Anne Maria Kokert

Ein gutes Networking ist wichtig für junge Absolventen: Ein Studierender schließt Kontakt mit Referent Oliver Barth

Anne Maria Kokert

Oliver Barth von der Beraterfirma Kienbaum Consultings International

- Anne Maria Kokert

Höchste Ansprüche

Unternehmen und ihre Suche nach qualifizierten Hochschulabsolventen

Welche Ansprüche haben Global Player an mich als Absolventen? Wie überzeuge ich im Assessment Center? Welche Gehaltsforderungen kann ich stellen? Oliver Barth, Human Resources Manager der Beraterfirma Kienbaum, weiß Rat.

Oliver Barth, Bereichsleiter im Human Resources Management der renommierten Kienbaum Consultings International, kam in seinem Vortrag am 8. Mai in den Räumen der Feldkirchenstraße gleich zur Sache. Überdurchschnittliche akademische und berufliche Leistungen. Hohe fachliche, soziale, emotionale, methodische, kommunikative Kompetenzen. Internationalität, praktische Erfahrungen. Lern-, Team-, und Durchsetzungsfähigkeit, überdurchschnittliche Belastbarkeit und sehr hohe Selbstmotivation: Nach der von Kienbaum initiierten Studie, an der sich im Herbst 2005 einhundertsechsundvierzig Unternehmen beteiligten, sind es genau diese Eigenschaften, die Hochschulabsolventen zu High Potentials machen. Die fähigsten Absolventinnen und Absolventen eines Jahrgangs werden besonders von den weltweit agierenden Unternehmen gesucht, hier haben sie beste Karriereaussichten. Wer jedoch in die Chefetage aufsteigen möchte, für den müssen zusätzlich Führungspotenzial und interkulturelle Kompetenzen, ausgezeichnete Sprachkenntnisse und eine internationale Ausbildung selbstverständlich sein. 

Schwäche zeigen

Die besten Leute aus dem Stapel der Bewerbungen um Führungspositionen werden deshalb ausgewählt nach Praktika, Sprachkenntnissen, Studienschwerpunkten, Auslandsaufenthalten und außercurricularem Engagement. Die Examensnote sei ebenfalls ein nicht zu unterschätzendes Auswahlkriterium, betonte Barth. Ist die schriftliche Bewerbung geglückt, muss sich der Bewerber im persönlichen Interview, nach wie vor die beliebteste Methode bei der Auswahl von High Potentials, beweisen. Gefragt sind unter anderem immer die persönlichen Stärken und Schwächen.

Barth forderte die Studierenden auf, sich vorher mit sich selbst auseinander zu setzen. Nur wer auch seine Schwächen kenne, könne mit ihnen umgehen. Wichtig sei auch folgender Hinweis Barths für das persönliche Interview: „Haben Sie immer Beispiele parat!“ Worin zeigen sich die eigenen Stärken und Schwächen? In welchen Situationen geriet man mit sich selbst in Konflikt, wie hat man sie bewältigt und vor allen Dingen: Was hat man daraus gelernt? Kann man hier punkten, ist sich der potenzielle Arbeitgeber sicher, dass er keinen der Berufseinsteiger vor sich hat, die an gnadenloser Selbstüberschätzung leiden. Das ist der zweithäufigst genannte Grund für ein Scheitern der High Potentials während der ersten hundert Tage im Beruf. Sie verfügen selten über die Fähigkeit zur Selbstkritik und haben oft eine überhöhte Anspruchshaltung.

Letztere sollten Bewerber besonders im Verhandlungsgespräch zum Einstiegsgehalt zurückhalten. Natürlich soll sich keiner unter Wert verkaufen, Oliver Barth rät sogar dazu, eher etwas zu hoch als zu niedrig einzusteigen. Am wichtigsten sei auch hier: „Haben Sie ein Ziel!“ Ohne vorherige intensive Recherche, was Kollegen in der angestrebten Position in dem speziellen Unternehmen verdienen, sollte sich keiner in das Gespräch wagen. Ein Blick auf die durchschnittlichen Einstiegsgehälter von High Potentials zeigt, dass eine Promotion nach wie vor zu höchster Bezahlung führt. Naturwissenschaftler liegen vor den Wirtschaftswissenschaftlern, am wenigsten verdienen durchschnittlich Absolventen der Geisteswissenschaften.

Assessment Center – alles nur Show?

Das persönliche Interview ist oft nur der erste Schritt und gekoppelt an ein Assessment Center, das es zu absolvieren gilt. Es schließen sich in einem ein- bis dreitägigen Seminar Fallstudien, Diskussionen, Rollensimulationen und Präsentationen zum Business Case an, hinzu kommen aufeinander aufbauende Übungen, die charakteristisch für die zukünftige Arbeitssituation sind. Führungskräfte und Human Resources Experten beobachten und bewerten die Teilnehmer nach einem Basiskompetenzmodell, das in jedem Unternehmen anders aussieht. Geprüft werden Problemlösungskompetenz, Führungs- und Managementkompetenz sowie die persönliche Motivationsstruktur. Ein ausführliches persönliches Feedback, auf das man grundsätzlich bestehen sollte, erklärt die Analyse der beobachteten Potenziale, zeigt Trainingsbedarf auf und gibt Hinweise für die Laufbahnplanung.

Um hier zu möglichst korrekten Ergebnissen zu kommen, ist es für alle Bewerber wichtig, keinesfalls eine Show zu bieten, sondern sich so authentisch wie möglich zu verhalten. Es wird nicht nur das Potenzial bewertet, sondern auch die Performance. Je besser diese beiden Seiten zusammen passen und je klarer das Profil eines Teilnehmers dadurch wird, desto effektiver ist das Assessment Center für Bewerber und Unternehmen.

Zum Abschluss schlug Oliver Barth vor, ohne inneren Druck das Verfahren eines Assessment Centers zu üben, sich also einfach auf eine ausgeschriebene Führungsposition zu bewerben. Eine intensive und gute Vorbereitung und ein realistisches Selbstbild sind die wichtigsten Vorraussetzungen, um auf dem Weg in den Chefsessel das anspruchsvolle Auswahlverfahren zu meistern. Wer das schafft, hat allerbeste Aussichten auf eine steile Karriere bei den global agierenden Unternehmen.