Das Telefonieren ist in der Bibliothek streng verboten! (Das Bild ist allerdings gestellt...) (Bilder: Pressestelle)

So nicht! Ein eigenes Büchernest zu bauen ist unfair gegenüber den Mitstudierenden

Die Leiterin der TB4, Inga Gerike, spürt oft versteckte Büchernester auf

- Rainer Schönauer

Eselsohr und Büchernest

Über rechten und unrechten Umgang mit Leihbüchern

Eine Universitätsbibliothek funktioniert immer nur so gut, wie sich jeder Teilnehmer an die Regeln hält und Fairness walten lässt. Die häufigsten Bibliothekssünden sind Bücherverstellen und lautes Telefonieren mit dem Handy.    

„Eine Bibliothek ist eine systematische Sammlung von Büchern, die nach bestimmten Kriterien erschlossen und präsentiert werden und den Benutzern zur Verfügung stehen.“ Etwas auswendig gelernt und trocken klingt diese Definition schon, das gibt Dr. Inga Gerike, Leiterin der Teilbibliothek 4 (TB 4) für Sprach- und Literaturwissenschaften zu. Poetischer ausgedrückt: Eine Bibliothek gehört zum Herzstück einer jeden Universität.

Eine Universität ohne Bibliothek ist heutzutage nicht mehr vorstellbar. Doch während die Bedeutung einer Bibliothek für die Universität nahezu gleich geblieben ist, hat sich das Verhalten der Bibliotheksnutzer, sprich der Studierenden, sehr verändert. Zwar würden sich die meisten Studierenden so verhalten, dass alle gut arbeiten könnten, so Gerike, dennoch gibt es auch Nutzer, die scheinbar die Bibliotheksetikette verlernt haben.

Markerstriche und Eselsohren

Was Inga Gerike häufiger auffällt ist, dass es Studierende gibt, die keine Achtung vor dem gedruckten Wort haben. Immer wieder, so erklärt sie, komme es nicht nur zu Anstreichungen in Büchern, sondern auch zu Beschädigungen. Herausgerissene Seiten und Eselsohren als Markierung seien keine Seltenheit. „Es ist sogar schon vorgekommen“, fügt Inga Gerike hinzu, „dass Studenten vor den Augen des Bibliothekspersonals Zeitungsseiten herausgerissen haben. Als man sie darauf angesprochen hat, waren sie sich in keiner Weise bewusst, dass sie falsch gehandelt hatten und dass die ausliegenden Zeitungen für alle Studenten gedacht sind.“ Diese mangelnde Sensibilität zeigt sich zwar bei vergleichsweise wenigen Bibliotheksnutzern – fällt aber in einem Umfeld, das auf gegenseitige Rücksichtnahme sehr angewiesen ist, um so mehr auf.

Telefonzelle „Bibliothek“

Auch den Grundsatz, dass man sich in Bibliotheken möglichst leise verhalten soll, um andere nicht bei der Arbeit zu stören, scheinen einige Studierende vergessen zu haben. „Obwohl in den Bibliotheken ein Handyverbot herrscht, wird dieses nicht immer konsequent eingehalten,“ stellt Inga Gerike fest. Und im ausliegenden Wunschbuch der TB 4 beschweren sich Bibliotheksbenutzter häufig über lautes Telefonieren ihrer Kommilitonen. Doch die Sanktionsmöglichkeiten seien begrenzt. „Da nicht immer die gleichen Studenten telefonieren, können wir die Leute nur verwarnen und sie bitten, das Handy auszuschalten.“ Die TB 4 sei an sich schon ein recht lautes Gebäude, und man könne nur an die Studenten appellieren, Rücksicht auf die anderen Bibliotheksnutzer zu nehmen.
Wenn es bisher auch noch kaum Klagen von Studierendenseite gab, so kennt auch Dr. Irmingard Keunecke, Leiterin der Teilbibliothek 3 in der Feldkirchenstraße, dieses Problem: „Die gewünschte Handhabung, nämlich das Ausschalten des Handys wird zwar meist beachtet, dennoch gibt es Benutzer, die bei einem Anruf durch den Lesesaal in Richtung Treppenhaus spurten, um dort zu telefonieren.“ Es komme auch vor, dass Einzelne im Lesesaal telefonieren würden, meist aber nur ganz kurz und leise. Es würde sich daher nicht lohnen, sie anzusprechen, da sie offensichtlich selbst wüssten, dass sie nicht telefonieren dürfen.

