Nicht nur die Kleinen kamen ins Staunen am zweiten Welterbetag in Bamberg
Im Gänsemarsch ging es an den bedeutenden Wandmalereien der Dominikanerkirche vorbei
Urkunde und Ehrentafel erhielt das Dokumentationszentrum Welterbe (von links): Volker Pemsel (Deutsche Bank Würzburg), Matthias Ripp (Leiter des Dokumentationszentrums), Oberbürgermeister Andreas Starke, Baureferent Ottmar Strauß und Herbert Geißner (Direktor Deutsche Bank, Marktgebiet Mainfranken)
Das Welterbe lebt!
Bamberg wurde 1993 in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen. Was das für die Stadt bedeutet, und welche spannenden Projekte daraus resultieren, davon konnten sich die Besucher des Welterbetags am 4. Juni in der AULA der Universität überzeugen.
Unter dem Motto „Lebendiges Welterbe neu entdecken“ lockte das vom Dokumentationszentrum Welterbe und der Otto-Friedrich-Universität organisierte vielfältige Programm rund 5000 Besucher am Pfingstsonntag in die AULA der Universität (Dominikanerkirche). Jedermann fand ein für seinen Geschmack passendes Angebot am Welterbetag, der auf Initiative der Deutschen UNESCO-Kommission in diesem Jahr zum zweiten Mal begangen wurde.
Welterbe erforschen, erspielen und entdecken
Dass die Veranstaltung von quirligem Leben bestimmt war, dafür sorgten schon die zahlreichen jungen Gäste. Bei den Geogames, ein am Lehrstuhl für Angewandte Informatik in den Kultur-, Geschichts- und Geowissenschaften entwickeltes Strategiespiel, das mit GPS-Empfangsgeräten funktioniert, standen die ersten Interessierten pünktlich um 10 Uhr morgens in den Startlöchern. Teams wetteiferten den ganzen Tag, die vor Ort gestellten Aufgaben zur Stadtgeschichte zu lösen, möglichst schneller als die gegnerische Mannschaft.
Andere Kinder und Jugendliche wollten erfahren, was die Ritzzeichen in den Steinquadern der Kirchenmauern über die Bauleute im Mittelalter erzählen oder suchten mit dem Stadtheimatpfleger Hanns Steinhorst nach Spuren, die der Krieg in Bamberg hinterlassen hat.
Der Forschergeist überkam Jung und Alt, als sie Thomas Eißing in das einzigartige Dachwerk der Dominikanerkirche folgten. Der Diplom-Holzwirt erklomm diese Gipfel der Handwerkskünste aufgrund der großen Nachfrage noch mit einer zweiten Gruppe.
Neben der historischen Holzkonstruktion standen die nicht weniger bedeutsamen Wandmalereien der Klosterkirche bei der Kunsthistorikerin Stephanie Eißing im Mittelpunkt. Sie erläuterte den zahlreichen Zuhörern die Bedeutung der farbenprächtigen Darstellungen, die zum Teil freigelegt wurden oder sich unter dem weißen Putz der Kirchenwände verbergen. Aus nächster Nähe, im Gänsemarsch auf dem engen Gerüst vor der weitgehend restaurierten Musterfläche an der Westschiffwand, inspizierten die Neugierigen die Retuschetechniken.
Wer den Stadtspaziergang bei sonnigem Wetter bevorzugte, erfuhr von der Heimatpflegerin Dr. Karin Dengler-Schreiber von der Bedeutung der Regnitz als Lebensader für Bamberg. Wie auf einer Pilgerwanderung mag sich Prof. Dr. Wilfried Krings gefühlt haben, als er Massen hinter sich, darunter auch Oberbürgermeister Andreas Starke, auf dem „Alten Weg von Sankt Christophorus nach Sankt Jakob“ führte.
Nicht live, sondern virtuell erlebten weniger marschfreudige Besucher die Welterbestätte Bamberg, als sie sich von Kurt Schramm in die dreidimensionale Welt von Google Earth navigieren ließen. Der selbst davon begeisterte Diplom-Geograph stellte diesen interaktiven 3D-Atlas für die Stadt Bamberg vor, die als Ort im „Land der Ideen“ im Rahmen der Veranstaltung mit der Übergabe einer Urkunde und Ehrentafel an das Dokumentationszentrum Welterbe gewürdigt wurde.
Auch der Wissende erfuhr noch Neues
Mit spannenden Vorträgen sorgten die Professoren der Universität dafür, dass das Fachpublikum nicht zu kurz kam. Der Kulturinformatiker Prof. Dr. Christoph Schlieder erörterte, wie neueste in der Angewandten Informatik entwickelte digitale Technologien der Denkmalpflege dienen. Von den Vorteilen des „Mobile Mapping Systems“, kurz MMS, für die Kartierung der wertvollen Malereien vor Ort an der Kirchenwand in den „Tablet-PC“ konnten sich die Interessierten bei dem Lehrstuhlmitarbeiter Sebastian Matyas selbst überzeugen.
Unter der Überschrift „Ich sehe was, was du nicht siehst“ weihte Professor Drewello die Zuhörer in die Geheimnisse der Restaurierungswissenschaften ein. Der den Welterbetag beschließende Vortrag informierte unter anderem über die UV-Licht-Analyse, die zur Untersuchung von Wandmalereien eingesetzt wird und mit dem bloßen Auge nicht erkennbare Malspuren sichtbar macht.