Marc Helbling (Foto: Tim Kipphan/Universität Bamberg)

Christen willkommen, Muslime nicht?

Marc Helbling ist neuer Professor für Politikwissenschaft

Täglich kommen in Deutschland zur Zeit etwa 3.000 Flüchtlinge an. Ein Jahr zuvor waren es lediglich 300. Mit über einer Million Registrierungen haben die Flüchtlingszahlen in Deutschland im Jahr 2015 ein Rekordniveau erreicht. Im gleichen Jahr hat das Bundeskriminalamt (BKA) bundesweit mehr als 800 Straftaten gegen Asylbewerberunterkünfte registriert – von Schmierereien bis hin zu Brandstiftungen. Diese Entwicklungen verfolgt Prof. Dr. Marc Helbling genau, denn der neue Bamberger Professor für Politikwissenschaft forscht zu Immigrations- und Staatsbürgerschaftspolitik, Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie, Nationalismus und dem Islam in Europa.

Nach seinem Studium der Politikwissenschaft in Lausanne und seiner Promotion in Zürich leitete Marc Helbling unter anderem die mit über einer Million Euro geförderte Emmy Noether Forschungsgruppe „Einwanderungspolitik im Vergleich“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Seit April 2015 hat er an der Universität Bamberg den Lehrstuhl für Politikwissenschaft, insbesondere Politische Soziologie, inne.

Obwohl ihm mehrere Angebote vorlagen, entschied Helbling sich für die Domstadt: „Bamberg ist in den Sozialwissenschaften einer der renommiertesten Standorte in Deutschland: Sowohl die Politikwissenschaft wie auch die Soziologie sind sehr forschungsstark und international ausgerichtet. Deswegen ist es für mich eine der besten Optionen.“ Auch an der Otto-Friedrich-Universität treibt ihn die Frage, die ihn zum Politikstudium führte, an: Wie funktioniert unsere Gesellschaft? „Der Reiz, den aktuelle Entwicklungen auf mich ausüben, ist ungebrochen“, erklärt er. „Ich will die Mechanismen und Strukturen der Welt, in der wir leben, verstehen.“

Fremdenfeindlichkeit erforschen

In Bamberg erforscht Helbling unter anderem, wie genau fremdenfeindliche Einstellungen entstehen und ob muslimische Migranten aufgrund ihrer Herkunftsländer, ihrer Religionszugehörigkeit oder ihrer persönlichen Religiosität abgelehnt werden. Dazu untersucht er, wie sich die Einstellungen zu Muslimen von Fremdenfeindlichkeit gegenüber Migranten anderer Konfessionen unterscheiden. Helbling fand im Rahmen einer Umfrage in sechs europäischen Ländern am WZB  beispielsweise heraus, dass die meisten der Befragten weniger ein Problem mit Muslimen an sich hatten als mit dem Kopftuch. „Wir konnten beobachten: Je stärker Muslime ihre Religionszugehörigkeit nach außen zeigen, desto negativer werden die Einstellungen ihrer Umgebung“, fasst Helbling zusammen. Ob diese Forschung einen konkreten Beitrag zu den aktuellen Herausforderungen der Flüchtlingskrise leiste? Helbling zögert. „Fremdenfeindlichkeit abzubauen ist nicht Aufgabe der Wissenschaft, das müssen andere leisten. Das können diese aber nur, wenn Ursachen und Folgen bekannt sind. Und dazu möchte ich natürlich beitragen.“

Politik aktiv zu gestalten – auch das hätte Helbling sich vorstellen können: Im Studium dachte er daran, als Diplomat zu arbeiten. Doch nach dem Masterabschluss wollte er sich mit der Politikwissenschaft noch tiefer auseinandersetzen und blieb der Forschung treu. Das viele Reisen, das ihm als Diplomat sicher gewesen wäre, begleitet ihn heute privat. Mit seiner Familie bereist er nach und nach alle Länder der Erde, zuletzt häufig Südostasien. Und auch beruflich ist er für Konferenzen und Forschungsaufenthalte unterwegs.

Kritisches Denken lehren

Das wichtigste, das Helbling seinen eigenen Studierenden mitgeben möchte: aktuelle politische Entwicklungen aber auch die Politikwissenschaft kritisch zu hinterfragen. Keine Theorie und kein Argument dürfe man als gegeben hinnehmen. „Wichtig ist, den eigenen Verstand zu gebrauchen“, sagt Helbling. „Meine Aufgabe sehe ich darin, den Studierenden diejenigen Methoden beizubringen, mit denen sie dieses kritische Hinterfragen leisten können.“ Um das zu vermitteln, behandle er in seinen Vorlesungen zu einer Theorie stets die Kritik dazu und versuche, beides mit den Studierenden zu diskutieren. „Das wichtigste ist, dass sie lernen, sich ein eigenes Bild von dem zu machen, was um uns herum passiert.“

Seine Antrittsvorlesung hält Prof. Dr. Marc Helbling am 27. Januar 2016 unter dem Titel „Islamophobie: Xenophobie oder Anti-Religiosität?“. Der öffentliche Vortrag beginnt um 19.15 Uhr im Raum F21/01.37, Feldkirchenstraße 21.


Hinweis

Diesen Text verfasste Samira Rosenbaum für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

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