Jonathan Nott, Dirigent und Moderator des Studentenkonzertes in der Sinfonie an der Regnitz, ließ jeden Zuhörer auf musikalische Entdeckungsreise gehen. (Bild: Monika Meinhart)

- Erna Rauscher-Steves

Hammer-hart!

Studentenkonzert in der Sinfonie an der Regnitz

Sollte man es mutig nennen, das die „Tragische“ Symphonie von Mahler beim Studentenkonzert der Bamberger Symphoniker am 19. November aufgeführt wurde? Oder war es einfach ein genialer Schachzug, eben gerade Mahlers VI. Symphonie im Studentenkonzert zu geben?

Angekündigt war Jonathan Nott als Dirigent und Moderator. Noch bevor die Musiker ihre Plätze eingenommen hatten, trat er ans Pult und machte klar, dass er es nicht darauf abgesehen hatte, die „harte Nuss“ – wie der Dirigent Mengelberg das Werk einmal genannt hatte – den Zuhörern zu erklären. Alle Hinweise, die er gab, sollten anregen, genau hinzuhören: Was hat es mit dem aggressiven Marschrhythmus auf sich? Soll man bei dem Choral an die Liebe Mahlers zu seiner Frau Alma denken? Warum trübt sich dieses Thema dann so merkwürdig ein? Kuhglocken in einem symphonischen Werk – also doch das Bild einer ländlichen Idylle? Und was hat es mit den Hammerschlägen auf sich? Nott tat das einzig Richtige und überließ jeden einzelnen Zuhörer seiner eigenen Hörerfahrung, ließ jeden für sich selbst herausfinden, was in der Musik steckt.

Eine wunderbare Zartheit
Neben aller Wuchtigkeit rang Nott den Bamberger Symphonikern eine wunderbare Zartheit ab, die im gleichen Atemzug an brüchig gewordene alte Spitze erinnerte. Immer wieder war es die Solo-Oboe, der das Verdienst zukam, den insistierenden Marschrhythmus für einen Augenblick zum Stehen zu bringen, Ruhe, wenngleich auch eine trügerische, zu vermitteln. Dieser Gegensatz zwischen erdrückender, unerbittlicher Rastlosigkeit und lichtem Aufatmen durchzog alle vier Sätze. Doch zu keinem Zeitpunkt entstand das Gefühl, dass die Bedrohung vorüber war. Da klang im dritten Satz eines der Kindertotenlieder an: „Oft denk’ ich, sie sind nur ausgegangen ...“ und schon war sie wieder da diese Ahnung des Unausweichlichen. Mit Gong, Celesta, Flageolett und Harfenarpeggien entstand ein fast gespenstisch anmutendes Geweb, das die bissige Härte jedoch nicht zu glätten vermochte. Der Klang von Holz auf Holz kehrte immer wieder: Mit der Rute wird auf die Seitenwände der großen Trommel geschlagen, die Streicher spielen ‚col legno’, und schließlich der Hammer: ein überdimensionaler Holzhammer saust auf einen Holzklotz nieder – Hammer-hart! Danach gibt es kein Entkommen mehr.

Blumen und tosender Applaus für den Maestro und das Orchester. Die eingangs gestellte Frage sollte damit ausreichend beantwortet sein.