Damit fängt alles an: Mit dem Abakus haben schon Generationen ihre ersten Rechenschritte bewältigt (Bild: Pixelquelle)
Mathematisches Verständnis muss sich früh entwickeln
Jung übt sich, wer ein Mathegenie sein will. In der letzten Juliwoche trafen sich in Bamberg Nachwuchswissenschaftler aus Pädagogik, Psychologie und Soziologie, um sich über empirische Bildungsforschung und das Lernverhalten von Kindern auszutauschen. Die Psychologin Elsbeth Stern sprach im Eröffnungsvortrag über das Erlernen mathematischer Fähigkeiten.
Hitzefrei? Von wegen! Die letzte Semesterwoche, in der meist nicht mehr viele Lehrveranstaltungen stattfinden, wurde in diesem Semester an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg für ein Zusammentreffen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern genutzt. Vom 24. bis zum 28. Juli tagte erstmals die „Internationale Sommerschule für Empirische Bildungsforschung“. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Bamberger Forschungsgruppe BiKS. Dabei handelt es sich um ein interdisziplinäres Team aus Pädagogen, Psychologen und Soziologen, wobei „BiKS“ für „Bildungsprozesse, Konzeptentwicklung und Selektionsentscheidungen im Vor- und Grundschulalter“ steht. Entsprechend waren Längsschnittuntersuchungen in der empirischen Bildungsforschung das Thema der Sommerschule.
Bereicherung und Synergieeffekte durch Interdisziplinarität
Insgesamt hatten sich zur Studienwoche etwa 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet, die aus ganz Deutschland, der Schweiz sowie aus anderen europäischen Ländern anreisten. „Aus Prag und aus den Niederlanden sind sogar jeweils komplette Forschergruppen der Einladung gefolgt“, berichtete eine der Organisatorinnen, die Bamberger Psychologin und Mitglied der BiKS-Forschergruppe Dr. Jutta von Maurice. Ziel der Studienwoche sei die „Orientierung an der empirischen Bildungsforschung“, vor allem aber der Ausbau der interdisziplinären Zusammenarbeit. Das Zusammenwirken von Pädagogen, Psychologen und Soziologen bietet sich vor allem in der Bildungsforschung an, da die Wissenschaftler ähnliche Forschungsinteressen haben und sich ähnlicher Forschungsmethoden bedienen. Außerdem sind diese drei Disziplinen an vielen Stellen eng miteinander verzahnt und können sich durch die jeweils unterschiedlichen Blickwinkel gut ergänzen.
Von Montag bis Freitag gab es täglich Vorträge von renommierten Bildungsforschern, darunter Prof. Iram Siraj-Blatchford aus London, Prof. Paul Leseman aus Utrecht und Prof. Petr Mateju aus Prag. Darüber hinaus bekamen die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich in Arbeitsgruppen sowie bei gemeinsamen Freizeitaktivitäten auszutauschen. Dabei war die Arbeitssprache der Veranstaltungen Englisch.
Mathematisches Verständnis von Kindern: frühes Lernen ist wichtig
Am Montag eröffnete die Psychologin Prof. Dr. Elsbeth Stern vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin in der AULA der Universität die Studienwoche mit einem Vortrag über ausgewählte Längsschnittuntersuchungen in der empirischen Bildungsforschung, an denen sie selbst beteiligt gewesen war. Dabei stellte sie die Ergebnisse zweier Forschungsprojekte dar und versuchte zu klären, welche Rolle die frühe Erziehung für die Herausbildung von mathematischem Verständnis bei Kindern spielt. Im Allgemeinen gehe die kognitive Entwicklung der Kinder unterschiedlich vonstatten. Trotzdem könne man aber zum Beispiel feststellen, dass im Bezug auf die mathematischen Fähigkeiten der Kinder besonders das frühe Lernen wichtig sei. „Early achievement is critical“, erklärte Elsbeth Stern, denn bestehende Lücken könnten später selten geschlossen werden. Solche Erkenntnisse könne man nur durch eine genaue Beobachtung der Kinder über einen längeren Zeitraum gewinnen und somit „critical periods“, „windows of opportunity“ oder „risk factors“ in deren Entwicklung identifizieren. Obwohl das genaue Design der Studien natürlich immer vom jeweiligen Erkenntnisinteresse abhängt, betonte sie die Wichtigkeit von Längsschnittuntersuchungen für die Bildungsforschung: „the child is the father of the man“.
Die Resonanz, die diese Studienwoche aus dem In- und Ausland erfahren hat, zeigt, dass im Bereich der Bildungsforschung ein starkes Interesse an interdisziplinärer Zusammenarbeit besteht. So lässt sich vermuten, dass die Internationale Sommerschule für Empirische Bildungsforschung in Bamberg in Zukunft zur Institution werden wird.