- Andrea Keil

Neuer Ansatz: Sozialraumorientierung

"Systemisches Handeln im sozialen Raum" - Tagung am Fachbereich Soziale Arbeit

Systemisches Arbeiten geht aus von der Annahme, dass Menschen in verschiedenen sozialen Systemen handeln, die von einer Umwelt unterschieden werden können. Zum Beispiel werden in einem Familiensystem die Beziehungen und Ordnungen der beteiligten Mitglieder erfasst. Durch bestimmte Methoden des Beobachtens und gezielte Fragetechniken können die Beziehungsstrukturen sichtbar gemacht werden. Im Helfer-Klient-System werden in einem gemeinsamen Hilfeprozess Lösungsmöglichkeiten erarbeitet.

Auch die "Sozialräume", in denen Menschen leben, sind Teil von sozialen Systemen. Denn Menschen agieren stets in einem spezifischen und ihnen vertrauten sozial-räumlichen Lebenszusammenhang. Das bedeutet, ihnen stehen bestimmte Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, während ihnen vielleicht andere aufgrund der vorhandenen Infrastruktur verwehrt werden. Zum Beispiel sind in einer Plattenbausiedlung die Spielräume für Heranwachsende aufgrund fehlender Grünanlagen stark eingeschränkt. Mit dem Ansatz der Sozialraumorientierung werden die vorhandenen Sozialräume in den gemeinsamen Hilfeprozess eingebunden, um auf bereits bestehende Unterstützungsnetzwerke aufzubauen. Dabei spielen auch die Stärken der Klienten eine bedeutsame Rolle. Durch die gezielte Vernetzung mit anderen Professionellen und wichtigen Personen des Stadtteils werden fallunspezifische Ressourcen und Möglichkeiten ausgelotet, die im Einzelfall von großem Nutzen sein können.

Effektive Sozialarbeit

Am 29. und 30. April fand am Fachbereich Soziale Arbeit die Tagung "Systemisches Handeln im sozialen Raum" statt, zu der Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (FH Merseburg), Prof. Dr. Heiko Kleve (FH Potsdam) und Prof. Dr. Wilfried Hosemann (Universität Bamberg) eingeladen hatten. 180 Teilnehmer aus dem In- und Ausland nahmen teil. Im Mittelpunkt standen die theoretischen Anschlussstellen des Sozialraumkonzepts und systemischer Sozialarbeit sowie die Erfahrungen systemisch-sozialraumorientierter Praxis.

Zwei Vorträge führten in das Thema ein: Heiko Kleve referierte über die Bedeutung der Effektivität professioneller Sozialarbeit. Prof. Käthi Vögtli griff Erfahrungen systemisch-lösungsorientierten Arbeitens auf und fragte danach, wie unter systemischen Blickwinkeln die Arbeit mit Klienten erfolgreich gestaltet werden kann.

"Spinnennetz und warmer Regen"

17 Workshops, die die Bandbreite systemischer Themen zum Ausdruck brachten, bestimmten den zweiten Tagungstag. So gab beispielsweise Ulrike Marr, systemische Beraterin bei der Polizei, Einblicke in die von strukturellen und hierarchischen Besonderheiten geprägte Polizeiarbeit. Neue Methoden für die Gestaltung von bestehenden und sich entwickelnden Teamprozessen im Rahmen stationärer Erziehungshilfen standen im Zentrum des Workshops von Christoph Bartelworth mit dem Titel "Spinnennetz und warmer Regen". Die Teilnehmer konnten dabei neue Impulse für die eigenen Teamzusammenhänge gewinnen.

Von den innovativen Lehrmethoden am Fachbereich Soziale Arbeit konnten sich die Teilnehmer der Workshops "Grundbegriffe systemischen Handelns" und "Sozialer Raum und Soziale Arbeit" überzeugen. Im Rahmen der Virtuellen Hochschule Bayerns konnten neue Lernarrangements für und mit Studierenden entwickelt werden. Kennzeichnend für die Kursangebote sind der aktivierende Charakter sowie die Berücksichtigung des individuellen Lerntempos. Unter der Leitung von Wilfried Hosemann können sich an Systemtheorie Interessierte mit deren Grundlagen in einzelnen Modulen beschäftigen, die fachlich betreut werden.

Eine unter der Federführung von Prof. Dr. Gudrun Cyprian und Prof. Dr. Frank Früchtel konzipierte virtuelle Lehrveranstaltung bietet grundlegende Herangehensweisen und vielfältige Ansätze zur Erschließung von Ressourcen auf ganz unterschiedlichen Ebenen im Sozialraum. Die Tagung machte den anhaltenden Diskussionsbedarf zur Verknüpfung sozialraumorientierter Arbeit und der aktiven Gestaltung im Rahmen sozialarbeiterischen Handelns deutlich.