Erinnerung an die vier im letzten Jahr verstorbenen Studierenden

Chasan Arieh Rudolph betonte den Aspekt der Nächstenliebe in der Thora (Bilder: Stefan Zinsmeister)

- Stefan Zinsmeister

Ein Fenster wurde aufgetan

Multireligiöse Feier zum Semesterbeginn

„Vom Anderen lernen“ war das Motto der interreligiösen Feier zum Semesterstart. Muslime, Juden und Christen feierten am 16. Oktober 2008 gemeinsam in der AULA der Universität Bamberg.

„Liebe deinen Nächsten, er ist wie Du“ sei die Quintessenz der Thora, formulierte Chasan Arieh Rudolph von der israelitischen Kultusgemeinde in Bamberg. Er brachte damit prägnant das Anliegen der zum zweiten Mal abgehaltenen multireligiösen Feier zum Semesterstart auf den Punkt. Die Initiatorin dieses interreligiösen Semesterbeginns, Pfarrerin Jutta Müller-Schnurr, betonte, dass die Unterschiedlichkeit der Religionen ihren Reichtum für die Menschen ausmacht. „Durch diese Feier in der AULA der Universität ist ein Fenster zu diesem Reichtum aufgestoßen worden“, so die Seelsorgerin der Evangelischen Studierendengemeinde. Zum ersten Mal wurde im Rahmen dieser Feier auch an die Verstorbenen, davon vier Studierende, der Universität Bamberg gedacht, die symbolisch mit vier Kerzen „anwesend“ waren. Das weite Spektrum des „Lernens von Anderen“ konnte mit einer Performance der Studierenden Bernhard Staffa, Maria Schmidt und Yaovi Agboyi aufgezeigt werden. Sie illustrierten, dass Lernen auch bedeutet, etwas von einem Selbst zu geben.

Lernen als dialogisches Geschehen

„Prüfet alles und behaltet das Gute“. In der heutigen multioptionalen Gesellschaft erhält diese Aufforderung eine ganz neue Bedeutung, konstatierte Pfarrerin Alina Rölver vom Collegium Oecumenicum im Anschluss an den 1. Brief an die Thessalonicher und Dr. Alfons Motschenbacher von der Katholischen Hochschulgemeinde hob die Dimension des Lernens als dialogisches Geschehen hervor, bei der ein jeder, wenn er gefragt würde, dem Anderen von seiner Hoffnung erzählen sollte. Für die muslimische Seite sprach Dr. Abd el Halim Ragab, der in seiner Meditation dem besonderen Verhältnis von Lehrer und Lernenden im Koran bzw. Islam nachging.

„Ein Raum zum Beten“

Präsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert würdigte die Feier als einen festen Bestandteil im Semesterprogramm der Universität und bezeichnete die AULA als „einen Raum, in dem man Beten darf, aber nicht muss“. Mit dem Gebet der Vereinten Nationen wurde die Begegnungsveranstaltung beschlossen. Musikalisch wurde die Feier mit Melodien aus den verschiedenen Traditionen umrahmt. Bei allem Kennenlernen des Anderen bleibt trotzdem die Frage offen, „ob die Veranstaltung nicht zu folkloristisch sei, da man die Tradition des jeweils Anderen doch nur als Außenstehender wahrnehmen kann“, wie ein Studierender kritisch anmerkte.