Energiesparen = Kalt duschen? Muss nicht sein! (Foto: © apops - Fotolia.com)

Wirtschaftsinformatiker Thorsten Staake entwickelt Systeme zum Energiesparen... (Foto: Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insb. Energieffiziente Systeme)

...so auch die Verbrauchsanzeige amphiro a1 für die Dusche. (Foto: Amphiro AG)

In Athen kommt Staakes Technologie bei einem EU-Projekt zum Einsatz. (Foto: Fotolia_anastasio71_M)

Aus für Warmduscher?

Bamberger Wirtschaftsinformatiker leistet Beitrag zur Energiewende

Wussten Sie, dass wir im Alltag für warmes Wasser mehr Energie verbrauchen als für Beleuchtung, Unterhaltungselektronik und Kühlgeräte zusammen? Und dass der Energieverbrauch die eigentliche Motivation für einen sparsamen Einsatz von Warmwasser ist? Das bedeutet nicht, dass Sie nur noch kalt duschen müssen – aber ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Gebrauch von Warmwasser schadet trotzdem nicht. Das kann sogar Spaß machen!

Die Energiewende, also die nachhaltige Nutzung und Umstellung auf erneuerbare Energien, ist für die deutsche Politik ein wesentlicher Programmpunkt für die Zukunft. Stromsparende Geräte kommen auf den Markt, Autos und Häuser werden umweltfreundlicher gebaut und immer mal wieder hört und liest der deutsche Bürger etwas zum Energiesparen. Aber kommt das auch wirklich an? Eine rein sachliche Informationsflut hilft da nur wenig. „Können die Verbraucherinnen und Verbraucher dauerhaft zum Energiesparen motiviert werden und wenn ja, wie kann das praktisch funktionieren?“ Das hat sich Prof. Dr. Thorsten Staake, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik, insb. Energieeffiziente Systeme an der Universität Bamberg, gefragt. Und ein Gerät entwickelt, das Bürger im Alltag beim Energiesparen unterstützt.

Beim Duschen wird gezählt

Damals noch an der ETH Zürich tätig, entwickelte Staake mit seiner Forschungsgruppe Bits to Energy Lab das Gerät amphiro a1. Diese intelligente Duschverbrauchsanzeige misst während des Duschens, wie viel Energie in Form von Warmwasser verbraucht wird. Dabei wird natürlich der Warmwasserverbrauch selbst gemessen, aber vorrangig geht es um die für die Warmwasseraufbereitung aufgewendete Wärmeenergie. Das Gerät wird beim Schlauch der Handbrause angebracht, die Nutzer können es selbst ohne weitere Werkzeuge einbauen.

Es funktioniert wie ein kleines Kraftwerk und gewinnt seine Energie aus dem Wasserfluss mittels einer speziellen Turbine. Während des Duschens zeigt amphiro a1 den Verbrauch seit Duschbeginn in Litern an, nach dem Duschen abwechselnd den Energieverbrauch in (Kilo-)Wattstunden und die Wassermenge in Liter. Das Display ist mit einer witzigen Animation gestaltet: Ein Eisbär steht auf einer Eisscholle, die mit steigendem Energieverbrauch schmilzt.

46 Liter Wasser bei 4 Minuten Duschen

In einer zweimonatigen Studie testeten rund 700 Haushalte in Zürich das Gerät. Kann es die Motivation und das Bewusstsein der Bürger zum Energiesparen verbessern? Insgesamt wurden 636 Geräte ausgelesen und die Daten von über 46000 Duschvorgängen analysiert.

Die Berechnungen des Forscherteams ergaben, dass bei einem 4-minütigen Duschvorgang durchschnittlich 46 Liter Wasser verbraucht werden, also etwas mehr als 11 Liter in der Minute. Der Warmwasserverbrauch macht laut Staake mit durchschnittlich 2000 Kilowattstunden im Jahr den zweitgrößten Posten im Energieverbrauch von Haushalten aus (nur übertroffen von der Raumheizung), danach folgt mit „nur“ 650 Wattstunden der Kühlschrank. Des Weiteren betrage die Wassertemperatur beim Duschen durchschnittlich 36 Grad, und vor allem 20- bis 29-Jährige verbrauchten recht viel, so Staake.

Nach der Studienphase mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Geräte wieder zurückschicken – die Ergebnisse sind dort gespeichert – und Fragebögen ausfüllen. Die Daten analysierten Staake und sein Team dann anonymisiert. Die Mehrheit der Befragten, 54 Prozent, wollte das Produkt nach Studienende weiter verwenden. Dank der intelligenten Anzeige von amphiro a1 verkürzte sich die Duschdauer um 20 Prozent bei einem Ein-Personen-Haushalt und um 24 Prozent bei einem Mehrpersonen-Haushalt. „Durchschnittlich könnte man mit amphiro a1 pro Haushalt 8500 Liter Trinkwasser pro Jahr einsparen! Umrechnet wären das rund 79 Euro“, erklärt Staake den Nutzen des Geräts aufgrund der Ergebnisse. Das Gerät wurde bereits markttauglich gemacht, so dass es mittlerweile bei Amazon erhältlich ist.

Griechen testen die Technologie

Staake ist seit April 2013 Professor an der Universität Bamberg. Sein Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Energieeffiziente Systeme wird aus Mitteln der TechnologieAllianzOberfranken (TAO) finanziert. Staakes Forschungsarbeiten sollen dazu beitragen, die Attraktivität des Technologie- und Wissenschaftsstandorts Oberfranken zu steigern und so langfristig dem demografischen Wandel entgegenzuwirken. Geplant sind daher in Zukunft auch gemeinsame Forschungsprojekte mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus den TAO-Mitgliedshochschulen Bayreuth, Coburg und Hof. 