Fleißige Eichhörnchen unterwegs

Was Inga Gerike besonders negativ auffällt, ist der Bücherschwund. Damit ist sowohl das Verschwinden als auch das Verstellen von Büchern gemeint. Die Anzahl der verschwunden Bücher kann Inga Gerike nicht genau beziffern, da nicht auffindbare Bücher nicht automatisch auch gestohlen wurden. „Viele Bücher verschwinden nicht aus der Bibliothek, sondern werden von Studenten aus Unachtsamkeit verstellt,“ hält Inga Gerike fest. Daneben gibt es aber auch Leute, die Bücher systematisch verstellen und sich ganze „Nester“ mit Büchern in der Bibliothek einrichten. Wie fleißige Eichhörnchen, die Nüsse für den Winter sammeln, so sammeln auch einige Studierende Bücher und verstecken sie an möglichst unauffälligen Orten. Inga Gerike geht daher jeden Morgen auf Nestsuche. „Wenn man suchend vorbei geht, dann findet man sie auch,“ erklärt sie und erzählt von einem Nest germanistischer Bücher, das sie im obersten Regal neben den dahin gehörenden Anglistikbüchern gefunden hat. Auch wenn das Verstellen von Büchern der häufigere Grund ist, warum Bücher nicht gefunden werden, so kann sich Inga Gerike natürlich auch vorstellen, dass es rücksichtslose Studenten gibt, die sich einen ganzen Handapparat für ihr Studium zusammenklauen würden. Doch sei das eher die Ausnahme. An einen Fall erinnert sich Inga Gerike gut: „Eines Morgens stand ein Karton vor der Tür, angefüllt mit Büchern, die schon lange vermisst wurden.“

Nachhaltiger Schaden

Der Schaden, der durch den Bücherschwund entsteht, betrifft nicht nur die Bibliothek und ist auch keineswegs nur finanzieller Art. „Wenn unser Budget es erlaubt, kaufen wir verschwundene Bücher nach“, erklärt Inga Gerike und fügt einschränkend hinzu: „Aber auch nur, wenn es sich um vielgenutzte Studienliteratur handelt.“ Ein großes Problem stellt ältere Fachliteratur dar, die, weil meist nicht mehr aufgelegt, auch nicht nachgekauft werden kann.

„Für die Studenten ist der Schaden viel größer, es trifft vor allem die Leute hart, die die Literatur unbedingt für Hausarbeiten oder Prüfungen brauchen.“ Diese Erfahrung musste auch Tanya H., Studentin der Anglistik und Germanistik machen: „Für eine Hausarbeit in Mediävistik wollte ich mir ein Buch ausleihen, das mir schon bei meinem Referat geholfen und das mir meine Dozentin empfohlen hatte. Leider war dieses Buch unauffindbar. Verärgert und gestresst musste ich nach anderer Literatur suchen.“

Maßnahmen gegen Diebstahl

Um dem Bücherdiebstahl vorzubeugen, wurden neben den Sicherheitsschranken weitere zusätzliche Maßnahmen getroffen. So dürfen zum Beispiel keine Laptoptaschen mehr in die Bibliothek mitgenommen werden. „Sollte jemand eine Tasche für seinen Laptop und das Zubehör benötigen, erhält er eine durchsichtige Plastiktüte“, erklärt Inga Gerike.
Außerdem müssen Benutzer in einigen Teilbibliotheken, wenn sie Bücher in die Bibliothek mitbringen, diese an der Ausleihtheke zunächst vorzeigen. Die Bücher werden dann auf einem Zettel vermerkt, so dass man keine unausgeliehenen Bücher mit den eigenen hinausschmuggeln kann.

Bestimmte Bücher, die vom Schwund stark betroffen sind, wurden hinter die Ausleihtheke genommen. Sollten Studierende sie sich zum Kopieren ausleihen wollen, werden ihre Nutzerdaten notiert. In der Teilbibliothek 4 befinden sich bereits die Zeitschriften „Praxis Deutsch“ und auch der „Wehr“, das Arabische Wörterbuch, hinter der Theke. „Das war leider nötig, da Ausgaben der ‚Praxis Deutsch’-Zeitschrift immer wieder verschwanden und das Arabische Wörterbucher systematisch verstellt wurde“, rechtfertigt Inga Gerike diese Maßnahme. Aber man könne natürlich nicht alle gefährdeten Bücher schützen, indem man sie hinter die Theke nimmt. 

