Der scheidende Prof. Dr. Christian Schröer (rechts) im Gespräch mit Schimmelsgassenbewohner Prof. Dr. Roland Simon-Schäfer (mitte) und Prof. Dr. Alfred Hierold (links). (Bild: Gräßer)
Kommt uns die Philosophie abhanden?
Acht Jahre prägte der Philosoph Christian Schröer die Bamberger Philosophie, indem er auf das Gespräch setzte und Philosophie als Universalwissenschaft lehrte.
In seinen acht Bamberger Universitätsjahren hat Schröer, 1957 in Mülheim an der Ruhr geboren, mit Veranstaltungen und Publikationen etwa zu den Grundfragen einer philosophischen Anthropologie, zur Ethik, zu Boethius oder Thomas von Aquin die Philosophie an der Universität Bamberg auf derart feste Grundmauern gestellt, dass das Gebäude auch nach seinem Weggang keinesfalls zusammenstürzen dürfte.
Im von Studierenden, Kollegen und Freunden bestens gefüllten Großen Hörsaal der Theologischen Fakultät fragte Schröer, wie schon in seiner Antrittvorlesung am 6. Februar: „Was machen wir, wenn uns die Philosophie abhanden kommt?“ Insgesamt gerate die Universität immer mehr unter Druck, die klassische Bildung zugunsten der Berufsvorbereitung aufzugeben. Hiervon sei vor allem die Philosophie betroffen, die sich aufgrund ihrer universalen und fächerübergreifenden Perspektive nicht auf bloße Ausbildung reduzieren ließe. Er gehe nach reiflicher Erwägung, da es in Augsburg, anders als in Bamberg, gelungen sei, die erforderlichen Professorenstellen für die Umstellung auf einen Bachelor- und Master-Studiengang zu sichern.
Die Universität Bamberg zeigte sich Schröer als eine „Einrichtung mit relativ leicht überschaubaren Strukturen, mit breit interessierten Studierenden und mit Kollegen in allen Fakultäten, die mich offen, herzlich und fachlich interessiert empfingen“.
Und Schröer zeigte sich der Universität Bamberg mit den Worten von Prof. Dr. Max-Peter Baumann, dem Dekan der Fakultät Pädagogik-Philosophie-Psychologie, als jemand, der durch seinen immensen Einsatz für die Philosophie viel erreicht habe.
Philosophie als Universalwissenschaft
In der Philosophie, verstanden als ein „Gespräch, wo Erfahrene fragen und zulassen und offenlassen und ihre unbefangenen Kinderfragen stellen und die Erfahrungen anderer ernst nehmen“, machte Schröer drei Kennzeichen eines philosophischen Gespräches aus: Leidenschaft in der Suche, Nüchternheit in der Sache und die Bereitschaft, das Ganze seines Fragens und Denkens selbst aufrichtig zu vertreten gegenüber jedermann, der ebenso fragt und denkt. Schröer dankte den vielen Kollegen und Studierenden anderer Fächer, die es ihm in Bamberg – auch und ausdrücklich im Rahmen der Bamberger Hegelwochen – ermöglichten, Philosophie nicht als „ein Fach neben anderen“ zu begreifen und zu leben, sondern als „Universalwissenschaft, die wesentlich am Ganzen eines universalen Diskurses über alle Disziplingrenzen hinweg“ festhalte.
Unerlässlich für das Erwecken eigenen Philosophierens sei es, die Primärtexte selbst als die vorderen „Gesprächspartner zu entdecken und auf eigenes Risiko die Pfade noch einmal nachzugehen, immer in der Gefahr, auch völlig Neues zu entdecken“.
Neues entdecken wird Schröer zweifelsohne auch in Augsburg. Mit dem Wechsel an die dortige Universität ist er wieder näher an seine ehemaligen Alma Mater gerückt: An der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität habilitierte er nach einem breiten Studium, das auch Katholische Theologie und Theaterwissenschaften umfasste, 1993 im Fach Christliche Philosophie mit einer Arbeit über „Praktische Vernunft bei Thomas von Aquin“.
Beim abschließenden Umtrunk bestand gern genutzte Gelegenheit, mit dem Scheidenden Worte des Abschieds und der Dankbarkeit zu tauschen. Wie es sich gehört, wurde ein „Wein des Philosophen“ kredenzt. Er stammte von apl. Prof. Dr. Helmut Pape – auch er, wie Schröer, und Kollege Prof. Dr. Roland Simon-Schaefer, Schimmelsgassenbewohner. Schröers Freundschaft zu den Bambergern wird zweifelsohne fortbestehen. Spätestens bei der Hegelwoche Ende Juni wird man sich wieder sehen. Und miteinander sprechen.