Internationale Integrationsbestrebungen jenseits der Europäischen Union unter die Lupe ... (Bild: stock.xchng/topfer)

... nahm der Workshop „Regional Integration in Comparison: Internal Dynamics and External Support of Regional Integration in Africa, America and Asia“ (Bild: Lehrstuhl für Internationale Beziehungen).

- Johannes Volk

ASEAN, MERCOSUR, NAFTA, SADC

Internationaler Workshop zur regionalen Integration außerhalb Europas

Dass die EU ein weit vorangeschrittenes regionales Integrationsprojekt ist, wird den meisten Deutschen spätestens dann bewusst, wenn sie über Brüssel schimpfen oder über offene Grenzen fahren und im Ausland mit dem Euro zahlen. Doch wie sieht es mit Integrationsprojekten auf anderen Kontinenten aus?

Der Bamberger Lehrstuhl für Internationale Beziehungen beschäftigt sich seit fast zwei Jahren schwerpunktmäßig mit dem Thema der regionalen Integration außerhalb Europas. Am 19. und 20. Juni fand im Rahmen dieses Forschungsschwerpunktes ein erster Workshop zum Thema „Regional Integration in Comparison: Internal Dynamics and External Support of Regional Integration in Africa, America and Asia“ statt.  Ziel war es „erste Forschungsergebnisse zu präsentieren und mit anderen Experten darüber zu diskutieren“, so der Hauptorganisator Dr. Sebastian Krapohl. Am Workshop nahmen daher neben den Teilnehmern aus Bamberg Experten des German Institut for Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg, der Universität Bochum und der United Nation University for Comparative Regional Integration Studies (UNU-CRIS) in Brügge teil. In seiner Begrüßung bedankte Sebastian Krapohl sich auch ausdrücklich beim Graduiertenkolleg „Märkte und Sozialräume in Europa“ für die Zusammenarbeit und die finanzielle Unterstützung des Workshops.

Fehlendes Rahmenkonzept

Konkret befassten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit internen und externen Faktoren, die für die Entwicklung von regionalen Integrationsprojekten verantwortlich sind. Solche Projekte stecken hinter den – für die meisten Ohren eher ungewohnt klingenden – Abkürzungen wie MERCOSUR (Common Market of South America) oder SADC (Southern African Development Community). Von ASEAN (Association of Southeast-Asian Nations) und NAFTA (North Atlantic Free Trade Agreement) hört man hingegen öfters. Ein grundlegendes Problem in der momentanen Forschung, darin waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, ist das fehlende theoretische Rahmenkonzept für vergleichende Analysen. Francis Baert von UNU-CRIS in Brügge ging in seinem Vortrag zu Beginn des zweitägigen Treffens auf diese Problematik näher ein.

Facettenreiches Thema

Wie vielschichtig das Thema der regionalen Integration ist, zeigte sich dann im weiteren Verlauf. So thematisierten die beiden Bamberger Politikwissenschaftler Dr. Simon Fink und Dr. Sebastian Krapohl beispielsweise die wirtschaftlichen Verflechtungen innerhalb der verschiedenen Organisationen und zwischen ihnen. Sie argumentierten, dass für Entwicklungsländer nicht nur die Verflechtungen innerhalb der Regionen, sondern auch die Abhängigkeit von weiter entwickelten Regionen des Nordens von großer Bedeutung sind. Der Frage unter welchen Voraussetzungen sich regionale Führungsmächte etablieren können und welchen Einfluss sie auf regionale Integration ausüben können, ging PD Dr. Dirk Nabers vom GIGA-Institut in Hamburg nach. Dabei wählte er die Rolle Chinas und Japans in Ostasien als Beispiel.

IWF, WTO und HIV

Doch auch die in den letzten Monaten in den Medien stark diskutierte internationale Finanzmarktpolitik kam bei dem Treffen zur Sprache. Dr. Howard Loewen, ein weiterer Gast aus Hamburg, stellte seine Arbeit zum institutionellen Wechselspiel zwischen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und seiner regionalen Entsprechung in Ostasien, der Chiang Mai Initiative, vor. Ein weiteres Beispiel für die verschiedenen Blickwinkel, aus denen das Thema begutachtet werden kann, war die Verrechtlichung innerhalb der regionalen Abkommen. Diskutiert wurden aber auch Fragen wie: Warum wurde die Southern African Development Community (SADC) gegründet und warum spielte Südafrika dabei eine Schlüsselrolle? Welchen Einfluss übte Indiens regionale Wirtschaftspolitik auf seine Beziehungen zur WTO aus? Wie können südafrikanische Staaten in ihrem Kampf gegen HIV und Aids von der WTO und von regionaler Integration profitieren?

Weitere Kooperation beabsichtigt

Bei all diesen Diskussionen wurden die verschiedenen Argumente mit einer gewissen „constructive rudeness“ behandelt, wie es Prof. Dr. Stefan Schirm von der Universität Bochum zum Ausdruck brachte. Das Resümee eines konstruktiven Workshops zog Prof. Dr. Thomas Gehring, Inhaber des Bamberger Lehrstuhls für Politikwissenschaft, insbesondere Internationale Beziehungen, in seiner Zusammenfassung. Es zeigte sich aber auch, dass dieses Forschungsgebiet eigentlich noch in den Kinderschuhen steckt und viele Fragen gerade erst auftauchen. Dennoch oder vielleicht auch gerade deshalb betonte Gehring, dass die „Forschung zur regionalen Integration weitere Aufmerksamkeit verdient“. Um diesen interessanten Herausforderungen besser entgegentreten zu können, war man sich einig, künftig enger zusammenarbeiten zu wollen und auch im nächsten Jahr einen ähnlichen Workshop zu organisieren.