Doch Staakes Forschungsarbeiten reichen, nicht zuletzt dank amphiro a1, weit über die Region hinaus. Der Wirtschaftsinformatiker ist zum Beispiel am EU-Projekt DAIAD beteiligt, in das viele Erkenntnisse aus seinen Forschungsarbeiten rund um amphiro a1 einfließen. Mit dabei sind außerdem das Start-up Amphiro AG, das Fraunhofer Institut, die britische NGO WaterWise sowie das Athener Wasserversorgungsunternehmen EYDAP und das Athena Research and Innovation Centre in Information, Communication and Knowledge Technologies.

Ziel von DAIAD ist es, eine IT-Infrastruktur zu erstellen, die den Wasserverbrauch in privaten Haushalten erfasst und analysiert: für Verbraucher, Wasserversorgungsunternehmen und die Öffentlichkeit. Außerdem sollen Low-Cost-Systeme entwickelt und getestet werden, die sich der Otto Normalverbraucher leisten kann. Der Fokus liegt hier auf Athen: Die griechische Hauptstadt hat mit der Wasserversorgung zu kämpfen und bezieht ihre Wasserressourcen aus Seen im Norden. Mit den zu testenden Technologien soll herausgefunden werden, ob beziehungsweise wie stark sich der Wasserverbrauch verändert.

Das Projekt läuft seit dem 1. März 2014 und ist für dreieinhalb Jahre angelegt. Die Hauptaufgabe von Staakes Team liegt darin, Schnittstellen für die Haushalte zu entwickeln und zu gestalten: Hauptmerk liegt dabei auf der Veranschaulichung der Verbrauchsdaten und weiterer Informationen. Zum einen  erweitern die Bamberger Wissenschaftler ihre Erkenntnisse aus den Studien mit amphiro a1: Wie können auf dem Display die Informationen zum Wasserverbrauch angezeigt werden? Welche Informationen sind hier je nach Zielgruppe erforderlich?

Und was verbraucht mein Nachbar?

Das zweite Medium, an dem die Bamberger Wirtschaftsinformatiker für DAIAD arbeiten, ist ein webbasiertes Anzeige-Portal. Auch hier greift Staake auf Erfahrungen und Erkenntnisse aus seiner Zürcher Zeit zurück: Sein mitgegründetes Start-Up Ben Energy entwickelte ein Internetportal, auf dem das Thema Energieeffizienz durch witzige, konsumentenfreundliche Darstellung den Verbrauchern nähergebracht wird und diese zum Energiesparen motiviert. Bei dem DAIAD-Projekt soll diese Technologie auch zur Anwendung kommen und erweitert werden. „Wichtig ist ja der Anreiz, die Menschen zum Einsparen oder bewussten Verbrauch von Energie beziehungsweise Wasser zu motivieren. Hierbei bedienen wir uns Methoden aus der Psychologie“, erklärt Anna Kupfer, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin an Staakes Lehrstuhl beim Projekt mitarbeitet.

So sei aus der Verhaltenspsychologie bekannt, dass der Wettbewerbsgedanke Menschen motiviert. „Warum veranstaltet man nicht einfach einen kleinen Wettbewerb, wer am wenigsten Energie verbraucht? Wie viel verbraucht eigentlich mein Nachbar? Wo stehe ich mit meinem Verbrauch in meinem Umfeld? Das kann schon Leute anspornen“, erklärt Staake dieses Prinzip, welches nun auch bei DAIAD zum Einsatz kommen soll. Mit Gewinnspielen, die die Nutzerinnen und Nutzer weiterhin zum Wassereinsparen motivieren sollen, soll ein weiterer bzw. zusätzlicher Anreiz geschaffen werden.

Anhand von zwei Nutzerstudien werden bei DAIAD zunächst 75 Athener Haushalte und 50 Haushalte im britischen Brighton die Wirksamkeit der Plattformen und der Geräte testen. Staake erhofft sich durch seine Teilnahme an dem EU-Projekt, seine bisherigen Ergebnisse und Forschungen um den Wasserverbrauch zu erweitern und auf den neuesten Stand zu bringen. „Die Thematik ist hochaktuell und bedeutsam für die Zukunft“, erklärt er.

Für Rückfragen steht Prof. Dr. Thorsten Staake unter den Telefonnummern

+49 (0) 951 / 863 2076
+49 (0) 951 / 863 2077 (Sekretariat)

oder der E-Mailadresse: thorsten.staake(at)uni-bamberg.de zur Verfügung.

TechnologieAllianzOberfranken (TAO)

In der TechnologieAllianzOberfranken (TAO) arbeiten die vier oberfränkischen Hochschulen, die Universitäten Bamberg und Bayreuth sowie die Hochschulen für angewandte Wissenschaften Coburg und Hof zusammen. Ihr Ziel ist es, Oberfranken als Wissenschaftsstandort weiter auszubauen. Die Schwerpunkte der Kooperation liegen in den Bereichen Energie, Mobilität und Gesundheit. Hier sichert TAO den Transfer von aktuellen Forschungsergebnissen in die regionale Wirtschaft, unterstützt die Unternehmen bei der Lösung technologischer Herausforderungen, berät im Hinblick auf die Forschungsförderung und entwickelt spezifische Angebote zur Weiterbildung. Im Bereich des Studiums stehen die Entwicklung hochschulübergreifender Lehr- und Studienangebote sowie kooperative Promotionen im Vordergrund. TAO wird aus Mitteln des Freistaates Bayern gefördert.

Hinweis

Diesen Text verfasste Freyja Ebner für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

Bei Fragen oder Bilderwünschen kontaktieren Sie die Pressestelle bitte unter der Mailadresse medien(at)uni-bamberg.de oder Tel: 0951-863 1023.