Bamberger Vizepräsident Mitglied im Akkreditierungsrat
Um zu gewährleisten, dass die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge ein Höchstmaß an Qualität, Vergleichbarkeit und Transparenz aufweisen, müssen sie sich einer genauen Prüfung durch sogenannte Akkreditierungsagenturen unterziehen. Deren Arbeit wird wiederum begleitet, unterstützt und kontrolliert durch den Akkreditierungsrat. Vizepräsident Prof. Dr. Reinhard Zintl ist seit kurzem einer der vier Professoren in diesem Rat.
Herr Zintl, Sie sind seit kurzem Mitglied im Akkreditierungsrat, herzlichen Glückwunsch! Der Akkreditierungsrat ist ja gewissermaßen eine Meta-Instanz im Akkreditierungsprozess. Würden Sie uns kurz seine Aufgaben erklären?
Der Akkreditierungsrat ist die Prüfstelle für die Agenturen, die die Studiengänge akkreditieren sollen. Die Verleihung eines Gütesiegels soll ja nach einheitlichen Kriterien geschehen und klaren Richtlinien folgen. Der Akkreditierungsrat hat hierfür die Kriterien entwickelt. Er wacht auch darüber, dass die Agenturen diese Kriterien einhalten. Hierbei geht es nicht nur um die Etablierung einheitlicher Qualitätsstandards in Deutschlands, wir müssen ja auch die Anerkennung von Studienleistungen und Studienabschlüssen deutscher Hochschulen im Ausland gewährleisten. Dafür gibt es bereits die einschlägigen Qualitätsstandards der European Association for Quality Assurance in Higher Education (ENQA), auf die wir uns berufen. Dies alles geschieht auf gesetzlicher Grundlage.
Die Akkreditierungsagenturen wie ACQUIN (Akkreditierungs-, Certifizierungs- und Qualitätssicherungs-Institut) oder AQAS (Agentur für Qualitätssicherung durch Akkreditierung von Studiengängen) müssen also selbst ein Akkreditierungsverfahren durchlaufen?
Ja, sie müssen eine aufwendige Qualitätsprüfung überstehen.
Wer sitzt denn alles in diesem Gremium, das sowohl über die Merkmale guter Qualität in Studium und Lehre entscheidet als auch über deren Einhaltung wacht?
Die Bestimmung von Merkmalen guter Qualität in Studium und Lehre sowie deren Bewertung erfordert die Mitwirkung der Hochschulen und der in ihnen Lernenden und Lehrenden, der Politik – insbesondere der Kultusminister –, ferner die Mitwirkung von Repräsentanten der Berufspraxis und von internationalen Experten. Aus Vertretern all dieser Bereiche setzte sich der Akkreditierungsrat zusammen.
Und welches Verständnis von Qualität liegt der Arbeit der Stiftung zugrunde?
Der Akkreditierungsrat und die Akkreditierungsagenturen gehen bei ihrer Arbeit davon aus, dass gute Qualität in Studium und Lehre als Produkt eines permanenten Lernprozesses angesehen werden muss, in dem die Hochschulen selbst die primäre Verantwortung für Qualität und Qualitätssicherung tragen und den sie in geeigneter Weise institutionalisieren müssen. Die Arbeit des Akkreditierungsrates sowie die der Agenturen soll den Hochschulen hierbei helfen.
Der Akkreditierungsrat hat am 8. Oktober in Berlin die „Kriterien für die Systemakkreditierung“ und „Allgemeine Regeln für die Durchführung von Verfahren der Systemakkreditierung“ beschlossen. „Nach der erforderlichen endgültigen Zustimmung der Kultusministerkonferenz wird das Verfahren der Systemakkreditierung mit Beginn des Jahres 2008 eingeführt und tritt neben die weiterhin bestehende Programmakkreditierung“, heißt es auf den Seiten der Stiftung. Das klingt für einen Laien recht kompliziert. Worin unterscheiden sich diese beiden Verfahren?
Die Programmakkreditierung bezieht sich auf die einzelnen Studiengänge und zielt auf die Sicherung fachlich-inhaltlicher Standards. Sie beruht im Wesentlichen auf dem Gutachterprinzip des peer review. Da dieses Verfahren jedoch einen enormen Aufwand bedeutet, der für jeden neuen Studiengang immer wieder betrieben werden muss, hat die Kultusministerkonferenz in diesem Jahr beschlossen, dass sich auch Hochschulen insgesamt akkreditieren lassen können. Bei der Idee der System- oder auch Prozessakkreditierung geht man davon aus, dass eine Hochschule, die ein verlässliches internes Qualitätssicherungssystem aufweist, in der Lage ist, weitgehend selbstständig über ihre Studiengänge und die Einhaltung von Qualitätsstandards zu wachen. Das setzt erhebliche anfängliche Investitionen in die entsprechenden Strukturen voraus, die sich aber dann in einfacheren Prozeduren der Zertifizierung und vor allem in erweiterter Verantwortlichkeit, also in Autonomiegewinn der Universitäten auszahlen würden.
Ist das nicht gefährlich? Wer einmal systemakkreditiert ist, kann fortan tun und lassen, was er will?
Nein, so sollte man das nicht sehen. Zum einen ist eine Systemakkreditierung immer nur für die Dauer von sechs Jahren vorgesehen. Außerdem gehören zu ihr in erheblichem Umfang weiterhin stichprobenweise Evaluationen von Studienprogrammen, wobei auch hier die ländergemeinsamen Strukturvorgaben und Vorschriften gelten. Hochschulen können sich einer Systemakkreditierung überhaupt nur dann unterziehen, wenn sie über eine hinreichende Anzahl erfolgreich durchgeführter Studiengangsakkreditierungen verfügen.
Das würde doch einen grundlegenden Paradigmenwechsel bedeuten. Auf dem Prüfstand stünden dann eher hochschulinterne Verfahren des Hochschulmanagements als inhaltliche und strukturelle Fragen des Studiums.
Das ist zunächst richtig. Aber es bedeutet ja nicht, dass Inhalte nun unwichtig werden, eher im Gegenteil: Die Universitäten müssen nun nicht mehr ihre Programme dem Urteil einer Gutachtergruppe und den hiermit verbundenen – teilweise ja auch nicht unproblematischen – Risiken unterwerfen, sondern können sich dem Wettbewerb unter den Universitäten um fachliche Reputation stellen, der sich in den nächsten Jahren ohnehin verschärfen wird.
Das Verfahren der Systemakkreditierung soll zum Jahresbeginn 2008 an den Start gehen. Ist das nicht ein bisschen schnell?
Nein. Wenn Sie sich die unter akkreditierungsrat.de veröffentlichten Kriterien ansehen, werden Sie feststellen, dass die institutionellen Anforderungen so hoch sind, dass sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt eigentlich überhaupt noch keine deutsche Hochschule einer Systemakkreditierung unterziehen könnte. Wohlgemerkt: Das liegt nicht an Qualitätsmängeln, sondern an noch unzureichenden Verfahren der Qualitätssicherung. Dass man jetzt die Systemakkreditierung verbindlich als wählbare Alternative einführt, hat seinen Grund darin, dass man den Universitäten die Sicherheit geben muss, dass die notwendigen hohen Investitionen sich auch tatsächlich einmal in Ersparnissen an anderer Stelle auszahlen.
Vielen Dank für das Gespräch!