Und dann erzählt sie von den so genannten Kettenbüchern: „Im Mittelalter wurden Bücher häufig angekettet, so dass sie nicht entwendet werden konnten.“ Auch heute würden an der Uni Regensburg ironischerweise gerade die juristischen Kommentare immer noch mit einer Kette vor Diebstahl geschützt. Doch Inga Gerike hofft, dass es in Bamberg nicht so weit kommen muss und appelliert an die Studenten, anderen gegenüber so fair zu sein und Bücher weder zu verstecken noch zu entwenden. „Die Bücher stehen allen Nutzern zur Verfügung und gehören nicht einem allein.“

Bibliotheksführungen werden zu wenig wahrgenommen

Was Inga Gerike vor allem bei Erstsemestlern bemerkt, ist die relative Unsicherheit, mit der sie sich in der Bibliothek bewegen. Sie wissen ziemlich lange nicht, wie und wozu man eine Bibliothek eigentlich nutzen kann. „Zu wissen, wo finde ich Literatur zu meinem Thema, wie bewerte ich sie und wie verarbeite ich sie weiter, gehört zu den Informationskompetenzen, die viele Studenten erst lernen müssen,“ macht Gerke deutlich.

Viele Studierende kommen mit Google klar, können im Internet surfen und haben sicher auch schon eine Stadtbücherei gesehen, merken aber, wenn das Studium anfängt, dass eine Universitätsbibliothek etwas anderes ist. Trotzdem würden sich viele Studenten mit den Tutorenführungen begnügen, obwohl alle fünf Teilbibliotheken kostenlose Einführungskurse sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene anbieten, so Inga Gerike. Dabei werden die Kurse für Anfänger zwar genutzt, aber bei weitem nicht von allen. „Die Studenten im Hauptstudium kommen sehr selten zu den Führungen,“ stellt Irmingard Keuneke fest. Und Inga Gerike berichtet: „Wir haben immer wieder Leute, die kurz der Abschlussprüfung stehen und dann das erste Mal anfangen richtig Literatur zu recherchieren.“

Zwar stünde das Bibliothekspersonal den Studenten bei Fragen gerne mit Rat und Tat zur Seite, doch „es wäre schön, wenn die Leute wüssten, was sie nicht wissen und aus diesen Lücken heraus sich sagen: Na gut, dann nehme ich an einer Bibliotheksführung teil.“ Außerdem verspricht Inga Gerike, in diesem Semester mehr auf Studenten und Dozenten zuzugehen und über das Angebot besser zu informieren. Sie wünscht sich, dass Studierende in ihrem Studium wenigstens einmal an einer Einführung für Anfänger und an einer für Fortgeschrittene teilgenommen haben.

Die Zehn Gebote der Bibliothek

(Um den Studierenden einen Leitfaden für die richtige Nutzung der Bibliothek zu geben, hier die "Zehn Gebote der Bibliotheksbenutzung".)

  1. Du sollst die Bibliothek nutzen.

  2. Du sollst Dich in Deiner Bibliothek auskennen.

  3. Du sollst wissen, welche Informationen du brauchst, wo du sie findest und wie du sie bearbeitest.

  4. Du sollst den Mut haben Fragen zu stellen, wenn du etwas nicht weißt.

  5. Du sollst den Unterschied zwischen Google und OPAC kennen.

  6. Du sollst Bücher nicht beschädigen, verstellen oder entwenden.

  7. Du sollst Dich in der Bibliothek leise verhalten, das Handy ausschalten und Jacken, Taschen und Speisen in der Garderobe lassen.

  8. Du sollst Vorschläge zur Verbesserung von Service und Ausstattung in der Bibliothek machen, dabei jedoch nicht vergessen, dass die Mittel der Bibliothek begrenzt sind

  9. Du sollst das Urheberrecht beachten.

  10. Du sollst Bücher rechtzeitig zurückgeben.