeption im Zuge des Ausscheidens von Dr. Peter Hartz aus dem Vorstand ist nicht ausgeschlossen. Doch Wolf ist zuversichtlich:
„Neues mit zu initiieren und inhaltlich zu gestalten zieht sich wie ein roter Faden durch meine wissenschaftliche und berufliche Tätigkeit, die ich ohne die wichtigen Erfahrungen der Bamberger Studien- und Assistenzzeit wohl nicht so erfolgreich ausfüllen könnte. In Projekten zu arbeiten, befristet beschäftigt zu sein, ist eine Grunderfahrung, welche meine Berufstätigkeit prägt. Dies erfordert auch immer wieder Offenheit für Neues und eine hohe Lernbereitschaft.“

Gipfel der Innovation

Zweifellos ist die Beschäftigung bei und mit der Errichtung der „Volkswagen AutoUni“ sein bisher interessantestes Projekt gewesen, bestätigt der Alumnus. Die private AutoUni zeichnet sich durch weltweit einzigartige Zielsetzungen aus, Innovation in jeder Hinsicht: Fachübergreifende Bildungsprogramme auf Postgraduiertenebene, Wissenschaftlichkeit und internationale Ausrichtung sind ihre wesentlichen Merkmale. Dabei sollen die Persönlichkeit und Kompetenzen der Studierenden umfassend gefördert werden. Neue Lern- und Lehrstrategien sowie neue didaktische Methoden einschließlich modernster Lerntechnologie sichern Effizienz und Studienerfolg der Studierenden, die zugleich dem Unternehmen angehören. Erst in einer künftigen Ausbauphase will sich die AutoUni für andere Studienbewerber öffnen. Das von Wolf geleitete Forum erörtert wesentliche Fragen der Unternehmenskultur. „Der diskursive Führungsstil des Konzernvorstands soll dabei auf eine breite Basis gestellt und Freiräume für neues Denken geschaffen werden“, erläutert Wolf. Nationale und Internationale Kooperationen, z.B. mit der TU München, der TU Berlin und der Stanford University in Kalifornien zeigen die AutoUni im weltweiten wissenschaftlichen Dialog.

Inzwischen hat sich der Alumnus „häuslich“ mit eigenem Haus in Hannover niedergelassen, was seiner Familie eine bleibende Wohnstatt bieten soll. Eine seiner zwei Töchter hat jedoch kürzlich in Bamberg das Studium der Politikwissenschaft aufgenommen.