Der Vortragende Prof. Dr. Florian Herold (links) mit Dekan Prof. Dr. Olaf Struck (rechts). (Foto: Elias Pannach)

Teilnehmer entschieden zweimal per Knopfdruck zwischen zwei Möglichkeiten: Geld belassen oder Geld abheben - und die Ergebnisse verändern sich.

Das Leben ist (k)ein Spiel!

VWL-Professor Florian Herold hielt seine Antrittsvorlesung

Lassen sich Bezüge zwischen Spieltheorie und Realität finden? Im Rahmen seiner Antrittsvorlesung beantwortete Florian Herold die Frage mit Ja – und gab einen umfassenden Überblick darüber, inwieweit vereinfachende Modelle der Spieltheorie uns helfen, eine komplexe Realität besser zu verstehen.

„Es ist für mich als Soziologe immer wieder eine angenehme Überraschung, wie präzise in der Volkswirtschaftslehre gearbeitet wird“, begann Prof. Dr. Olaf Struck die Begrüßung mit einem Schmunzeln. Der Dekan der Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften lobte jedoch nicht nur die Arbeitsweise der Volkswirte, sondern stellte den neuen Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft, als einen Mann vor, der bereits eine Vielzahl von Erfahrungen aufzuweisen hat: Nach seinem Studium der Physik und Wirtschaftswissenschaften in München war Prof. Dr. Florian Herold bereits als Dozent an der Northwestern University in Chicago tätig, bevor er 2011 nach Bamberg an die Otto-Friedrich-Universität kam.

Der gebürtige Münsteraner Herold beschäftigte sich in seiner Antrittsvorlesung mit der streitbaren Frage, ob das Leben als ein Spiel betrachtet werden kann oder nicht. „Der Erfolg oder Misserfolg unseres Handelns hängt meistens auch vom Verhalten anderer ab. Umgekehrt beeinflusst unser Handeln auch deren Wohlbefinden. Die Spieltheorie analysiert dabei strategische Interaktionen mit mathematischen Methoden“, definierte er seine theoretischen Grundlagen.

Interaktivität mit Turning Technologies

Herold stellte kritische Meinungen und Publikationen von Schirrmacher und Rubinstein vor, auf die er sich im weiteren Verlauf immer wieder bezog. Die Antrittsvorlesung bewegte sich jedoch nicht nur im theoretischen Bereich. Herold ließ Geräte – Turning Technologies – austeilen, die es den Zuhörerinnen und Zuhörern ermöglichten, aktiv an seinem Beispiel teilzunehmen und per Knopfdruck eine Entscheidung zu treffen. Es ging um das Verhalten von Menschen, die Ersparnisse bei einer Bank hinterlegt haben. Mit seinem Beispiel schaffte es Herold zu illustrieren, wie die Spieltheorie helfen kann, Alltagsphänomene besser zu verstehen.

Innerhalb eines Beispiels hatten die Teilnehmer zwei Möglichkeiten: Das Geld weiterhin bei der Bank zu belassen, um auf Zinseinkünfte zu hoffen – oder es abzuheben, um es in seiner Gesamtheit zu behalten. Durch die Interaktivität zeigt Herold anschaulich, dass das Verhalten eines einzelnen Bankkunden vom Verhalten der anderen Bankkunden abhängig ist und sich dementsprechend stark verändern kann. Zunächst hatten sich 59 Prozent der Teilnehmer dafür entschieden, das Geld bei der Bank zu belassen. Nachdem sie aber erfuhren, dass die übrigen Teilnehmer ihr Geld abhoben und daraus Finanzprobleme der Bank resultieren könnten - fiel der Prozentsatz auf 44 Prozent.

Einfaches Modell illustriert Dynamik von Bankenkrisen

Herold verdeutlichte durch diese praktischen Darstellungen eine Dynamik: Je nach dem, was die Akteure über das Verhalten der anderen Teilnehmer erwarten, entscheiden sie sich möglicherweise anders. Innerhalb einer gesamten Nation kann sich so Nervosität in finanziellen Notsituationen zeigen, die umfangreiche Folgen wie den Verlust der Ersparnisse haben kann. Die Bezüge zum Alltag sind weiterhin klar zu erkennen.

Im abschließenden Teil widmete sich Herold dann dem Anwendungsfeld der Spieltheorie. „Die Spieltheorie kann als Spielplatz für die Sozialwissenschaften betrachtet werden. Wir brauchen geschützte Räume, in denen wir mit neuen Ideen sicher experimentieren können, kreativ mit ihnen spielen. Demokratie und Wissenschaft brauchen eine freie Diskussionskultur, ohne Selbstzensur aus Angst“, macht Herold deutlich. Zur Ausgangsfrage äußert sich Herold zum Ende der Vorlesung humorvoll: „Vielleicht ist das Leben kein Spiel, aber spielen wir, um als Menschen zu leben!“

Hinweis

Diesen Text verfasste Elias Pannach für die Pressestelle der Universität Bamberg. Der Text steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

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