Ein Wahrzeichen Australiens: der Uluru, auch als Ayers Rock bekannt (Bild: Photocase)

Der australische Botschafter Ian Kemish (links) und Rektor Godehard Ruppert kurz vor der Verlängerung eines Kooperationsabkommens mit der Universität Sydney (Bild: Monica Fröhlich)

- Christine Schrade

Der fünfte Kontinent unter der Lupe

Interdisziplinäre Tagung betrachtet Australien unter dem Aspekt der Globalisierung

Von Seefahrern und Einwanderern bis zu Dienstleistungszentren und Handelsabkommen – Australiens Entwicklung zu einem in den Weltmarkt integrierten Kontinent ist spannend und abwechslungsreich. Welche Auswirkungen die Globalisierung, also die weltweite Ausdehnung und Verflechtung wirtschaftlicher und kultureller Aktivitäten, auf den Kontinent hat, diskutierten Teilnehmer der 10. Zweijahrestagung der Gesellschaft für Australien-Studien (GASt) vom 5. bis 7. Oktober 2006 an der Universität Bamberg. Organisiert wurde die dreitägige Tagung vom Lehrstuhl für Geographie I unter Prof. Dr. Boris Braun.

„Australien ist ein Kontinent, der auf die besonderen Anforderungen der Globalisierung mit einer hohen Reformbereitschaft reagiert“, hob der australische Botschafter aus Berlin, Ian Kemish, bei seiner Ansprache zur Konferenzeröffnung hervor. Reformen des Arbeitsmarkts, des Finanz- und Gesundheitswesens sowie die stringente Einwanderungspolitik seien Schritte, die den Kontinent zukunftsfähig machten.

Tourismus in Sidney von großer Bedeutung

„Die Globalisierung macht vor niemandem halt und greift tief in den Alltag und die Lebensgestaltung jedes Einzelnen ein“, erklärte Boris Braun bei der Begrüßung der in- und ausländischen Gäste. Ein Beispiel hierfür sei die Entwicklung der Stadt Sydney, in der heute 65 Prozent der großen Unternehmenszentralen und die meisten hochqualifizierten Dienstleister des Kontinents angesiedelt seien, wie Dr. Glen Searle von der Technischen Universität Sydney berichtete. Aber auch der Tourismus sei für Sydney von großer Bedeutung, denn etwa die Hälfte aller Australienreisenden kämen nach Sydney, was eine spezielle touristische Infrastruktur erforderlich mache. Und schließlich eine Kehrseite: „Es findet in den australischen Großstädten eine zunehmende Polarisierung zwischen einkommensstarken und einkommensschwachen Bewohnern statt“, so Searle.
Einen weiteren Aspekt unterstrich der Geograph Prof. Dr. Reinhold Grotz. Australien stehe trotz des starken Wirtschaftswachstums der letzten Jahre im Welthandel vor großen Herausforderungen. Denn es habe mit sinkender industrieller Produktion, geringer Innovationstätigkeit und mangelnder Wertschöpfung in traditionellen Kernbranchen zu kämpfen. Verstärktes Engagement, diese Defizite zu beheben, sind in den letzten Jahren durch eine Politik für bilaterale Handelsabkommen zu beobachten.
Eine große Herausforderung stellt für Australien auch die Einwanderungsthematik dar. Diese hat eine besondere Historie, die schon immer aufgrund der geographischen Isolierung Australiens bestand. „Für die frühen Kolonialherren war die periphere Lage interessant, um Gefangene mit Schiffen dorthin zu deportieren“, berichtete der Bamberger Historiker Prof. Dr. Mark Häberlein. Prof. Dr. Burkhard Hofmeister aus Bad Reichenhall erklärte in der Folge, dass Mitte des 19. Jahrhunderts im Zuge des Goldrausches viele Immigranten nach Australien kamen, so entstanden zahlreiche Verbindungen zu anderen Ländern. Heute leben ebenfalls viele Asiaten auf dem fünften Kontinent. Mit dieser Thematik befasste sich die Bamberger Geographin Dr. Anke Schüttemeyer. Die Menschen aus Asien kamen zunächst als Flüchtlinge, später zogen die Familien nach, heute reisen viele hochqualifizierte Arbeitskräfte aus Asien ein.

Verleihung von Förderpreisen

Diese Themen sind nur einige von vielen, die von den insgesamt über 20 Referentinnen und Referenten aus den Literatur-, Kommunikations- und Politikwissenschaften sowie aus den Bereichen der Architektur und der Geographie angesprochen wurden.
Ein Höhepunkt der Tagung war ferner die Verleihung der GASt-Förderpreise durch Prof. Dr. Gerd Dose, den ersten Vorsitzenden der Gesellschaft für Australienstudien. Die diesjährigen Preise gingen an Melanie Fasche, Claudio Kullmann und Andreas Gaile. Im Rahmen des Empfangs am ersten Abend der Tagung unterzeichnete Rektor Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert im Beisein des australischen Botschafters die Vertragsverlängerung der Kooperation mit der Universität Sydney.

Die Gesellschaft für Australienstudien wurde vor siebzehn Jahren als interdisziplinäre wissenschaftliche Vereinigung gegründet, um Australien-Studien auf breiter Basis zu fördern und deren Entwicklung in Forschung und Lehre in deutschsprachigen Ländern zu betreiben. Die nächste Zweijahrestagung wird im Jahr 2008 voraussichtlich in Karlsruhe stattfinden.