Bergung eines menschlichen Schädels aus der Schachthöhle (Foto: G. Gresik).

Erforschen die Kirschbaumhöhle (v.l.): Timo Seregély, Andreas Schäfer und Gerhard Gresik (Foto: Freyja Ebner)

3D-Scanning der Höhle und der Knochenfunde mit einem terrestrischen Laserscanner (Foto: Ph. Burgdorf)

Sensationsfund auf der Frankenalb

Bamberger Archäologen erforschen erste unberührte Schachthöhle Deutschlands

Entdeckt wurde die Kirschbaumhöhle mit ihren zahlreichen menschlichen und tierischen Knochen im Jahr 2010 von zwei Mitgliedern der Forschungsgruppe Fränkischer Karst e.V. Vorbildlich beließen sie die Höhle in ihrem Zustand und meldeten den Sachverhalt sofort dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Zum Schutz der Funde wurde die Höhle verschlossen, auch der Standort bleibt geheim. Bekannt ist nur, dass sie sich im Landkreis Forchheim auf der Nördlichen Frankenalb befindet.

6-7 Meter geht die enge Schachthöhle in die Tiefe, bis sie sich in zwei Kammern verzweigt. Insgesamt konnten von sieben Menschen (fünf Erwachsene und zwei Jugendliche) die Schädel bzw. Unterkiefer sowie weitere Skelettelemente wie z.B. Wirbel und Becken gefunden werden. Bei den Tierknochen handelt es sich bislang um drei junge Rinder, ein Ferkel, ein Lamm, ein älteres Schaf, einen Rothirsch, einen Feldhasen, einen Hund sowie eine Wildkatze.

Eigentlich kann die Nördliche Frankenalb jede Menge prähistorisch genutzte Schachthöhlen, wie die Kirschbaumhöhle, vorweisen. Doch sind viele Fundstücke durch eine schlechte Dokumentation zu Beginn des 20. Jahrhunderts verloren oder verschollen gegangen. Deshalb ist die Kirschbaumhöhle, die ihre Entdecker so vorbildhaft in ihrem ursprünglichen Zustand belassen haben, ein Glücksfall für die Forschung. „Von so einer Höhle träumt man als Archäologe“, schwärmt Dr. Timo Seregély, der die Ausgrabungen leitet. Dieses Projekt biete nun die einmalige Chance, mit modernsten Forschungsmethoden beispielhaft prähistorische Knochenfunde aus einer Schachthöhle zu dokumentieren, so Prof. Dr. Andreas Schäfer, Inhaber der Professur für Ur- und frühgeschichtliche Archäologie.

Erstmals 3D-Scanning einer Höhle

Um bei den Dokumentations- und Bergungsarbeiten die Fundstücke nicht mit moderner DNA zu „verschmutzen“, trugen alle Mitarbeiter sterile Schutzbekleidung. In Zusammenarbeit mit Gerhard Gresik vom Lehrstuhl für Restaurierungswissenschaften wurde die Höhle mit Hilfe eines hochpräzisen terrestrischen 3D-Scanners dokumentiert. Trotz der beengten Verhältnisse mit zerklüfteten Wänden konnten 360˚Grad-Aufnahmen gemacht werden, die es ermöglichen, einen millimetergenauen Plan der Höhle zu erstellen. Des Weiteren kann der Scanner die sich auf den Knochen befindenden Farbinformationen erfassen, die Hinweise auf Krankheiten oder Belastungen, Manipulationsspuren, Verfärbungen wie Brandstellen oder Sinterüberzüge besitzen. Mit solch moderner Technik wurde in Deutschland noch nie eine Höhle untersucht – ein absolutes Novum. Dadurch soll geklärt werden, unter welchen Umständen Mensch und Tier in die Höhle gelangten. In Frage kommen z.B. besondere Bestattungssitten oder rituelle Opferungen.

Aus der Keltenzeit

Viele Funde liegen noch in der Höhle, einige Knochen wurden bzw. werden noch analysiert. Mit Hilfe der Radiokarbon-Methode soll zunächst das Alter bestimmt werden. Ein erstes Ergebnis vom Schädel eines Jugendlichen hat eine Datierung für den Zeitraum 700 – 400 v. Chr. ergeben. Damit fällt dieser Fund in die Eisenzeit, als die Kelten die Frankenalb besiedelten. 12 weitere Datierungen sind in Auftrag gegeben. „Die Ergebnisse erwarte ich im Herbst bzw. Winter“, so Dr. Timo Seregély. Dann wird feststehen, ob die einzelnen Knochen in derselben Epoche in die Höhle gelangten oder ob es mehrere Deponierungsphasen gab.

Das Forschungsprojekt wird sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Schon jetzt gelte der Oberfrankenstiftung ein außerordentlicher Dank für die mehr 10-jährige Unterstützung der Ausgrabungen auf der Frankenalb, so Prof. Dr. Andreas Schäfer. Weitere Förderer sind der Landkreis Forchheim, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege sowie die Gesellschaft für Archäologie in Bayern e.V.

Hinweis

Diesen Text verfasste für die Pressestelle der Universität Bamberg
Freyja Ebner
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